mehsuff.ch
Insomnium + Gaahls Wyrd + Kassogtha + Ghörnt + Divension
Dynamo – Zürich
Freitag, 5. Januar 2024
Text: David Spring / Bilder: Christian Wölbitsch
Was gibt es besseres, als das neue Jahr mit einer geladenen Portion Black und Death Metal einzuläuten? Nicht viel, und darum ging es am ersten Januar-Wochenende gleich an ins schöne Dynamo, wo das wundervolle Meh Suff! Winterfestival stattfand und mit einem so abwechslungsreichen wie brutalen Programm auch das letzte Bisschen Feiertags-Müdigkeit endgültig rausfegte.
Den Auftakt machten Divension aus der Südostschweiz. Leider aber verpasste ich den Grossteil ihrer energiegeladenen Show auf Grund der langen Schlange am Einlass und meinem eigenen Unvermögen, einen Zugfahrplan richtig zu lesen. Sehr schade, denn der passionierte Melodic Death Metal des Fünfgespanns ging hervorragend ab, voller Spielfreude trumpfte die Band auf und forderte schon früh am Abend viele in die Luft gereckte Fäuste. So muss das sein, was für ein schöner Start in dieses kuschlige Festival.
Als nächstes standen Ghörnt auf dem Plan und damit war Schluss mit Lustig. Rabenschwarzer Black Metal allererster Güte wurde uns hier um die Ohren gedroschen, dass es nur so eine Freude war. Mit artgerechtem Corpse-Paint stimmte auch die Optik, vor allem weil der Drummer darauf verzichtete und dafür den ganzem Auftritt über ein riesiges, charmantes Grinsen im Gesicht hatte. Doch war es natürlich vor allem die Musik, die überzeugte. Ghörnt brachten in ihrem Gemetzel überraschend viel Melodie und Abwechslung unter und Genregrenzen wurden nicht selten ausser Acht gelassen. Die gnadenlose, dämonische Stimme des imposanten Sängers, der seine Texte zudem auf Mundart darbot, tat ein Übriges dazu, um die Leute im ausverkauften Dynamo zum Durchdrehen zu bringen. Was für ein unfassbares Brett, was für eine Band.
Nach diesem grossartigen Auftritt musste die nächste Band einiges leisten, um dies zu toppen. Zum Glück stand mit Kassogtha eine weitere hochkarätige, heimische Gruppe auf dem Programm. Die Genfer:innen legten ohne Rücksicht auf Verluste los und ballerten ihren rasanten, vertrackten Tech Death Metal druckvoll und wütend aus den Boxen. Markenzeichen der Band sind zum einen die ausufernden, hochwertigen Gitarrensolos und progressiven Parts, die für unglaublich viel Abwechslung und den einen oder anderen neidischen Blick aus dem Publikum sorgten, vor allem aber natürlich der unfassbare Gesang von Frontfrau Stephany Huguin. Wahrlich beeindruckend, wie sie mühelos von brutalen Screams und Growls zu melodiösem, bombastischem Gesang wechseln kann, und dabei voller Energie die Leute animiert. Der Vergleich mit Jinjers Tatiana Shmayluk ist hier durchaus berechtigt. So rissen Kassogtha absolut alles nieder und lieferten eine vorzügliche Show ab. Die Metal-Szene der Schweiz ist einfach verdammt gut.
Als nächstes stand mit Gaahls Wyrd die Gruppe am Start, auf die sich an diesem Abend wohl die allermeisten Leute freuten. Bevor die norwegische Black Metal Legende und seine Schergen die Dynamo-Bühne betraten, gab es mit Songs von Britney Spears oder 50 Cent überaus passende Pausenmusik, zu welcher sich der Schlagzeuger der Band für den Drum-Soundcheck köstlich austobte. «In Da Club» ist mit Blastbeats definitiv um einiges besser. Bald aber ging es los. Der gewaltige, old-schoolige Black Metal und Gaahls einzigartige Stimme zogen die Leute in ihren Bann. Wahrlich beeindruckend und etwas furchteinflössend, wie er mühelos von flehendem Blackgaze-Genuschel zu dämonischem Kreischen und verheerenden Schreien hin und her wechseln kann. So überraschte es wenig, dass die Leute voll in seinem Bann waren. Der Sound war merklich scheppriger und «kvultiger» als bei den modernen Bands zuvor, was dem Publikum offensichtlich sehr gefiel. Es soll hier auch noch erwähnt sein, wie unglaublich angenehm und friedlich die Atmosphäre den ganzen Abend über war – Metalfans sind nach wie vor die liebsten Menschen. Gaahls Wyrd passten vorzüglich ins äusserst abwechslungsreiche Programm und als nach ca. 50 Minuten Schluss war, hätten bestimmt viele im Publikum noch gerne lange weiter die Fäuste gen Himmel gereckt und mit der imposanten BM-Legende weitergefeiert.
Doch Schicht im Schacht war noch lange nicht, denn mit Insomnium aus Finnland folgte der Headliner und damit eine letzte, geballte Ladung Melodic Death Metal. Sänger und Bassist Niilo Sevänen hatte die Leute vom Beginn an fest im Griff, was bei der mittlerweile feuchtfröhlich ausgelassenen Stimmung im Dynamo ein leichtes Spiel darstellte. Zu den glorreichen Songs konnten wir alle nochmals so richtig unsere Nackenmuskeln strapazieren, waren die fetten, groovenden Riffs und die energiegeladene Show doch wie geschaffen dafür. Der sehr melodiöse Sound, die vielfältigen Solos und Harmonien sowie die schiere Gewalt von Sevänens Stimme taten ein Übriges dazu. Irgendwie schafften es die vier Finnen auch, mit jedem Song besser zu werden. Was mit solidem MeloDeath begann, der Spass machte, aber auch nicht das innovativste aller Zeiten war, wurde stetig epischer und gewaltiger. Als nach einer guten Stunde mit «Song Of The Dusk», einem wahrhaftig grossartigen Stück, das Ende eingeläutet wurde, konnte man nur noch die Augen schliessen und geniessen. Wirklich geil und Insomnium bewiesen, dass sie den Spot als Headliner verdient hatten.
Als kurz nach Mitternacht die letzten Töne verklangen und die Band gebührend verabschiedet wurde, ging der erste Abend des Meh Suff! Winterfestivals fulminant zu Ende. Was für ein Fest es war, ein glorreicher Start ins neue Jahr. Der heutige Abend bewies vor allem, dass unsere heimischen Bands sich keineswegs vor den grossen, internationalen Gruppen verstecken müssen. So gut Insomnium und Gaahls Wyrd waren, mit Abstand am meisten überzeugten Ghörnt und Kassogtha. Wir dürfen ein Bisschen stolz sein, solch geniale Bands unser Eigen nennen zu dürfen. Und umso schöner schlussendlich auch die Tatsache, dass auf diesen grossartigen Festivaltag morgen gleich noch einer folgen wird.