28. Januar 2017
Treibhaus – Luzern
Bands: Modern Baseball, Thin Lips, The Superweaks
Diesen Bericht chronologisch zu beginnen, ergibt irgendwie nur wenig Sinn. Denn Modern Baseball, die Headliner dieser Samstagnacht im Treibhaus Luzern, veranstalteten ein spontanes Patchwork-Konzert mit ihren beiden Support Acts The Superweaks und Thin Lips, und wer nun eigentlich zu welcher Band gehörte, wurde zunehmend unwichtiger. Grund dafür war, dass Brendan Lukens, der liebenswürdige Gitarrist und Teilzeitsänger der Band aus „Philly“, sich entschieden hatte, bei der Europatournee nicht dabei zu sein. Verkündet hatte er dies vergangenen Mittwoch via Facebook. Seine Gesundheit, sowohl physisch als auch psychisch, stünde momentan im Vordergrund und dies habe ihn dazu gebracht, sich gegen die Tour zu entscheiden. Dieser Erklärung beiliegend ein Foto der Rückseite des Covers ihrer aktuellen Scheibe „Holy Ghost“ mit handgeschriebener Liste von Support Hotlines und Internetseiten und ein Aufruf, sich Hilfe zu suchen und an sich zu glauben.
Eröffnet wird der Abend von The Superweaks, der fünfköpfigen Band aus Philadelphia, Pennsylvania. Ich weiss zwar nicht, wie Google darauf kommt, aber „Alternative/Indie“ ist definitiv nicht das Genre, in das der kräftige, teilweise mit Synthesizer unterlegte Rock einzuordnen ist. Nach einem knackigen 25 Minuten Set und einer kurzen Pause steht die zweite Band auf der Bühne: Thin Lips, aus Philadelphia, Pennsylvania. Der Drummer, Mikey Tashjian, ist auch der Drummer von The Superweaks. Und der Bruder von Sängerin Chrissy Tashjan. Trotz der hin und wieder thematisierten politischen Lage in ihrem Heimatland bleibt die Stimmung im gut besuchten Treibhaus herrlich entspannt und friedlich. Man deckt sich ordentlich mit Merchandise ein, trinkt ein paar Bier und lässt sich von der guten Laune der Bands anstecken. Da vergisst man fast die kalten Temperaturen vor der Tür.
Modern Baseball eröffneten ihr Konzert mit dem Song „Wedding Singer“ von ihrem aktuellen Album. Doch statt, ohne Brendan, zu dritt auf der Bühne zu stehen, werden sie unterstütz vom Gitarristen der ersten Band The Superweaks, der sich innert zwei Tagen die Songs von „MOBO“, wie sich die Band nennt, verinnerlicht hat. Nach wenigen Songs verlässt die Band die Bühne und Gitarrist und Sänger Jake Ewald bleibt alleine mit einer Akustikgitarre zurück. Es folgt eine kurze Ansprache, in der Brendans Abwesenheit thematisiert wird. Trotz der denkbar ernsten Thematik ist von schlechter Laune nichts zu spüren – in Gegenteil. Das Publikum geniesst die ruhigen Akustiksongs, manch einer schliesst die Augen und singt leise mit.
Als Jake die Band wieder zu sich ruft, betritt auch Chrissy Tashjian die Bühne und begleitet einige Songs mit ihrer wunderbaren Stimme, in der Hand handgeschriebene Lyrics zu den jeweiligen Stücken. Abgelöst wird sie von Chris Diem, seines Zeichens Gitarrist bei Thin Lips. Eine Setlist ist nicht vorhanden. Spätestens jetzt ist jedem im Publikum klar geworden, dass da dicke Bande der Freundschaft zwischen den einzelnen Musikern bestehen. Und ja, wem es bis jetzt noch nicht aufgefallen ist: Sie alle kommen aus Philadelphia, Pennsylvania.
Ob es an unserer Schweizer Mentalität liegt – leider traut sich niemand, bei „The Weekend“ auf die Bühne zu gehen und den Gesangspart zu übernehmen. Die Band unternimmt einige Aufforderungsversuche – doch schliesslich bleibt es doch bei Jake, den Song von ihrem ersten Album „Sports“ anzustimmen. Für den krönenden Abschluss mit „Your Graduation“ ändert sich das Bühnenbild noch einmal: MOBO-Schlagzeuger Sean Huber übernimmt ein Mikrofon und überlasst das Schlagzeug Mikey Tashjan, Bassist Ian Farmer nimmt Mikrofon Nummer zwei, weitere Mitglieder der Supportbands betreten mit ihren Instrumenten die Bühne. Das Publikum singt Wort für Wort mit. Ein krönender Abschluss, müsste man denken, doch nach Insistieren der Konzertbesucher legen die Musiker noch einmal nach: „Okay, das ist der erste Song, den wir je geschrieben haben“, verkündet Ian Farmer – und stimmt „The Killers“’s „When You were Young“ an. Mit so viel Wärme ums Herz lässt es sich dem Heimweg in der beissenden Kälte durchaus mutig entgegentreten.
Text: Sarah Rutschmann