greenfieldfestival.ch
Die Ärzte + Papa Roach + The Hu + Hollywood Undead + Donots + Enter Shikari + While She Sleeps + Less Than Jake + Swiss & Die Andern + Sleep Token + The Menzingers + Bloodred Hourglass + Alphornbläser
Flugplatz – Interlaken
Donnerstag, 8. Juni 2023
Text: David Spring + Cyril Schicker
Bilder: Miriam Ritler + Manuela Haltiner + Olivia Ritler
Alle Jahre wieder! Nach dem fulminanten post-Covid Neubeginn letztes Jahr, hiess es auch 2023 wieder: das Greenfield Festival dürfen wir uns nicht entgehen lassen. Drei Tage Ausnahmezustand inmitten der schönen Berge, umgeben von Tausenden konsequent gut angeheiterten Menschen und mit hervorragender Rockmusik auf den Ohren standen die Zeichen bestens für ein wundervolles, lautes und wildes Festival-Wochenende.
Viele der Campierenden erlebten erstmal eine herbe Enttäuschung, denn der allseits beliebe Lidl-Rockmarkt wurde um ein Vielfaches verkleinert. Viel schlimmer noch, konnte man neuerdings nicht mehr in den Markt rein, sondern musste sich ewig lange anstellen, um die Bestellung abzugeben. Was in den Jahren zuvor ein nicht unangenehmes Shopping-Erlebnis war (wo sonst kann man sich 15l Bier, einen Pavillon und Frühstückseier gleichzeitig kaufen?), war nun endlos mühsam. Aber, damit haben wir das Negative auch schon aus der Welt, denn abgesehen davon, gab es nicht viel, worüber man sich am Greenfield beschweren konnte. Der Mittelaltermarkt erfreute sich grösster Beliebtheit, gab es da von Spanferkel bis hin zu altertümlichem Krimskrams so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann. Die Shelter 666-Zone zog die Menschen mit wilden Feuer-Performances an und auch der wohl beste Service, die Festival-Seelsorge der «AnsprechBar», sah bald schon erste Besucher:innen.
Auf der Party-Meile hatte sich im Vergleich zum Vorjahr nicht viel geändert, der Rckstr-Block, der Winston-Dome und das immer wieder amüsante Bravo-Zelt waren allesamt da, dazu ein durchaus reichhaltiges und abwechslungsreiches Essensangebot (ausser für Veganer:innen) und durchgehend gute Infrastrukturen und sanitäre Anlagen. Das Greenfield, wie man es kennt und liebt. Wie gesagt, die Zeichen standen sehr gut, das Wetter spielte ebenfalls mit und wir sollten nicht enttäuscht werden.
Los ging es dann traditionellerweise um 14:00 mit den legendären Alphornbläsern. Zu ihren sanften, gutgelaunten Tönen gab es Walls of Death, Circle Pits und tausende von Pommesgabeln in der Luft, wohl kaum eine Band wird am Greenfield härter gefeiert als die Alphornbläser. Als erster «richtiger» Act standen dann Less Than Jake auf der Bühne und rockten das Greenfield gewaltig. Ihr energiegeladener Mix aus furiosem Punk und tanzbarem Ska holte die Leute ab und bewies sich schnell als hervorragender Festival-Opener.
Dieses Energie- und Spasslevel konnten Enter Shikari daraufhin leider nicht aufrechterhalten. Ihr Auftritt wirkte heruntergespielt an und die Band wirkte etwas zu routiniert. Ich vermute, ihr wilder Mix aus Electro und Punk hätte besser zu späterer Stunde gepasst, Nachmittags um 16:00 Uhr aber sprang der Funke nicht ganz über. Die Stimmung war trotzdem gut, die Leute hatten Spass und auch die paar wenigen Regen-Tropfen konnten niemanden mehr aus der Feierlaune bringen. Mit den Donots stand danach eine der besten Live-Bands überhaupt an, erhaben und bestens gelaunt rockten sie die Jungfrau-Stage, wie nur sie es können. Ingo zettelte einen riesigen Circle Pit an und stellte sich alsbald selber mitten in die Meute rein, um sich zum Schluss zurück zur Bühne tragen zu lassen. Die Donots waren bereits zum siebten Mal am Greenfield, ihr Auftritt bewies eindrucksvoll, weshalb. Mit dem grossartigen «Whatever Happened To The 80s» und dem obligaten «We’re Not Going To Take It» bewiesen sich die Jungs als absolute Publikumslieblinge.
