Eine kleine Serie gibt euch einen Einblick in Konzertfotografie
Seit März finden hierzulande und im nahen Ausland keine Konzerte mehr statt. Leider wird dieser Zustand noch einige Monate andauern. Dadurch fehlen die entsprechenden Konzertbilder auf unserer Site. Dies bedeutet, dass die ARTNOIR-Fotografinnen und Fotografen im Moment mehr oder weniger zur Untätigkeit verdammt sind. Darum bieten wir euch in einer mehrteiligen Serie einen Blick in hinter die Kulissen der Konzertfotografie. Gestartet wird mit einer Übersicht über die gängigen Regeln in der Konzertfotografie.
Teil 1 – Fotografieren an Konzerten
Was man als Konzertfotograf immer wieder zu hören bekommt, ist der Satz: «Wow, das ist so cool, ein ganzes Konzert zu fotografieren und den Stars so nahe zu sein“. Tatsächlich ist man den Stars sehr nahe. Die Fotografenplätze sind meistens in der Reihe Null, auch bekannt als Fotograben – direkt vor der Bühne. Im Graben herrschen allerdings strikte Regeln und unbeschränktes Fotografieren ist sehr selten erlaubt. Die bekannteste und wichtigste Regel in der Konzertfotografie lautet nämlich «3SNF» (3 Songs No Flash). Das heisst, dass man nur die ersten drei Songs eines Auftrittes ohne Blitz fotografieren darf. Auf diese Regel beharren Veranstalter, Band und Management in etwa Neunzig Prozent der Fälle. Diese Regel wird den Fotografen vor einem Konzert immer und immer wieder eingetrichtert. Manchmal hat man Glück und diese Restriktion wird gelockert oder sogar aufgehoben. Sabaton haben uns Fotografen zum Beispiel im Hallenstadion erlaubt, das ganze Konzert zu fotografieren (die ersten drei Songs im Fotograben, den Rest des Konzertes von den Steh- und Sitzplätzen her). Eine Geste, die man als Fotograf sehr zu schätzen weiss.
Was passiert, wenn man sich nicht an die 3SNF-Regel hält? Wer Glück hat, wird nicht erwischt oder kommt mit einer Verwarnung davon. Wer Pech hat, wird auf die Blacklist gesetzt: Man erhält zukünftig keine Akkreditierungen des betroffenen Veranstalters mehr. Dieses Risiko gehen die wenigsten Fotografen ein, es lohnt sich wegen ein paar weiteren Aufnahmen nicht.
Zu der Regel gesellen sich noch viele weitere ungeschriebene Gesetze. Beispielsweise: Halte Dich an die Weisungen des Veranstalters. Störe die Zuschauer nicht. Respektiere die anderen Fotografinnen und Fotografen. Gehe dem Securitypersonal bei Ihrer Arbeit im Graben aus dem Weg. Die Sicherheitspersonen sind nette Zeitgenossen und wenn man sich kennt, läuft alles sehr entspannt ab. Vor allem: Lege dich weder mit der Security, anderen Fotografenkollegen, Zuschauern oder dem Veranstalter an. Es gibt immer wieder jemand der einen schlechten Tag erwischt. Da sollte man einfach immer höflich bleiben, nicken und lächeln. Konflikte helfen niemandem und vermiesen das Erlebnis.
Der Fotografenbetreuer vor Ort begleitet die Fotografen in den Graben und kontrolliert, ob diese nach drei Songs tatsächlich wieder rauskommen. Je nach Art des Konzertes laufen die gut zehn Minuten Zeit der drei Songs sehr entspannt ab. Bei Grosskonzerten ist der Graben meistens grosszügig ausgelegt. Man hat genug Platz, um sich zu bewegen, um die besten Sujets zu finden. Oft teilt man sich an Grosskonzerten den Graben mit 20-30 weiteren Fotografen. In diesem Fall sind gute Kenntnisse im Ducken und Schlängeln ein Vorteil.
Ich persönlich mag die kleinen Konzerte, an denen die Post abgeht. Wenn nach dem ersten Ton die Fans zuvorderst am Durchdrehen sind und die Security von Anfang an auf Trab halten. Und wenn der Graben so eng ist, dass man kaum Platz hat. Dann fühlt man sich wie in einem Wrestlingmatch mit vielen Teilnehmern. Man erhält eine Bierdusche oder Rempeleien von den Fans, landet zwischen Securty und einem Crowdsurfer. Ab und zu wird man von Personen auf die Seite gestossen oder bekommt versehentlich ein Objektiv vom Fotografenkollegen an den Kopf verpasst. Rumble in the jungle und das Adrenalin fliesst.
Nächste Folge: Das Fotoequipment an Konzerten
Text und Bilder: Berend Stettler