Datum: 15. März 2012
Ort: Z7 – Pratteln
Bands: Johnny Winter / Fabian Anderhub / Siggi Schwarz And Friends
Man muss ihn eigentlich nicht groß vorstellen. In einem Atemzug wird er genannt mit Rory Gallagher, Stevie Ray Vaughan, Ry Cooder oder Jimmy Hendrix. Johnny Winter ist DIE noch lebende weisse Blues-Legende, die seit den 60er Jahren, Massstäbe in Sachen virtuosen Gitarrenspiels gesetzt hat. Sein Name steht in der Rock’n’Roll Hall of Fame, er nahm Grammy-Alben zusammen mit Muddy Waters auf und kann auf eine Diskografie von über 40 Scheiben zurückblicken. Er durchwanderte sämtliche Höhen und Tiefen, die ein Leben bereithalten kann und ist mit seinen 68 Jahren nun wieder auf Tour.
Fabian Anderhub, in jungen Jahren mit den Eltern nach Kanada ausgewandert, nun wieder in der Schweiz beheimatet, eröffnete mit seiner Band den Abend. Und wie! Gitarrenorientierter Blues Rock vom Allerfeinsten stand auf dem Programm. Die Klampfenarbeit wurde von einem extra eingeflogenen Kanadier top unterstützt und Bassist sowie Schlagzeuger verrichteten ihren Job ebenfalls sehr gut. Anderhub selbst spielte auf, als gäbs kein Morgen mehr. Was der Blondschopf an mitreissenden Gitarren-Solos aus seiner abgewetzten, mitgenommenen Fender rausholte war schlichtweg grandios. Die Stücke wurden auch gesanglich voll überzeugend rübergebracht und man merkte, dass hier einer den Blues lebte. Ganz starker Auftritt.
Als zweiter Act des Abends, standen Siggi Schwarz and Friends auf der Bühne. Schwarz machte sich in der Vergangenheit einen Namen durch die Zusammenarbeit als Gitarrist und Produzent mit Größen wie Michael Schenker, Chris Thompson oder Frank Diez. An diesem Abend waren seine „Friends“ der Bassist und Sänger Otto Hoppe und Schlagzeuggröße Bodo Schopf.
Die Setlist bestand zu 100 Prozent aus Coverversionen alter Blues Gassenhauer, welche durch Schwarz‘ großartiges Gitarrenspiel veredelt wurden. Einige Gary Moore Nummern befanden sich unter den Stücken so wie auch das leider nur halb gespielte „Little Wing“. Dass der Mann spielen kann, daran besteht kein Zweifel, jedoch versprüht eine Coverband für mich immer den Charme eines Freizeitprojektes welches für Hochzeiten oder Stadtfeste engagiert wird. Beim Anblick der drei Musiker fühlte ich mich zudem sehr stark an ein Lehrertrio aus meiner Schulzeit erinnert. Die Ansagen von Schwarz bestanden zum Großteil aus der Erwähnung berühmter Namen, mit denen er bereits zusammengespielt hat bzw. im Moment spielt oder aus Hinweisen auf seinen Merch-Stand. Eine gewisse Art Selbstbeweihräucherung lag in der Luft was mir etwas sauer aufstieß. Handwerklich gab‘s nichts auszusetzen.
Ein zweites Mal wurde umgebaut und ein Klappstuhl etwa in Bühnenmitte platziert. Davor ein Mikrofon, heruntergeschraubt auf Hüfthöhe. Zuerst betraten Paul Nelson (Gitarre) und Scott Spray (Bass) die Bühne. Vito Liuzzi nahm am Schlagzeug Platz und sogleich legten die drei mit einem bluesigen Intro los. Nach etwa zwei Minuten war es dann soweit. Johnny Winter betrat unter Applaus die Bühne.
Sichtlich von schweren Krankheiten gezeichnet, schritt Johnny gebeugt über die Bühne, nahm auf seinem Stuhl Platz und nach dem seine Lazer angestöpselt war, stimmte er mit ein. Ich war erst mal erschrocken. Johnny Winter ist 68 Jahre alt, ginge aber glatt für 85 durch. Robotergleich spielte er seine Parts runter, automatisch wanderten seine spindeldürren Finger über die Seiten, den Blick starr auf den Boden gerichtet. Ab und an sah er aus seinem tief ins Gesicht gezogenen Cowboyhut hoch zu seinen Bandmittgliedern rechts und links und in seinem Gesicht war eine gewisse Schwermut zu lesen. Die beiden spielten routiniert den Set runter, nur Schlagzeuger Liuzzi schien etwas Spaß am Auftritt zu haben und kam sehr sympathisch rüber.
Johnny’s Ansagen beschränkten sich auf die Titel der Stücke und einem anschließendem „one, two…. one, two, three, four“. Sein Gesang und auch viel seines immer noch guten Spiels, gingen unter den für Blues-Konzertverhältnisse sehr lautem Sound des Öfteren komplett unter. Stücke wie „Got My Mojo Working“, „Johnny B. Goode“ oder „Don‘t Take Advantage Of Me“ welches mit dem Stones-Klassiker „Gimme Shelter“ gemixt wurde kamen und gingen. Als Zugabe wurde noch für zwei Stücke Johnnys abgegriffene Fender Firebird rausgeholt der er mit Bottleneck recht lässige Slidetöne entlockte. Seine berühmte Version von Dylans „Highway 61“ beendete den Auftritt und mit einem schnellen „Good Night“ verschwand er von der Bühne.
Fazit:
Johnny Winter gebührt Respekt, keine Frage. Er macht das, was er schon immer gemacht hat. Er spielt. Und das in einem Zustand in dem andere Musiker schon längst aufgegeben hätten. Der Blues-Rock ist sein Leben und das zeigt er. Unter dieser Sichtweise kann ich mich mit dem Auftritt anfreunden. Musikalischer Genuss war es leider keiner mehr.
Gewinner des Abends war eindeutig Fabian Anderhub. Den sollte man im Auge behalten.
Text + Bilder: Thomas Lang