31. Januar 2020
Dynamo – Zürich
Bands: Millencolin / Pkew Pkew Pkew
Den Namen mancher Bands kennt man seit Jahren und hat es irgendwie doch nie an ein Konzert von ihnen geschafft. Oftmals sind es Bands, von denen man irgendwie weiss, dass sie eigentlich cool sind, aber nicht cool genug, um wirklich auf dem eigenen Radar zu sein. Solch eine Band ist Millencolin für mich. Wären nicht die wundervollen Pkew Pkew Pkew aus Toronto noch als Vorgruppe dabei gewesen, ich weiss nicht, ob ich sonst an dieses Konzert gegangen wäre. Und was ich damit verpasst hätte.
So fand ich mich abermals an einem Freitagabend in einem gut gefüllten Dynamo in Zürich, und es dauerte nicht lange, bis die netten Kanadier von Pkew Pkew Pkew, ihrerseits eine der Bands mit bestem Namen, die Bühne betraten und wunderbar loslegten. Mit „Passed Out“ ging es los, die Leute im Dynamo waren wie immer bei einer Vorgruppe noch etwas versteinert, aber man taute schnell auf. Pkew Pkew Pkew sind live eine Macht, sowohl Bassist Emmett O’Reilly wie die beiden Gitarristen Mike Warne und Ryan McKinley, übernahmen immer mal wieder Gesangsparts, während Drummer David Laino den knackigen, schnellen Punk-Sound der Jungs unentwegt nach vorne antrieb.
Pkew Pkew Pkew waren bestens aufgelegt, vor allem O’Reilly konnte seine Freude darüber auf einer Bühne zu stehen kaum verbergen. Es machte unglaublich Spass ihm zuzusehen, wie er unentwegt umher hüpfte, die lustigsten Grimassen schnitt. So viel Freude beim Musizieren ist richtig ansteckend. Da kam manselbst nicht mehr aus dem Grinsen hinaus. Dazu wundervolle Songs wie „Before We Go Out Drinking“, „I Don’t Matter At All“ oder das grandiose „65 Nickels“, Pkew Pkew Pkew räumten auf ganzer Länge ab. Auch die Leute im Publikum hatten Spass, es wurde lauthals mitgesungen und etwas mitgetanzt. Wie immer war das Ende viel zu schnell erreicht, die Jungs bedankten sich überschwänglich und so unfassbar gut gelaunt, dass ich ihnen gerne noch stundenlang zugehört hätte. Mit „Thirsty & Humble“ und der Skate-Punk-Hymne „Mid-20s Skateboarder“, zu der nochmals alle begeistert mitsangen, war der Auftritt vorbei.
Mit gerade genug Zeit, um an der völlig überrannten Bar ein Bier zu besorgen, ging es bald los mit Millencolin, für die heute praktisch alle ins ausverkaufte Dynamo gekommen waren. Mit „SOS“ vom gleichnamigen neuen Album ging es los und mir wurde schnell schmerzlich bewusst, was für eine grossartige Band hier seit ewig an mir vorbeigezogen ist. Die vier Schweden gaben von Beginn an Vollgas, und das Publikum zog gleichermassen mit, der Pogo-Pit war vom ersten Moment an am Kochen. Millencolin bewiesen wunderbaren Humor, als nach dem ersten Song in der Begrüssung bereits spontan der grösste Fan aller Zeiten im Publikum entdeckt wurde, „good to see you, he’s our biggest fan, the biggest in Millencolin history actually, nice to see you again“. Äusserst amüsant, eine starke Punkband mit tollem Humor ist einfach Gold wert. Natürlich mit der gehörigen Portion Arschkriecherei, waren wir doch in „our favourite ever city“. Zugegebenermassen muss ich aber auch eingestehen, dass ich noch nie eine nordische Band gesehen habe, die „Zürich“ so perfekt aussprechen konnte.
Aber wir waren nicht zum Lachen hier, sondern um gerockt zu werden. Und dies erledigten Millencolin ohne Probleme, Hits wie „Material Boy“, „Egocentric Man“, „True Brew“ oder „Bullion“ liessen uns zu keiner Verschnaufpause kommen. Die Band um Sänger und Bassisten Nikola Šarčević gab wirklich alles, die beiden Gitarristen Mathias Färm und Erik Ohlsson hüpften, rannten und posten um die Wette, während Fredrik Larzon am Schlagzeug in wahnwitzigem Tempo in die Felle schlug. Zwar merkte man stellenweise, dass die Band schon lange existiert, wirkten einige Posen einstudiert, aber dies tat der exzellenten Stimmung keinen Abbruch. Die Punkerinnen und Punker im Dynamo tanzten, pogten und gaben alles. Die Setlist war eine bunte Mischung aus alten Stücken und neuerem Material. Songs wie „Sour Days“, „Let It Be“ oder das geniale „Nothing“ vom neuen Album wurden genauso abgefeiert, wie die alten Hits.
Als dann mit „Pepper“ und „Mr. Clean“ die letzten zwei Songs angekündigt wurden, war klar, dass Millencolin nicht so schnell von der Bühne gelassen werden würden. Als erste Zugabe gab es erstmals eine kleine Verschnaufpause mit dem passend betitelten Stück „The Ballad“, bei welchem Šarčević sich der Akustik-Gitarre bediente und Erik Ohlsson den Bass übernahm. Lange währte die Ruhe natürlich nicht und es folgten eine Reihe älterer Songs wie „Sense & Sensibility“, „Fox“ und das unsterbliche „Leona“, bevor wir mit dem Überhit „No Cigar“, welches sogar ich kannte, endgültig am Ende angelangt waren. Millencolin bedankten sich ausschweifend, die Leute kamen aus dem Jubeln nicht mehr raus, und damit war eine weitere vorzügliche Punk-Show leider wieder vorbei. Obwohl ich es etwas bereue, dass ich Millencolin nicht schon früher mehr meiner Aufmerksamkeit geschenkt habe, so bin ich umso froher, dass ich hier eines Besseren belehrt worden bin. Dazu noch die genialen Pkew Pkew Pkew und einmal mehr verliess ich das Dynamo durch und durch gerockt und euphorisch.
Setlist [Quelle: setlist.fm]
1. SOS
2. Bullion
3. Penguins & Polarbears
4. Ray
5. Material Boy
6. True Brew
7. Let It Be
8. Olympic
9. Egocentric Man
10. Sour Days
11. Lozin‘ Must
12. Kemp
13. Botanic Mistress
14. Nothing
15. Pepper
16. Mr. Clean
Zugaben
17. The Ballad
18. Twenty Two
19. Sense & Sensibility
20. Leona
21. Fox
22. No Cigar
Text: David Spring