Danach stand die erste Verpflegungspause auf dem Plan, gefolgt von The Menzingers, die die Eiger-Stage vor versammelter Menge rockten. Der emotionale, tiefgreifende Punk der Band kam bestens an, das erstaunlich zackige und rockige Set überzeugten und brachten auch auf der kleinen Bühne ordentlich Bewegung. Eine der Festival-Favourites trat als nächstes auf der Hauptbühne auf: Hollywood Undead. Ihr äusserst abwechslungsreiches Set riss die Leute mit und wirbelte den Staub vor der Bühne auf, die Stimmung war am Kochen. Das Line-Up des Greenfield Festivals konnte sich dieses Jahr wirklich sehen lassen, war doch wirklich für jeden Geschmack etwas dabei. Richtig heftig ging es zurück auf der Eiger-Stage weiter, dort tauchten nämlich die so maskierten wie faszinierenden Sleep Token auf und legten die kleine Bühne in Schutt und Asche. Obwohl der Sound hier zum ersten Mal etwas zu Wünschen übrigliess, ging der eklektische Mix dieser grossartigen Gruppe runter wie guter Wein. Was für eine Band.
Es war dann mal wieder Zeit für eine kleine Pause, denn was am Abend noch folgen sollte, würde noch einiges an Energie kosten. Zuerst einmal wurde die Jungfrau-Stage von den legendären Papa Roach in Brand gesetzt. Mit einer wilden Pyroshow, unfassbar viel Spielfreude und Energie, vor allem aber mit schlicht hervorragenden Songs gingen die Jungs um Frontmann Jacoby Shaddix ab wie Sau. Schön war zu sehen, dass sich die Band nicht all zu ernst nimmt und munter mal Songs von Eminem oder Rage Against The Machine in ihre eigenen einbaute. Das machte unverschämt viel Spass und Songs wie «Broken Home», «Scars», «None Of The Above» und natürlich «Last Resort» brachten die Leute zum Durchdrehen. Wer dann noch nicht genügend durchgerockt war, begab sich dann zur Eiger-Stage, wo die hervorragenden Metalcore-Helden von While She Sleeps mal eben einen der besten Gigs des Tages hinlegten. Unfassbar, was für eine Power uns da von der Bühne entgegen geschmettert wurde.
Doch dann war es endlich Zeit für den ersten (und einzig wahren) Headliner des Festivals: Die Ärzte! Immer wieder für eine Überraschung gut, wählte die Beste Band Der Welt nicht irgendeinen coolen Opener zum Start, sondern legte mal eben mit einem ihrer grössten Hits los: «Westerland»! Da war dann bereits auch klar, dass das heute ein grossartiges Konzert werden würde. Die nächste Überraschung folgte mit «Herrliche Jahre», einem Lied, das sie nach eigener Aussage noch nie zuvor in der Schweiz gespielt hatten. Es folgte ein nahezu perfektes Konzert (ein im Die-Ärzte-Kosmos sehr dehnbarer Begriff, mussten sie beispielsweise «Unrockbar» dreimal von vorne beginnen, weil sich wieder jemand verspielte) und ein Hit auf den anderen. Für ihre Verhältnisse hielten sich Bela, Farin und Rod zwar etwas mit endlosem Gequatsche etwas zurück, doch gab es immer noch reichlich zu lachen. Vor allem das eigene Unvermögen sorgte immer wieder für Gelächter, sowohl vor wie auch auf der Bühne.
Alle guten Dinge gehen irgendwann vorbei und so neigte sich nach rund zweieinhalb Stunden auch das Set von Die Ärzte dem Ende zu. Da einer der traditionellen Closer bereits verbraten wurde, war spätestens bei «Zu Spät» klar, dass bald Schluss ist. Doch durfte natürlich auch das wichtigste Lied der Bandgeschichte nicht fehlen: «Schrei Nach Liebe»! Einfach nur fantastisch und man kann sagen, was man will, Die Ärzte sind die Besten der Besten der Allerbesten. Somit war der erste Tag des Greenfield Festivals 2023 auch bereits Geschichte, einen schöneren Start in die diesjährige Festivalsaison hätte man sich nicht wünschen können. Es ist immer wieder eine Freude, im schönen Interlaken zwischen den Bergen abzurocken, doch mit solch hochkarätigen und abwechslungsreichen Bands, wie wir sie heute gekriegt hatten, war es wahrhaftig einer der tollsten Festival-Tage jemals. Greenfield, danke dir, see you tomorrow!
Greenfield Festival 2023 – Freitag
Greenfield Festival 2023 – Samstag