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Suicidal Tendencies + Metallica + Mr. Bungle + Chelsea Wolfe + Kvelertak
Rue du Champ Louet – Clisson
Samstag, 29. Juni 2024
Text + Bilder: Adrian Portmann
Wenn das Gelände des Hellfest betreten wird, taucht man in eine komplett eigene Welt ein. Dies beginnt bereits, nachdem man den Festival-Eingang aus Containern durchschritten hat und in der Death Alley herumläuft. Die Strasse, vollgepackt mit den unterschiedlichsten Pop-Up Stores, sieht aus wie das Stadtviertel Camden in London. Weiter geht es zum Eingang des Konzertgeländes in Form eines düsteren Schlosses. Nachdem man auch diesen Eingang durchquert hat, fällt es schwer, nicht die Augen aufzureissen. Überall, wo man sich umsieht, sind ausgefallene Konstruktionen zu sehen. An jeder Ecke sind Bars, Cashdesks, aber auch Toiletteneingänge und Absperrwände mit Stahl/Metall verkleidet. Alles hat ein Thema und dementsprechend ein Design. Wenn man sich bei der Warzone befindet, hat man das Gefühl, man sei auf einem verrosteten Armeestützpunkt angelangt. Ein weiteres bemerkenswertes Objekt ist der Hellfest-Merchstand «The Sanctuary», welcher wie eine düstere, schwarze Version des Pariser Panthéon inkl. HR Giger Einflüsse aussieht. Zudem ist auch die Anzahl an Dingen in Form von Totenkopfschädeln, wie Abfalleimer und diverse Lampen, einfach riesig.
Und wenn man denkt, alles bereits gesehen zu haben, dreht die Nacht, wie gestern bereits erwähnt, nochmals alles auf den Kopf. Feuer werden entfacht und die einzelnen Installationen sehen noch beeindruckender aus, als am Tag schon. Läuft man durch den Wald, ist dieser mit diversen Metallpfeilern ausgerüstet inkl. mystischem Licht. Ein persönliches Highlight war sicherlich der «Guardian of Darkness», eine Zehn Meter grosse Chimäre aus Stahl, mit dem Gesicht einer Frau und dem Körper eines Skorpions.
So trifft die Aussage «It’s a weird fucking Disneyland for Grown-Ups», welche mir langjährige Fans des Festivals aus Schweden mitteilten, absolut zu.
Der dritte Tag gestaltete sich für mich im Vergleich zum Riesenprogramm des zweiten Tages eher ruhig. Hauptsächlich galt das Interesse dem Programm der Valley Stage, wobei der Tag mit den Schweden von Kvelertak begann. «We came to destroy!» schrie Ivar Nikolaisen ins Mikrofon und so kann auch das ganze Set der Schweden zusammengefasst werden. Der Sänger war niemals still und schwamm mehrere Male singend über die Leute hinweg. Das Crowdsurfen, welches am Hellfest zur Tagesordnung gehört, schien kein Ende mehr zu nehmen und das sehr professionell agierenden Sicherheitspersonal unterstützte die Personen mit viel Körpereinsatz. Ein grosses Lob haben sie über das ganze Festival diesbezüglich definitiv verdient.
Kurze Zeit später, als sich die Witterung veränderte und der Regen startete, betraten Chelsea Wolfe die Bühne. Die Band schafften es wie immer, die Zuschauer:innen in ihr eigenes Universum zu zerren und nicht mehr loszulassen. Der Gesang und der instrumentale Sound, bestehend aus dröhnenden Gitarren und vielseitigen elektronischen Klängen, verbanden sich perfekt und sorgten für viele staunende Blicke. Die Band war komplett in ihr Schaffen vertieft. Dieselbe Atmosphäre spiegelte sich auch bei den Begeisterten vor der Bühne wider. Fast keine Gespräche waren während und auch zwischen den Songs zu hören. Es galt ein 100-prozentiger Fokus auf die Musik für Alle. Obwohl es nicht dunkel genug war und so die dezent eingesetzten Lichteffekte nicht besonders zur Geltung kamen, war die Intensität enorm. Die Dunkelheit fehlte, doch es entstand visuell etwas anderes, was einfach wundervoll war. Eins ist klar, sowas kann nicht im Voraus geplant werden. Der stärker werdende Regen wurde nämlich stetig durch das Licht der Movingheads durchflutet und so erstrahlten jeweils die einzelnen kleinen Regentropfen, bevor sie auf unsere Köpfe prasselten.
