4. Dezember 2019
Kofmehl – Solothurn
Bands: Kataklysm / Whitechapel / Fleshgod Apocalypse / Dyscarnate
Endlich mal wieder eine gehörige Portion Metal im Kofmehl in Solothurn! Lange war es her, seitdem ich hier in meiner Haus-Venue zuletzt richtig headbangen konnte, und das Line-Up des diesjährigen MTV Headbangers Balls war mehr als nur verlockend. Freudig machte ich mich also in Richtung des berühmten Rostwürfels an der Aare, nur um dann durch ein paar Komplikationen etwas aufgehalten zu werden. Da es dann eine gute halbe Stunde dauerte, bis ich reinkam, habe ich leider von der ersten Band, den grossartigen Dyscarnate aus Grossbritannien, nur noch etwa 30 Sekunden mitbekommen. Schade, denn auf die drei Jungs aus Horsham hatte ich mich sehr gefreut.
Nach einem kurzen Umbau, zu dem wundervolle klassische Musik lief, ging es dann mit den Symphonic-Death-Metal-Helden von Fleshgod Apocalypse aus Perugia, Italien gleich richtig ab. Opernsängerin Veronica Bordacchini kam im Dunkeln auf die Bühne, reckte die Pommesgabel gen Himmel, der Rest der Band gesellte sich zu ihr und ab ging es. Fleshgod Apocalypse haben einen unverkennbar eigenen Sound, die düsteren, knochenharten Riffs werden von epischen Keyboard-Klängen unterstützt, was der Musik ein neues Level an Grösse verleiht. Dazu das Zusammenspiel der hohen, klagenden Stimme von Frau Bordacchini und denn Growls und Screams von Leadsänger Francesco Paoli, eine wahre Freude. Die Band wirkte überaus sympathisch und in den Ansagen wurde artig gedankt, dass wir an einem Dienstagabend gleichwohl so zahlreich erschienen seien. Das machte wirklich Spass. Einziger Kritikpunkt war der Sound, nicht nur waren die beiden Gitarren sehr unterschiedlich laut im Mix, die Keyboards und vor allem die Opernstimme waren eigentlich nur in den ruhigen Passagen hörbar, was wirklich schade war.
Das Publikum war ebenfalls sehr verhalten, es wurde artig geklatscht und gejubelt, aber viel Bewegung gab es nicht. Umso spassiger war es, als uns Francesco gegen Ende des Sets mit den Worten „we know it’s Tuesday but do it for us“, zu einer Wall of Death aufforderte. Diesem Aufruf wollten zwar nur ein paar wenige Leute gerne folgen, aber eine Wall of Death erfordert natürlich trotzdem etwas Platz, wodurch dann der kleinste und zaghafteste Moshpit, den ich je gesehen hatte, entstand. Sehr lustig. Die Mischung aus Symphonic- und Death Metal funktionierte hier wunderbar, und so wurden die letzten Lieder noch richtig abgefeiert, bevor es dann nach etwas mehr als einer halben Stunde schon wieder vorbei war. Richtig cool.
Als nächstes waren die sechs Jungs von Whitechapel aus Knoxville, Tennessee an der Reihe. Seit deren letzten Album „The Valley“ bin ich ziemlich angetan von dieser Band, eine der wenigen Deathcore-Gruppen, die ich sehr interessant finde. Entsprechend freute ich mich auch auf den Auftritt. Leider stellte sich aber schnell heraus, dass der Sound hier noch bedeutend schlechter war. Die Band hat drei Gitarristen, was ja eigentlich nur Iron Maiden dürfen, und man konnte keine der drei wirklich hören. Auch der Gesang war im Mix verloren. Ob das daran lag, dass die drei Gitarren bis zur Unkenntlichkeit runtergestimmt waren, oder ob es sonst ein Problem gab, ich weiss es nicht. Aber es war wirklich sehr schade, denn das Set der Band war richtig geil. Der Fokus lag natürlich auf „The Valley“ mit Songs wie „Black Bear“, „Third Depth“, „Hickory Creek“ oder dem fantastischen „When A Demon Defiles A Witch“, allesamt Lieder, die viel Abwechslung bieten, gerade mit den klaren Gesangsparts, die das Können der Band eindrucksvoll zeigen.
