Halestorm + Black Veil Brides + Mothica
Komplex 457 – Zürich
Montag, 27. November 2023
Text: David Spring / Bilder: Rey Schulthess
Es gibt schlimmeres, als den Start in die Woche mit lautem Rock und zusammen mit einer Horde tanzwütiger Fans zu beginnen. Passend also, spielte diesen Montag niemand geringeres als Halestorm im Komplex 457 auf. Trotz suboptimalem Sound war es ein wundervolles Fest, mit dieser übertalentierten Gruppe Menschen den Wochenstart zu begiessen.
Den Auftakt machten im bereits gut gefüllten Komplex die US-amerikanische Künstlerin Mothica und ihre beiden Mitmusiker. Wer auf Grund des lieblichen Outfits der jungen Sängerin nun schnulzige Meterware erwartete, wurde schnell eines Besseren belehrt. Nach dem zackigen Opener beglückte sie die jubelnde Meute gleich mit einer Cover-Versions von Bring Me The Horizon’s «Can You Feel My Heart», was natürlich schnell zu Bewegung im Publikum führte. Mothica überzeugte nicht nur mit guten Songs und ihrer starken Stimme, sondern auch mit den bodenständigen, sympathischen und manchmal ausufernden Geschichten aus ihrem bewegten Leben. Dabei ging sie schonungslos ehrlich ins Detail und erzählte von Erfahrungen mit Alkoholmissbrauch, sexuellen Übergriffen und Suizidgedanken. Ihr Umgang mit diesen harten Themen war hoffnungsvoll und mitunter ein Grund, warum sie verdientermassen massig Zuspruch vom Publikum erhielt. Wirklich toll, dass eine mutige und talentierte Künstlerin wie sie hier so erfolgreich und überzeugend den Abend eröffnen durfte.
Nach diesem starken Auftritt standen als nächstes die Glam/Goth-Rocker von Black Veil Brides auf der Bühne. Deren Sound war um einiges heftiger und druckvoller und holte die Leute gut ab. Vom ersten Ton an fiel vor allem Drummer Christian Coma auf, da er mit einer Wucht und Hingabe in die Felle haute, die man eigentlich nur vom Tier der Muppets kennt. So viel Leidenschaft und Hingabe waren glorreich mitanzusehen. Auch sonst rockten die verschleierten Bräute souverän und überraschend heavy durch ihr Set. Mit fantastischen, oft zweistimmigen Gitarren-Leads und der coolen Stimme von Frontman Andy Biersack holten sie die Leute ab und kassierten viel Applaus. Witzig war, als der Sänger erwähnte, dass heute der Geburtstag von Bassist Lonny Eagleton sei, worauf alle begannen, ihm «Happy Birthday» zu singen. Doch natürlich folgte bald die Auflösung, dass das nur Quatsch war, was zu grossem Gelächter auf der Bühne führte. Immer schön, wenn eine Band offensichtlich Spass hat und sich selbst nicht allzu ernst nimmt. So überzeugten Black Veil Brides voll und ganz und heizten uns so richtig auf für den Headliner.
Und damit hiess es endlich Vorhang auf für Lizzy Hale und ihre lautstarken Kumpanen. Die beeindruckende Sängerin betrat die Bühne singend und stellte mit einer A-cappella-Version von «Raise Your Horns» eindrucksvoll unter Beweis, wieso sie zu den Besten gehört. Mit «I Miss The Misery» setzte dann aber auch der Rest der Band ein und Halestorm waren da. Es folgten «Love Bites (So Do I)» und «Rock Show», ein Song, der den heutigen Abend simpel, aber genau perfekt umschrieb. Die Leute im Komplex drehten durch und feierten die Band inbrünstig ab. Lizzy freute sich sehr, dass an einem Montagabend so viele Leute da seien und merkte lachend an «clearly, work is not important here».
So sehr der Fokus auf der fantastischen Stimme und nicht minder bemerkenswerten Gitarren-Skills der charismatischen Frontfrau war, so darf auch die unglaublich faszinierende Performance von Drummer Arejay Hale nicht vergessen gehen. Dieser nämlich lebte jeden einzelnen Schlag und jeden Beat mit seinem ganzen Körper und ging von der ersten Sekunde leidenschaftlich ab. Es war eine Freude, ihm zuzusehen. Halestorm wären aber auch keine Rockband von höchster Güte, wenn es nicht zuhauf ausgedehnte Gitarrensolos und -Spielereien gegeben hätte. Lizzy und der adäquat benannte Gitarrist Joe Hottinger lieferten sich wilde Duelle, am meisten so im Kracher «Amen», der mal eben auf gut 10 Minuten voller Improvisationen ausgedehnt wurde. Glorreich! Was ebenfalls nicht fehlen durfte, war ein Schlagzeug-Solo, und auch wenn dies für gewöhnlich zu einem der mühsameren Parts eines jeden Rockkonzertes gehört, so ist Arejay so faszinierend und talentiert, dass es selbst dafür nicht allzu viel auszusetzen gab.
Als Zugabe beehrte Lizzy uns mit einem Piano-Solo zu «Break In», bevor die obligate, so epische wie kitschige Soft-Rock-Hymne «Here’s To Us» und das abschliessende, übermächtige Brett «The Steeple» uns noch ein letztes Mal in Grund und Boden rockten. Wahnsinn, was für ein perfekter Abschluss. Halestorm belegten einmal mehr eindrucksvoll, dass es nicht viele Bands da draussen gibt, die ihnen das Wasser reichen können. Bestens gelaunt und voller Spielfreude, nur so abgehoben, wie gerade eben nötig, und vor allem einfach unfassbar talentiert – wie nicht anders zu erwarten war es einmal mehr ein beschwingter, schöner Start in die Woche. Gerne immer so!
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
- I Miss The Misery
- Love Bites (So Do I)
- Rock Show
- I Am the Fire
- Amen
- Terrible Things
- Familiar Taste Of Poison
- Takes My Life
- Back From The Dead
- I Get Off
- Wicked Ways
- Freak Like Me
Zugaben
- Break In / Raise Your Horns
- Here’s To Us
- The Steeple