Als nächstes folgte die zusammengewürfelte Gruppe namens Mr. Bungle. So unterschiedlich wie die einzelnen Bandmitglieder waren auch die Songs, welche präsentiert wurden. Dabei bediente sich Sänger Mike Patton den unterschiedlichsten Soundquellen, wie zum Beispiel eines kleinen Gummikrokodils, welches beim Zusammendrücken herumbrüllte. Allgemein war der Amerikaner für einige Spässe zu haben. Als das Wetter schlechter wurde, teilte er amüsiert mit «Es wäre nicht das Hellfest, wenn Jesus nicht auf uns alle pissen würde». Als spezieller Gast kam ein wenig später noch Wolfgang Van Halen (Mammoth WVH) auf die Bühne. Die Show war insgesamt interessant anzusehen, die verrückte Art der Musik konnte aber nicht vollends überzeugen und so verliessen viele vorzeitig das Valley Areal.
Die Zeit war gekommen, um mir nun Metallica zum ersten Mal anzusehen und ich wurde überaus positiv beeindruckt. Ganz episch kam die Band in Begleitung des Ennio Morricone Klassikers «The Ecstasy Of Gold» auf die Bühne und wurde gleich mit grossem Jubel empfangen. Die Amerikaner, welche normalerweise nur an ihren eigenen Stadionshows spielen, zogen eine riesige Masse an. Das Gelände war bis zuhinterst, wo sich das Riesenrad befand, mit Zuschauern bedeckt. Das zweistündige Konzert beinhaltete eine grosse Anzahl der bekanntesten Songs, wobei diese meistens in einer längeren Interpretation zum Besten gegeben wurden. Zudem beinhaltete jeder Song auch ein bis zwei Solos, welche sich James Hetfield und Kirk Hammett gegenseitig zuspielten. Ein spezieller Moment des Konzertes war sicherlich, als Robert Trujillo verkündete, dass sie am Vormittag ein französisches Stück speziell für das Publikum eingeübt hätten. Es folgte der Song «L’aventurier» der New Wave Rockband Indochine, wobei der Bassist den Gesang fast fehlerfrei übernahm. Gefühlt das ganze Publikum sang genüsslich mit. Dasselbe galt auch beim Hit «Nothing Else Matters». Für Metallica wurde extra die Bühne Richtung Publikum verlängert und so begaben sich alle Musiker ab der Hälfte der Show ganz nach vorne. Mit grossem Feuerwerk abgerundet wurde die Show mit dem Song «Master Of Puppets» beendet.
Dass es zu so später Stunde noch einmal richtig abgeht, haben sich wohl die wenigsten Leute gedacht, welche nach Metallica zur Warzone schlenderten. Suicidal Tendencies waren der Grund dafür. Die legendäre Hardcore-Band, welche sich ab Start wild umher bewegte, war mit Power und Leidenschaft am Werk. Dieselbe Power wurde innert Kürze auch auf das Publikum übertragen. Fortwährend herrschte eine sehr inklusive Stimmung, alle waren willkommen und alle machten dementsprechend auch mit! Mike Muir, welcher teilweise wie ein Gummiball herumsprang, entfachte ein Feuer, welches nicht mehr auszugehen schien. Doch es wurde noch besser. Irgendwann standen mehr als 100 Personen auf der Bühne. Dabei handelte es sich um Freunde der Band, aber auch Fans, welche auf die Bühne eingeladen wurden. Die Band liess sich dabei aber nie ablenken und spielte mit Freude Song um Song. Insbesondere als AUF der Bühne die ganze Pogo-Liste, wie Circle Pits, Crowdsurfing und Wall of Death «durchgespielt» wurde. Als Zuschauer dachte man sich nur noch: Was geht denn hier ab? Ebenfalls toll anzusehen war das Können von Bassist Tye Trujillo, welcher der Sohn eines gewissen Robert Trujillo ist. Am Schluss, völlig überwältigt von dem, was geboten wurde, skandierten wir alle zusammen noch lautstark die Buchstaben S und T für einige Minuten Richtung Bühne.
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