16. Oktober 2013
Komplex 457 – Zürich
Bands: HIM / Caspian
Wie für viele andere waren HIM damals auch für mich eine der Einstiegsbands in die Gefilde der etwas rockigeren, düsteren Klänge, weg von dem Pop-oder-was-auch-immer-Friede-Freude-Pflaumenkuchen-Einheitsbrei. Deswegen und ebenfalls wegen ihrer fünfjährigen Abstinenz von Schweizer Bühnen freute ich mich natürlich besonders auf ihr Konzert letzte Woche, welches bei mir aber gemischte Gefühle hinterliess.
Bevor sich HIM die Ehre gaben, wurde der Raum von Caspian’s instrumentalem Rock durchflutet. Ihr melodiöser, stellenweise mystischer und sphärischer Sound erinnerte an Filmmusik eines dramatischen Mystery-Thrillers mit psychologischem Hintergrund. Sicherlich nicht jedermanns Geschmack, für mich gehören Caspian jedoch zu den besten Supportbands, die ich bis jetzt gesehen bzw. gehört habe. Ein zweites Mal angenehm überrascht war ich dann, als während der Umbaupause orientalisch angehauchte Klänge den Saal erfüllten.
Bei dämmrigem Licht, zum Intro ihres aktuellen Albums enterten Ville Valo, natürlich mit Beanie geschmückt, und seine Mannen schliesslich die Bühne und legten danach gleich mit «All Lips Go Blue» los. Neben drei weiteren Stücken von «Tears On Tape» präsentierten sie Songs von fast all ihren Silberlingen. Darunter erfreulicherweise sechs Lieder ihrer ersten beiden CD’s. Vor allem das Chris Isaak Cover «Wicked Game», wovon mir die HIM-Version immer noch besser gefällt als das Original, stellte ein Highlight des Abends dar.
Während die beiden Mikkos der Band sich von Anfang an immer wieder in Pose warfen, des Öfteren verschmitzt lachten oder typische Musiker-Konzentrations-Grimassen schnitten, wirkte Ville trotz Blickkontakt mit den Zuschauern zuerst nur physisch wirklich anwesend. Es schien, als müsste er zuerst noch ein wenig auftauen, was er aber im Laufe des Konzertes glücklicherweise tat. Eher wortkarg blieb er zwar bis zum Schluss, allerdings konnte man mit der Zeit immer öfters ein Lächeln in seinem Gesicht erkennen.
Ville’s anfängliche Zurückhaltung hatte aber leider einen Einfluss auf die Stimmung, welche zwar von Song zu Song stieg, jedoch nie richtig euphorisch wurde. Nichtsdestotrotz gab es unter dem grösstenteils weiblichen Publikum natürlich solche, die während des gesamten Auftritts ihre Stimmbänder einem Kreischtest unterzogen. Auch flog zwischendurch mal ganz klischeehaft ein BH auf die Bühne, welcher von Ville an Mikko Paananen’s Bass gehängt und dann wie ein Propeller herumgeschleudert wurde.
Sehr positiv empfand ich hingegen, dass Ville nicht wie früher ständig an seinem Mikroständer klebte, sondern sich frei bewegte, solange er seine klassische Gitarre nicht um hatte. Zudem bewies er einmal mehr, dass er ein wirklich guter Sänger ist. Speziell bei «It‘s All Tears (Drown In This Love)» kam sein teils hoher, teils tiefer Gesang bestens zur Geltung. Ebenso bei «The Kiss Of Dawn». Schön war ausserdem das Licht, womit vor allem bei ruhigeren Liedern eine fast träumerische visuelle Atmosphäre erzeugt wurde.
Obwohl die Finnen insgesamt 16 Songs zum Besten gaben, rauschte das Konzert nur so vorüber. Nicht zuletzt, weil ein Stück nach dem anderen rausgeschmettert wurde und praktisch keine verbale Kommunikation stattfand. Inklusive der Zugabe «When Love And Death Embrace» war der Auftritt nach ca. 75 Minuten zu Ende. Schade, denn einige Lieder mehr hätten sicherlich nicht geschadet. Genug Auswahl hätten sie ja gehabt. Nett wäre ja gewesen, wenn sie noch was von «Deep Shadows And Brilliant Highlights» gespielt hätten.
Aber hätte, hätte, hätte… 🙂 Grundsätzlich war es eine abwechslungsreiche Setlist, welche die Besucher mehr als einmal dazu veranlasste mitzusingen sowie ihre Feuerzeuge, Smartphones und selbst mitgebrachten Wunderkerzen in die Höhe zu halten. Und insgesamt war es auch ein schönes – obwohl nicht phänomenales – Konzert, welches Ville mit einem Bier in der Hand und den Worten «Feldschlösschen, alkoholfrei, wunderbar» besiegelte.
Setlist HIM:
Intro: Unleash The Red
01. All Lips Go Blue
02. Buried Alive By Love
03. (Rip Out) The Wings Of A Butterfly
04. Right Here In My Arms
05. The Kiss Of Dawn
06. I Will Be The End Of You
07. Join Me (In Death)
08. Your Sweet Six Six Six
09. Passion’s Killing Floor
10. Tears On Tape
11. Wicked Game [Chris Isaak Cover]
12. It’s All Tears (Drown In This Love)
13. Soul On Fire
14. Into The Night
15. The Funeral Of Hearts
Zugabe:
16. When Love And Death Embrace
Outro: Kiss The Void
Text + Bilder: Jasmin Stierli