Helsinki – Zürich
Donnerstag, 30. Mai 2024
Text: David Spring
Donnerstagabends in Zürich. Das Wetter ist garstig, die Welt geht unter und der Alltag wird komplizierter und schwieriger. Was gäbe es da also besseres, als zusammen mit einem Haufen charmanter Menschen, in einem rauchigen Raum vorzüglicher, handgemachter Livemusik zu lauschen? Und wenn dazu noch eine fantastische Gruppe wie Lola Boum die Plattentaufe zu ihrem neusten Album «Cheesy Songs» feiert, dann ist das Glück komplett.
Ort des Geschehens war das schnucklige Helsinki in Zürich, welches nur schon durch die sympathischen Mitarbeitenden, die exquisite Getränkekarte und – wie sich bald zeigt – dem grossartigen Sound, Freude bereitete. Den Auftakt machten die Luzerner Franco-Surf-Rocker Binary Sunset. Die sympathische Band trat mit riesigem Grinsen im Gesicht und voller Spielfreude auf und holte uns umgehend mit ihrem wundervoll tanzbaren Sound ab. Bemerkenswert war, dass sie ausschliesslich auf Französisch singen, da sich die Sprache nach eigener Aussage viel besser für ihre Musik eigne. Diese, für eine Innerschweizer Band doch eher mutige Entscheidung, zeigte sich schnell als Volltreffer. Der fantastische Gesang funktionierte live absolut perfekt und hob die Songs so auf ein ganz neues Level.
Binary Sunset machten unglaublich Spass. Ein paar witzige Ansagen hier und da lockerten die Stimmung noch mehr auf, doch waren es vor allem die vortrefflichen Songs der Band, die nichts als gute Laune verbreiteten. Glorreiche Gitarrenmelodien mit viel Hall und Twang, knackige Bassläufe und süffisante Chöre luden zum Schwärmen und Schwelgen ein. Moderner Surf-Rock mit so viel französischem Protest-Vibe wie Sommer, Palmen Sonnenschein. Die Band wird bald auch ihr Debüt-Album «Les Grandes Vacances» veröffentlichen. Und so wurde gegen Ende des Sets niemand Geringeres als Nurit Hirschfeld vom heutigen Hauptact auf die Bühne geholt, um einen neuen Track im Duett zum Besten zu geben. Was für eine Freude und somit die perfekte Einstimmung nicht nur für die neue Platte, sondern auch für Lola Boum.
Nach kurzem Umbau und einem persönlichen Aufruf draussen, dass es nun losgehen würde, war es endlich so weit. Mit «I Don’t Want To Think About You» ging es wuchtig los und es kam schnell Bewegung auf, im gut gefüllten Helsinki. Das formidable «Kinky» folgte umgehend und machte schnell klar, dass dies heute ein grossartiger Abend werden würde. Nurit begrüsste uns auf ihre unvergleichlich charmante und schüchterne Art und Weise und bedankte sich für das zahlreiche Erscheinen. Wohl der anfänglichen Nervosität geschuldet, kündete sie dann gleich erstmal den falschen Song an und musste, sehr zum Amüsement aller, von ihren Bandkollegen daran erinnert werden, dass sie noch nicht ganz so weit im Set fortgeschritten waren. Mit «Fantasy» und «Marilyn» folgten zwei weitere Songs des Debüts «Kinky Days», beide eher verträumt und perfekt geeignet, um in den Kosmos dieser einzigartigen Band gesogen zu werden.
Die wundervoll schrammeligen Gitarren, der sexy, knackige Bass und die treibenden Drum-Beats untermalten die mal sanfte, träumerische, mal laute und wilde Stimme wundervoll. Bestes Beispiel dafür war der neue, wütende Track «Fuckboy». Als es Zeit für das Titelstück der neuen Platte war, baten Lola Boum den Sänger/Bassisten der Vorgruppe zurück auf die Bühne, der das Trio fortan an der Gitarre begleitete. Dieses Zusammenspiel eröffnete Stücken wie dem verkopften «Teeth In My Mouth» oder dem vielleicht besten Song der Band überhaupt, «Pharmacy Store», ganz neue Ebenen und funktionierte hervorragend. Ganz besonders wurde dies auch spürbar, als sich auf einmal das grossartige «Wicked Game» von Chris Isaak auf der Setlist wiederfand. Dieses absolut geniale und intensive Cover überraschte nicht wenige im Publikum und stellte sich schnell als eines der absoluten Highlights dieses wundervollen Abends heraus. Die Stimmung war entsprechend ausgelassen und das Helsinki war voll und ganz in der Hand von Lola Boum.
Mit dem epischen «Right There» und dem tollen, hässigen «Honeymoon» war das Ende erreicht. Die Band bedankte sich erneut bei uns allen und liess natürlich auch keine Chance verstreichen, um ihr neues Album «Cheesy Songs» und alle daran beteiligten Menschen zu erwähnen. Es ist wirklich erfrischend, wie charmant und gutgelaunt diese Band auf der Bühne wirkt und uns dabei mit solch vorzüglicher Musik belohnt. Mit dem düster, nachdenklichen «Supergirl» und dem fulminanten «Hey Bastard» gab es zwei Zugaben und damit entliessen uns Lola Boum in die Nacht. Was für eine wundervolle Band, was für ein grossartiger Konzertabend.