5. Dezember 2016
Z7 – Pratteln
Bands: Meshuggah / High On Fire
Was ab Konserve im Alltag meistens fehl am Platz ist, passt dafür perfekt für einen Live-Abend im Z7. Und nur live kann ich eine Band wie Meshuggah hören und geniessen. Keine Ahnung, wer sich diese brachiale Wucht an mathematischer Metal-Ausgeburt zu Hause beim Frühstück gemütlich reinzieht. Oder bei der Fahrt zur Arbeit. Ne, geht nicht … also für mich nicht. Und trotzdem ist die neue Meshuggah Scheibe «The Violent Sleep Of Reason» ein passendes Geschenk für die heimatliche Plattensammlung. Einfach so, als Statement.
Sehr gefreut hat mich, dass dieser Abend mit den nicht minder technisch versierten High On Fire startete. Die drei Herren aus Oakland sahen aus, als wenn sie direkt mit der Harley vor dem Z7 geparkt hätten. Und sich für die Bühne extra herrichten, das ist nur was für Warmduscher. Sänger Matt Pike ist über die Jahre hinweg seinem Markenzeichen – bar-bauchig – treu geblieben. Der Bauch gedeiht, der Stoff bleibt weg. Auch sein konstantes auf den Boden spucken übersehen wir jetzt einfach mal. Denn Gitarre spielen kann der Mann und der Gesang passt zur Musik. Auch sein Kollege Jeff Mat hat schnell das Baseball-Mützli abgezogen, den Bass angeschnallt und los ging’s.
Hab ich schon was zur Musik gesagt? Einfach hammermässig. Und dem Mister Des Kensel am Schlagzeug beim Spielen zuzusehen, genial. Und wenn dann der Mix so perfekt ist, dass die Toms so klingen, als wenn die Welt unterginge, dann geht das direkt unter die Haut. Übrigens, zurück zu den Herren … ich hab noch nie … und ich muss mich wiederholen … ich habe noch nie einen Schlagzeuger gesehen, der am Ende des Sets aufsteht und keinen Tropfen Schweiss auf seinem T-Shirt zu haben scheint. Wie geht das? Zur Hölle!
Und wenn wir dann schon in der Hölle sind, jetzt ging’s erst richtig los. Dass Meshuggah sich nicht gerne im Scheinwerferlicht zeigen, das ist bekannt. Die Musiker lassen ihrer Musik und dem Lichtertanz den Vorrang. Das Bühnenbild hatte es ihn sich. Als Hintergrund, back-drop, und auf der Seite war das Motiv ihres neuen Albums in Übergrösse zu sehen.
Der erste Ton setzt ein und mit ihm das fulminante Licht-Spektakel. Lichtkegel und Strahlen schiessen in einem Tempo über die Bühne und durch das ganze Z7, wie aus einer Maschinenpistole. Der Gedanke an eine Maschinenpistole gefällt mir zwar nicht, trotzdem ist es der beste Vergleich, der mir dabei in den Sinn kommt. Überhaupt Weltuntergang, Zerstörung, Krieg … die riesige, Medusa-ähnliche Gestalt mit den Schlangen oder Drachen um sich herum, macht das Bild nicht freundlicher.
Dennoch, die Musik von Meshuggah ist dermassen intensiv und komplex, dass man nicht anders kann, als sich entweder mitreissen zu lassen oder ins Bier zu stürzen. Jeder Ton genau platziert und wenn ein Song Schluss ist, dann ist er das. Punkt. Bei allen. Gleichzeitig. Auf die Millisekunde. Ganz grosses Kino. Irgendwie schizophren, dass diese Ausgeburt an düsterer Musik so viel Freude bereitet. Da zieht der Banker seine Krawatte aus und fängt an seine kurzen Haare zu schütteln. Da trommelt der klassisch in schwarz gekleidete Metalhead mit beiden Fäusten auf seine Brust… mehr oder weniger im Takt. Da werden Freudenschreie zwei Oktaven tiefer angesetzt… so richtig männlich, kurz vor dem Stimmbandriss. Was wollt ihr mehr, ihr düsteres Gesindel. Meshuggah, diese Meshuggah.
Text: Nicole Imhof
Bilder: Kathrin Hirzel