10. Juli 2018
Hallenstadion Zürich
Bands: Iron Maiden / Tremonti
Das Biest hat gerufen und die Metal-Gemeinde folgt. Bereits am Bahnhof Zürich Oerlikon merkt man, dass heute Abend vor allem eines regieren wird: Heavy F***ing Metal! Praktisch jeder trägt ein Shirt mit dem Konterfei seiner Lieblingsband. Bei den meisten ist’s dann auch die Band, die zum gemütlichen Abmetallen eingeladen hat: Iron Maiden.
„The Legacy Of The Beast“ nennt sich die aktuelle Tour, auf welcher die britischen Heavy-Metal-Altmeister die europäischen Hallen unsicher machen. Es ist eine sogenannte History/Hits-Tour, auf welcher Iron Maiden alte und neue Klassiker und Hits aus ihrem Repertoire spielen, aber auch Songs auspacken, welche sie lange nicht mehr auf die Bühne gebracht haben. Für die Fans also ein richtiger Leckerbissen.
Eröffnen dürfen an diesem Abend der US-Amerikaner Mark Tremonti und seine Band. Im Gegensatz zu seinen anderen Projekten Alter Bridge und Creed fährt er unter dem Namen Tremonti eine etwas härtere Schiene. Da schleicht sich immer mal wieder der Thrash Metal in das Hard-Rock-Soundgewand. Technisch durchaus nicht schlecht und eine solide Performance, nur interessieren tut’s leider die wenigsten. So gibt’s nach einer guten halben Stunde Anstands-Applaus und Tremonti machen Platz auf der Bühne.
Denn jetzt ist es Zeit für das Vermächtnis des Biests! Zwei uniformierte Army-Men kommen auf die Bühne und entfernen die Tücher vom Bühnenbild. Darunter: Tarnnetze. Alles ist bedeckt damit. Das Bühnenbild präsentiert sich während „Doctor, Doctor“ von UFO aus den Lautsprechern dröhnt und die Menge ordentlich anstachelt. Dann gehen die Video-Screens an und aus den Lautsprechern erklingt eine schallende Kriegs-Rede des ehemaligen britischen Premierministers Winston Churchill. Auf den Bildschirmen sieht man alte Aufnahmen von Kriegsflugzeugen, die sich aufmachen ins Gefecht.
Unter tosendem Applaus entern Iron Maiden schliesslich die Bühne. Und wie! Denn gleich zu Beginn gibt’s mit „Aces High“ einen der absoluten Maiden-Classics. Aber nicht nur musikalisch steigen Iron Maiden bombastisch in ihr gut zweistündiges Set ein. Sänger Bruce Dickinson trägt nämlich eine alte Pilotenmütze und über der Bühne schwebt plötzlich ein riesiges Kampfflugzeug. Was für ein Auftakt!
Dann wird es dunkel auf der Bühne. Das Flugzeug, welches zuvor noch majestätisch über der Band seine Kreise zog, stürzt ab. Die Szenerie wechselt. Bruce Dickinson trägt nun eine Mütze und das Banner im Hintergrund zeigt verschneite Berggipfel und eine brennende Gondel. Iron Maiden stimmen „Where Eagles Dare“ vom 1983er Album „Piece Of Mind“ an.
Nach einem Furiosen „2 Minutes To Midnight“, bei welchem ein erstes Mal die ganze Halle mitsingt, richtet Sänger Bruce Dickinson das Wort zum ersten Mal ans Publikum. In einer äusserst sympathischen Ansage erzählt er vom Schottischen Unabhängigkeitskrieg, um welchen es im nächsten Song geht. Es ist zeit für „The Clansman“. Absolutes Brett!
Der Song klingt aus. Das Bühnenbild wechselt erneut. Das neue Backdrop kündigt ihn an: Es ist Zeit für den Soldaten! Die Halle rastet aus, als die ersten Klänge von „The Trooper“ erklingen. Bandmaskottchen Eddie ist aber nicht einfach nur auf dem Banner im Hintergrund abgebildet. Plötzlich schreitet nämlich ein übermenschlich grosser Eddie in Trooper-Uniform auf die Bühne und wird sogleich von Sänger Bruce Dickinson zum Schwertkampf herausgefordert. Das Biest hat trotz seiner körperlichen Überlegenheit keine Chance gegen den Iron Maiden-Frontmann und wird schliesslich von einer Muskete mit angehängter Schweizer-Flagge von der Stage getrieben.
Dass Iron Maiden nach fast jedem Song das Bühnenbild ändern, ist ein wahres visuelles Erlebnis. So spielen sie mal in einer Kathedrale, in welcher die Fenstermalereien in Form der Albumcover-Artworks von „The Trooper“, „Seventh Son Of A Seventh Son“, „The Number Of The Beast“ und „Powerslave“, daherkommen, dann steht die Band plötzlich auf einem Friedhof, auf welchem gerade eine Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen stattfindet und Sänger Bruce Dickinson in schwarzer Mönchskutte ein blinkendes Kreuz schwingt. Allgemein hat dieser einen Heidenspass dabei, sich zu verkleiden. Mal tobt er als Drakula-Verschnitt mit nach hinten geklebten Haaren über die Bühne, dann hat er plötzlich einen Flammenwerfer in den Händen und sprüht mit Feuersalven um sich, während im Hintergrund eine riesige Ikarus-Figur in Richtung Sonne schwebt.
Das absolute Highlight ist aber „Fear Of The Dark“. Die Intro-Melodie geht los, und als Bruce Dickinson den Song anstimmt, singt die ganze Halle inbrünstig mit. Dies wird danach noch zwei Mal passieren, nämlich beim Iron Maiden-Überhit „The Number Of The Beast“ und dem abschliessenden „Run To The Hills“.
Nach gut zwei Stunden ist der ganze Spass dann leider schon wieder vorbei, und während die Besucher die Halle verlassen, wird dies musikalisch von „Always Look On The Bright Side Of Life“ von Monty Paython untermalt. Was für eine Show!
Was an diesem Abend besonders auffällt, ist die unglaubliche Spielfreude, die Iron Maiden an den Tag legen. Seit 43 Jahren sind diese Jungs unterwegs. Trotzdem merkt man der Band zu keinem Zeitpunkt des Konzerts auch nur einen minimalen Funken Müdigkeit an. Die Gitarristen-Fraktion haut Riffs nach Solos nach Riffs raus und turnt mit einer Energie über die Bühne, von welcher sich manche Kapelle der jüngeren Generation eine Scheibe abschneiden kann. Und Sänger Bruce Dickinson lebt die Rolle des Frontmanns und Entertainers richtiggehend. Auf der Bühne steht an diesem Abend nicht einfach eine Heavy-Metal-Band, auf der Bühne stehen sechs Freunde, die richtig viel Spass haben.
Setlist [Quelle: setlist.fm]
1. Aces High
2. Where Eagles Dare
3. 2 Minutes To Midnight
4. The Clansman
5. The Trooper
6. Revelations
7. For The Greater Good Of God
8. The Wicker Man
9. Sign Of The Cross
10. Flight Of Icarus
11. Fear Of The Dark
12. The Number Of The Beast
13. Iron Maiden
Zugaben
14. The Evil That Men Do
15. Hallowed Be Thy Name
16. Run To The Hills
Text: Ivo Arztmann
Bilder: Kathrin Hirzel