4. März 2017
Samsung Hall – Dübendorf
Bands: Gotthard / Krokus / Shakra
Was für ein Triple! Drei grosse Schweizer Rock-Bands kreuzten an zwei Konzertabenden die Klingen: Gotthard und Krokus spielten als Co-Headliner mit Vorgruppe Shakra in der Festhalle Bern und der Samsung Hall Zürich. Beide Gipfeltreffen waren restlos ausverkauft.
Nein, ein «Schnäbi-Vermessen» war das gewiss nicht. Die Musiker sind schliesslich keine 18 mehr und kennen sich schon länger: The Röhr war bis 2001 Gotthards Produzent und Coach und zudem massgeblich daran beteiligt, dass Sänger Mark Fox zu Shakra zurückkehrte. Und: Krokus-Überläufer Mandy Meyer zupfte die Klampfe während vielen Jahren bei Gotthard.
Obwohl die Samsung Hall speziell auf Midsize-Events ausgelegt wurde, durfte man gespannt sein, ob der Funke tatsächlich springen würde. Schade deshalb, dass Shakra nur grad kurze 30 Minuten spielten. Die Band lieferte drei Tracks vom aktuellen Album «High Noon» und drei weitere bekannte Nummern ab und verschwand so schnell wie sie aufgetaucht war. Schade auch, dass der Sound lediglich in Zimmerlautstärke erklang. Richtig schade aber war, dass Shakra keine Zeit hatten, sich zu entfalten und sich derart unter Wert verkaufen mussten.
Krokus hatten 2016 bloss einen einzigen Auftritt hingelegt. Ob die Hard Rock-Urviecher wohl bereits wieder warm gespielt waren? Vermutlich um die Spannung zu halten, erhielten ihre Klassiker eine Frischzellenkur, die sie nicht benötigt hätten. «Long Stick Goes Boom» wurde mit The Who’s «Pinball Wizard» angereichert und «Winning Man» mit einem James Bond-Intro verschlimmbessert. Doch genug der Mäkelei: Glücklicherweise ging es danach steil bergauf. Bei «Hellraiser» brach das Eis endgültig und Meyers Solo bei «Fire» war einfach nur irre! «Tokyo Nights» oder «Heatstrokes» (mit «Rock Bottom»-Einlage) waren gnadenlose Abräumer und nach «Easy Rocker» hatten Krokus wohl auch den kritischsten Kritiker in der Tasche. Fazit: Die Songauswahl war «Metal Rendez-Vous»-lastig, eine Art «Dirty Dozen» (leider ohne «Headhunter»-Tracks) und liess einen hungrig nach Rock zurück.
Weitaus aktiver und zurzeit auf «Silver»-Tournee durch Europa zum 25-jährigen Jubiläum sind Gotthard. Die Gruppe trat mit Ersatz-Trommler Dani Löble (Helloween) an, da Hena Habegger aus gesundheitlichen Gründen pausieren musste. Doch die Tessiner waren bereit, sehr bereit sogar: Kraftvoll und perfekt aufeinander abgestimmt gab die Combo ein abgeklärtes und abwechslungsreiches Konzert. Virtuos, gelassen und befreit scheinen Gotthard auf dem Zenit ihres Schaffens zu sein. Die Gruppe wirkte ausgewogener denn je. Nic Maeder, ein vielseitiger Frontmann ohne Allüren, fügte sich in die Band ein und klang zeitweise wie David Coverdale in seinen besten Tagen. Maeder sorgte zudem dafür, dass der Akustik-Teil magisch wurde, da er sich persönlich zurücknahm und so dem verstorbenen Steve Lee Tribut zollte.
Zum Dessert servierte die Gotthard-Crew «Come Together» und holte Storace/Meyer auf die Bühne zurück. Danach gesellten sich auch die «Long Noses» Fernando von Arb und Chris von Rohr dazu und eine Granaten-Version von «Bedside Radio» feuerte aus den Boxen. Es gab nun kein Halten mehr, der Saal kochte, tobte und schien aus allen Nähten zu platzen. Gotthard und Krokus zogen noch das letzte Ass aus dem Ärmel und «Mighty Quinn» versank im Gitarrengewitter. So etwas hat die Schweiz noch nicht gesehen!
Setlist (Quelle: setlist.fm)
Krokus
1. Long Stick Goes Boom
2. American Woman (Guess Who Cover)
3. Winning Man
4. Hellraiser
5. Fire
6. Rock And Roll (Gary Glitter Cover)
7. Tokyo Nights
8. Rockin‘ In The Free World (Neil Young Cover)
9. Heatstrokes
10. Easy Rocker
Zugaben:
11. Rock ’n‘ Roll Tonight
12. Hoodoo Woman
Gotthard
1. Silver River
2. Electrified
3. Hush (Joe South Cover)
4. Stay With Me
5. Mountain Mama
6. Remember It’s Me
7. Feel What I Feel
8. Sister Moon
9. What You Get
10. One Life, One Soul
11. Angel
12. Heaven
13. Firedance
14. Top of the World
Drum-Solo
15. Lift U Up
16. Anytime Anywhere
Zugaben:
17. Come Together (Beatles Cover mit Marc und Mandy von Krokus)
18. Bedside Radio (Krokus Cover mit Krokus)
19. Quinn The Eskimo (Mighty Quinn/Bob Dylan Cover mit Krokus und Mark Fox)
Text: Urs Breig
Bilder: Liane Paasila