Es entstand Unruhe im Publikum und viele Leute waren am Quatschen, ich war wohl nicht der einzige, der nicht ganz so begeistert war. Vielleicht passten Whitechapel nicht ganz so ins Line-Up. Gegen Ende des Sets zog die Band plötzlich an. Das bereits erwähnte „Hickory Creek“ klang auf einmal richtig gut und das darauffolgende „Our Endless War“ zerstörte dann alles. Dieses Lied war viel aggressiver und chaotischer, als alles, was Whitechapel heute bisher gespielt hatten, und auf einmal kam auch Stimmung und Bewegung auf. An der Musik oder den Songs lag es also definitiv nicht, denn eigentlich machen die sechs Herren alles richtig und haben verdammt starke und abwechslungsreiche Lieder im Repertoire. Alles in allem war ich nicht ganz so begeistert, wie ich es gerne gewesen wäre. Nichtsdestotrotz, die Damen und Herren in Solothurn aufzuheizen und so richtig für Kataklysm in Stimmung zu bringen, das vermochten Whitechapel aber auf jeden Fall, denn die Stimmung im Kofmehl war sehr gut.
Und dann, nach einem sehr amüsanten Soundcheck auf Französisch und etwas gebrochenem Deutsch, war es soweit und die vier Kanadier von Kataklysm betraten unter tosendem Jubel die Kofmehl-Bühne. Hier wurden keine halben Sachen gemacht, mit „Soul Destroyer“ ging es gleich gnadenlos und brutal los. Sofort merkte ich auch, dass der Sound so viel besser war als bei allen Bands zuvor: Wenn eine Band nur eine Gitarre hat und diese nicht ins bodenlose runtergestimmt ist, dann macht das durchaus einen Unterschied. Die Leute gingen sofort ab wie Schmidts berühmte Katze, überall wurde gebangt und gemosht, dass es eine Freude war. Was mir schnell auch positiv auffiel, war, wie grossartig gut gelaunt die Band war. Sänger Maurizio Iacono machte richtig viele lustige Ansagen („This is the Switzerland I know, crazy, fun… and drunk!“) und entpuppte sich als grandioser Entertainer. Dazu brutaler, schneller Death Metal wie er im Bilderbuch steht. Wahnsinn.
Kataklysm boten uns ein gnadenloses Set aus der ganzen Breite ihres Schaffens. Neue Songs wie „Guillotine“ und alte Hits wie „As I Slither“ gingen gleichermassen ab und die Band verstand es perfekt, die Leute zu animieren. Da wurde mitgesungen, die Fäuste gen Himmel gereckt und gebanged, so viel die Nacken nur zulassen konnten. Ich fand es beeindruckend, wie diese Band Brutalität und Aggressivität mit richtig eingängigen Mitsingparts zu kombinieren vermochte, und zu allem hin unverschämt charmant ist. Das gibt es nicht oft. „Narcissist“ nahm das Tempo etwas raus und erdrückte uns mit seinen tonnenschweren Riffs, „Crippled & Broken“ wiederum wartete mit einem tollen Refrain auf, das grandiose „Let Them Burn“ bot sogar noch CO2-Fontänen, die auch noch was fürs Auge boten und mit „In Shadows And Dust“ wagten sich Kataklysm gar schon in Richtung Hardcore. Einfach hammer, was diese Gruppe live abliefert. Das Set war wahnsinnig abwechslungsreich, die Leute drehten durch.
Vor dem letzten Lied gab es nochmals eine Ansage, bei der Maurizio seine Hasseliebe zum Internet erklärte und uns daraufhin sagte, dass es die folgende Information nirgendwo online zu finden gäbe, sondern nur hier und jetzt, live und direkt von der Band: Es soll tatsächlich in 2020 ein neues Album erscheinen. „It’s going to be s**t, it’s going to be loud and aggressive, it’s not going to be politically correct, we think you’re going to like it.“ Mit diesen wundervollen Neuigkeiten ging es dann nochmals los und es folgte das ewig grandiose „Elevate“ als letztes Lied. Nochmals ein absolut episches Stück voller Mitmachfaktor, Riffs und einfach einer Tonne Spass. Was für eine geile Band.
Ja, und damit war es dann auch bereits fertig. Ich schnappte mir meine Jacke, erholte meine Augen von der Epilepsie auslösenden Lichtshow (so viel Strobo!) und meinen Nacken vom headbangen und machte mich erfreut auf den Heimweg. Ja, ich muss es MTV lassen, mit Musik haben sie nicht mehr viel zu tun, wissen aber, wie man eine geile Metal-Tour zusammenstellt und mit welchen Bands man eine Meute zum Kochen bringen kann. Ein fantastischer Abend und ich hoffe jetzt, dass beim nächsten Mal der Sound wieder besser sein wird. Bis dann!
Setlist [Quelle: setlist.fm]
1. Soul Destroyer
2. The Ambassador Of Pain
3. Thy Serpents Tongue
4. The Black Sheep
5. Guillotine
6. As I Slither
7. Narcissist
8. The Last Breath I’ll Take Is Yours
9. Marching Through Graveyards
10. Prevail
11. Crippled & Broken
12. Let Them Burn
13. In Shadows & Dust
14. Elevate
Text: David Spring