Datum: 20. Oktober 2015
Ort: KiFF – Aarau
Bands: Leprous / Sphere / Rendezvous Point
Bestanden Konzertabende früher aus Vorgruppe und Hauptband, ist es heute Usus, dass drei oder mehr Bands ein abendliches Rahmenprogramm gestalten. Klar, man bekommt was fürs Geld und es ist verlockend gleich mehrere Bands zu sehen. Doch die Gefahr einer Reizüberflutung besteht genau so wie die Chance durchs lange Stehen an Rückenbeschwerden zu leiden (den permanent steigenden Durst nach Bier mal ausgeschlossen).
So kommt es vor, dass der als erstes aufspielende Band weniger Beachtung geschenkt wird als dem Headliner. Ergo – man gönnt sich ein wenig später zu kommen, was sich oft auszahlt, denn mit verstreichender Konzertdauer werden die Bands meistens besser, und wenn nicht, dann jedenfalls populärer. Diesmal jedoch hätte es sich gelohnt, pünktlich zu sein.
Rendezvous Point waren jedenfalls schon zu Gange und mit erstaunlicher Freude nahm mein Bassisten-Auge eine attraktive blonde Bassistin auf der Bühne wahr, die nicht nur visuell einiges zu bieten hatte, sondern oder vor allem auditiv einen guten Job machte. Schön, wieder mal eine Frau auf der Bühne zu sehen und nicht bloss im Publikum, wo sie selten genug anzutreffen sind. Bei Rendezvous Point findet man zudem Leprous-Drummer Baard Kolstad als festes Bandmitglied am Schlagwerk, was wesentlich zur Qualität der Band beiträgt. Rhythmisch anspruchsvoll und melodisch, stimmte die Band schon mal auf den norwegischen Abend ein. Doch trotz des positiven Eindrucks, hätte ein wenig mehr Abwechslung in Tonlage und Songauswahl gut getan.
Als zweite Vertreter skandinavischer Musikkultur betraten Sphere die Bühne und legten gleich fulminant los. Brutale Riffs und schnelle Double Bass zeigten dem Publikum wo der Hase läuft. Bis zur ersten Gesangseinlage war ja alles noch ok, danach verflüchtigte sich die anfängliche Freude in Langeweile. Denn was jetzt von der Bühne kam, war zwar sicherlich nicht schlecht, aber mit dem unbeeindruckenden Gekreische des Sängers, steckte man Sphere schnell in die Schublade „gibt es schon, ist nichts Neues, braucht man nicht“. Austauschbar wäre der richtige Begriff, denn Bands wie diese gibt es zu tausenden und auch Bärte tragen machten den Auftritt nicht besser – eher langweiliger, denn jedem Trend zu folgen ist keine Auszeichnung.
Einen eigenen Trend zu setzen hingegen ist dann schon ein Meisterstück. Ob Leprous einen Trend setzen können ist fraglich und auch nicht gefordert. Jedenfalls haben die Norweger mit ihrem letzten Album „The Congregation“ eindeutig bewiesen, dass sie durchaus zu Grösserem befähigt sind und haben tatsächlich ein Masterpiece veröffentlicht. Wer sich jetzt fragt, ob Leprous dies auch live rüberbringen… Ja sie können es – und wie. Eines Headliners würdig, kam halt schon Musik erster Güte von der Bühne. Auch wenn das Programm von Leprous von zwei oder drei weniger starken Nummern begleitet waren, fegte der Rest das Publikum zunehmend weg und je länger der Abend dauerte, um so begeisterter war das Publikum. Die Band hatte sichtlich Spass und spielte zu Höchstleistung was die Fans im KiFF entsprechend goutierten. Was besonders gut gefiel, war die Authentizität von Leprous – man nimmt ihnen jeden gespielten Ton als herzblutiges Ereignis ab und das führt letztendlich zu erstaunlichem Jubel im passabel aber nicht ganz gefüllten Kiff, das die Band nicht nur einmal zur Zugabe motoviert, nein sondern problemlos zu einer zweiten veranlasst.
Fazit: Auch wenn es im Mittelfeld ein wenig bergab ging, überzeugte die norwegische Dreier-Kombination voll und ganz. Leprous begeisterten von A bis Z und bestachen mit musikalischer Güte, erfrischender Ehrlichkeit und kontinuierlich hoher Qualität in Gesang und Musik. Wenn man einen Preis für den „besten“ Musiker des Abends vergeben könnte, so bekäme diesen Drummer Baard Kolstad, der nicht nur zwei Auftritte am Abend hatte sondern wirklich hart arbeitete.
Text: Daniel Baratte
Bilder: Kathrin Hirzel