Datum: 11. Dezember 2012
Ort: Mascotte – Zürich
Bands: Graveyard / Spiders
Das letzte Ticket der Abendkasse ging direkt vor uns über den Tisch, volles Haus also im Züricher Mascotte. War auch zu erwarten, so angesagt wie die schwedischen 70er-Sound-Rocker Graveyard im Moment gerade sind. Kaum ein Magazin oder Feuilleton, wo in letzter Zeit nicht über die vier schnautzbärtigen Senkrechtstarter berichtet wurde. Die neue Scheibe „Lights Out“ wird allerorts mit Lob überschüttet und die Kritiker scheuen sich nicht, Graveyard als legitime Erben Led Zeppelins zu titulieren. Grenzenloser Hype oder tatsächlich der neue leuchtende Stern am Rockmusikhimmel? Wahrscheinlich irgendwas dazwischen.
Zunächst standen die ebenfalls aus Schweden stammenden Spiders auf der Bühne, welche auch der aktuellen Retro-Welle zuzuordnen sind. Die Band um Ex-Witchcraft Gitarrist und Jim Morrison-Lookalike John Hoyles und seiner Frau Ann-Sofie am Mikro, legten sofort mächtig los und präsentierten erdig, ehrlichen Hardrock mit deutlicher Jefferson Airplane Schlagseite. Vor allem Frontfrau Ann-Sofie versprühte mordsmässig gute Laune und wirbelte auf der Bühne von einem Eck zum andern. Bei manchen Songs griff sie zu Rumba-Rasseln oder zur Mundharmonika und drückte damit dem Sound einen eigenen, lässigen Stempel auf. Leider war die Spielzeit mit nur etwa 30 Minuten doch etwas kurz. Die Spiders hätten gerne noch etwas länger auf der Bühne stehen dürfen. Das Publikum hatten sie jedenfalls auf ihrer Seite.
Es folgte eine längere Umbaupause, in der sich das Mascotte bis zum Bersten füllte. Ich konnte noch einen relativ guten Platz auf dem Balkon ergattern, unten war kein Durchkommen mehr. Unter dem Geheul von Luftschutzsirenen kamen Graveyard auf die Bühne und mit „An Industry Of Murder“, dem Opener des aktuellen Albums, ging’s los. Den Hit „Hisingen Blues“ vom gleichnamigen Album und anschließend „Seven Seven“, ebenfalls ein amtlicher Stampfer, dann gleich hinterher. Wuchtiger Auftakt, das Publikum johlte. Mit „Slo Motion Countdown“ wurde der Fuss etwas vom Gas genommen und für ein paar Minuten ruhigere Töne angeschlagen.
Die Setlist bestand hauptsächlich aus Stücken der beiden oben genannten Alben. Das großartige Debut Album der Skandinavier kam leider etwas zu kurz. Nur das bluesige „As The Years Pass By, The Hours Bend“ und der Live-Hammer „Thin Line“ (Höhepunkt des Konzerts) wurden gespielt. Für meinen Geschmack wurden die ganzen Nummern etwas zu routiniert runtergespielt und es fehlte irgendwie der Pfiff, so dass der Funken zumindest auf mich nicht wirklich übersprang. In meinen Augen waren die Spiders zuvor mit deutlich mehr Engagement bei der Sache. Der Sound war nicht gerade das Gelbe vom Ei, störte aber auch nicht sonderlich. Die Spielzeit von 70 Minuten incl. Pause fand ich auch etwas knapp.
Fazit:
Gutes Konzert, nicht mehr, nicht weniger. Die Spiders überraschten mit einer erfrischenden, glaubwürdigen Art und gutem Songwriting, ganz ohne Okkult-Schmonzette. Graveyard hatten vielleicht nicht ihren besten Tag, lieferten aber einen soliden Auftritt ab, der ordentlich abgefeiert wurde. Bei mir haben sie nicht so richtig zünden wollen, vielleicht bin ich dem ganzen Retrosound mittlerweile etwas überdrüssig. Die familiäre Atmosphäre im Mascotte war aber wieder mal großartig.
Setlist Graveyard:
An Industry Of Murder
Hisingen Blues
Seven Seven
Slow Motion Countdown
Ain’t Fit To Live Here
Buying Truth
Uncomfortably Numb
As The Years Pass By, The Hours Bend
Hard Times Lovin’
Thin Line
Goliath
The Siren
Endless Night
Text + Bilder: Thomas Lang