Datum: 3. August 2014
Ort: Z7 – Pratteln
Bands: Kansas
Kansas im Z7 zu Pratteln? Eine Band, die mich seit fast 40 Jahren durch das Leben begleitet und neben Rush, Saga, Styx oder auch Enchant zu den ganz Grossen des klassischen Prog, Hardrock, AOR von über dem grossen Teich gehört?
Und wenn man dann auch noch liest, dass deren grandioser Sänger und Keyboarder Steve Walsh die Band noch in diesem Jahr verlässt und es deshalb vermutlich die letzte Chance ist, diese einmal live zu sehen, dann führt absolut kein Weg daran vorbei, nach Pratteln zu pilgern, um diesen Genuss noch einmal authentisch zu erleben.
Gesagt getan!
Zusammen mit meiner Freundin und einigen befreundeten Prog- und Live-Rock-Enthusiasten finden wir uns am Abend des dritten August gegen 19 Uhr vor der Z7-Halle zu Pratteln ein. Das Konzert ist für 20 Uhr geplant, aber ein Zettel über dem Ticket-Schalter des Z7 informiert, dass „aus organisatorischen Gründen das Konzert erst um 21 Uhr beginnt und die Vorband entfällt“. Von einer Vorband war bisher nicht die Rede gewesen, daher denke ich, dass man dies auch früher hätte kommunizieren können.
Schon die Menschenmenge vor dem Z7 lässt vermuten, dass das Konzert sehr gut besucht sein wird. Pünktlich werden die Tore geöffnet und nach einer gesunden Mahlzeit in Form einer „Z7-Wurst“ mit Pommes Frites vom Nahrungsmittel-Stand und eines feinen Bierchens wird in der Halle nach einem geeigneten Platz gesucht, um das Konzert zu geniessen.
Zwei Stunden bis Konzertbeginn – genug Zeit, die sich langsam füllende Halle zu beobachten: Das Publikum ist vorwiegend im mittleren Alter, die Atmosphäre heiter, erwartungsvoll, und die Getränkeausgabe wird an den zwei offenen Bartheken rasch, freundlich, kollegial abgewickelt. Es fällt sofort auf, dass der Merchandise-Stand nicht besetzt ist. Schade, ich hätte mir gerne ein „Kansas-40th Anniversary“-T-Shirt zugelegt.
Eine Wurst, zwei Bier und drei oder vier Unterhaltungen später rückt die Uhr endlich auf 21 Uhr vor. Das Bandmanagement kündigt die Band an und informiert darüber, dass man das Kansas-Merchandise mit einem 15%-Discount online bestellen kann. Das ist zwar nett, ersetzt meiner Meinung nach einen Merchandise-Shop beim Konzert aber in keinster Weise! Schade drum.
Kansas eröffnen ohne weitere Ansage pünktlich um 20:57 Uhr mit Mysteries and Mayhem aus dem Album „Masque“ sehr rockig. Eine Vorband braucht es nicht, denn die Band hat das Publikum sofort im Sack. Da merkt man die langjährige Bühnenerfahrung.
Zeit für Applaus bleibt wenig. Es folgt nahtlos – nach einem kurzen instrumentalen Übergang mit Lamplight Symphony aus dem Album „Song for America“ – das Stück The Wall aus meinem Lieblingsalbum von Kansas, „Leftoverture“ aus dem Jahr 1976.
Nach einem langen Applaus begrüsst der Bassist Billy Greer das Publikum im Z7.Weiter geht es mit Point of Know Return aus dem gleichnamigen Album, gefolgt von Hold on aus dem Album „Audio Visions“ aus dem Jahr 1980.
Einen kurzen Applaus später wird es ruhig im Z7, denn die akustische Gitarre kündigt einen Bandklassiker an. Dust in the Wind wird getragen von der aussergewöhnlichen Stimme von Steve Walsh, die auch nach 40 Jahren noch Hühnerhaut zu erzeugen vermag. Der darauf folgende Applaus zeigt deutlich, dass dieser Song immer noch gut ankommt, auch wenn er nicht gerade zu den komplexesten Stücken von Kansas gehört. Danach geht es ruhig weiter mit Cheyenne Anthem, ein weiterer Song von dem grandiosen Album „Leftoverture“, welches auch nach so vielen Jahren immer wieder meine private Playlist bereichert.
Habe ich schon erwähnt, dass die Musik von Kansas ohne die nach wie vor dominante Geige nicht denkbar wäre? Auch bei diesem Stück ist dies so, wie auch bei den meisten anderen. David Ragsdale macht dabei jedenfalls einen Superjob. Es folgen mit Belexes und Icarus – Born On Wings Of Steel zwei weitere Songs aus den Jahren 1974 und 1975, die wie bisher alles in diesem Konzert bestens beim Publikum ankommen.
Nun folgt mit Miracles Out Of Nowhere eines meiner Lieblingsstücke von Kansas, natürlich aus dem grandiosen Album „Leftoverture“. Hier zeigt sich deutlich, dass Kansas nicht nur einen guten Sänger haben. Der Leadvocal-Wechsel zwischen Steve Walsh und Billy Greer und auch deren Duett funktioniert hier perfekt.
Nach Down the road und Portrait (He Knew) aus den Alben „Song for America“ und „Point of no return“ ist leider das reguläre Programm nach knapp 75 Minuten bereits vorbei. Die Band verabschiedet sich und kehrt nach der obligatorischen Pause für die Zugabe auf die Bühne zurück – und die hat es in sich:
Nach dem Rocker Fight Fire with Fire aus dem „neuesten“ Album dieses Abends, dem wenig proggigen und dafür sehr rocklastigen „Drastic Measures“ aus dem Jahr 1983, der zum Mitklatschen animiert, folgt endlich der Kansas-Knaller schlechthin: Carry On Wayward Son natürlich auch aus dem Album „Leftoverture“, welches in keiner (Prog)-Rock-CD- oder Plattensammlung fehlen darf.
Ein sehr schöner Rockabend ist damit vorbei und hat, zumindest bei mir, viele Erinnerungen hervorgeholt. Erinnerungen an eine Zeit in der Bands wie Styx, Saga, Wishbone Ash und natürlich auch Kansas grosse Hallen füllten und viele Musikfreaks glücklich machten. Einige davon waren sicher heute da, wohlwissend, dass sie Kansas in dieser Zusammensetzung voraussichtlich nicht wieder sehen werden.
Es hat sich einmal mehr gelohnt, ins Z7 zu kommen.
Text: Boris Stalf
Bilder: Kathrin Hirzel