Frank Carter & The Rattlesnakes + The OBGMs
Dynamo – Zürich
Sonntag, 20. November 2022
Text: David Spring
Die britische Musikszene hat viele einzigartige Charaktere. Irgendwas führt auf der Insel dazu, dass da ungewohnt viele charismatische und talentierte Menschen auf die Bühnen dieser Welt losgelassen werden. Unter anderem ein rotschopfiger Wirbelwind, der seit den frühen 2000er-Jahren für Aufsehen sorgt. Die Rede ist nicht von Ed Sheeran sondern natürlich von Frank Carter, dem Begründer der legendären Gallows und Frontmann seiner fantastischen Rattlesnakes. Und genau dieser kleine, wütende Herr spielte letzten Sonntag im Dynamo in Zürich auf.
Los ging es allerdings mit The OBGMs, einer energiegeladenen Punkband aus Toronto. Energie war das Wort der Stunde, denn die vier drehten gleich komplett durch. Innerhalb von Sekunden hatte Frontmann Densil McFarlane die schon zahlreich anwesenden Leute im Griff und es dauerte nicht lange, bis er selbst mitten in der Menge war. Eine Vorgruppe, die das Publikum so zum Tanzen und Mitmachen animiert, sieht man nicht alle Tage.
Ebenfalls ungewohnt war das musikalische Talent der The OBGMs. Dass ihr Set mehrheitlich aus schnellen Punkrock-Smashern bestand, hielt die Band nicht davon ab, etliche überraschende Gitarrensolos, schicke Bassläufe und unglaublich dynamische Drum-Beats in die Songs einzubauen. Die sehr vielen Publikumsinteraktionen lenkten zugegebenermassen manchmal etwas stark von der Musik ab, das Energielevel war vielleicht sogar fast zu hoch. Doch am Ende zählte vor allem, dass die vier wilden Kanadier uns unglaublich einheizten, das Ziel als Support-Act wurde mehr als erfüllt.
Dann war es endlich so weit. Frank Carter & The Rattlesnakes betraten unter tosendem Applaus die Bühne und legten mit «My Town» los. Dachte ich schon bei der Vorgruppe, dass das Energie-Level auf der Bühne ungewöhnlich hoch war, so war das nichts im Vergleich zu was nun folgte. Bereits nach wenigen Minuten kam Carter während «Tyrant Lizard King» mitten ins Publikum und verweilte da gleich für mehrere Songs. Damit nicht genug wurde ein paar Songs später für das grossartige «Wild Flowers» ein Mosh Pit nur für FINTA*s angezettelt, und es war wundervoll zu sehen, dass dies vom gesamten Publikum sofort angenommen wurde. Der Pogo-Pit zum Safe Space zu machen ist immens wichtig und es war wirklich schön zu sehen, dass das funktioniert.
Die Setlist bestand mehrheitlich aus neueren Songs, der Sound modern und druckvoll. Tracks wie «Go Get A Tattoo», «Cupid’s Arrow» oder «Angel Wings» kamen hervorragend an und gaben auch dem für eine Punkband eher ungewöhnlichen Keyboarder auf der Bühne einiges zu tun. Aber auch ein paar ältere Songs durften nicht fehlen, das brutale «Devil Inside Me» etwa wurde wild gefeiert. Doch kein Frank Carter & The Rattlesnakes Song führte zu mehr Euphorie als das legendäre «I Hate You» im Zugabenblock. Das ganze Dynamo sang diese unsterblichen Worte aus voller Kehle mit, es war eine Freude und selbst Herr Carter kam aus dem Grinsen nicht mehr heraus.
Nach ungefähr anderthalb Stunden war Schluss, doch nicht bevor das abschliessende «Crowbar» uns nochmals alles abverlangte. Mit unglaublicher Energie und Leidenschaft sowie einem absolut durchgedrehten Publikum war die Show ein einziges Fest. Frank Carter & The Rattlesnakes sind nicht umsonst eine der angesehensten Bands des Genres, vor allem auch weil sie die musikalischen Grenzen immer weiter ausloten und sich Neues getrauen. Mit derart grossen Songs und der unbändigen Energie und Präsenz von Frank Carter selbst überrascht es nicht, dass an diesem Abend niemand trocken und ohne Grinsen im Gesicht nach Hause ging.
Setlist [Quelle: Band]
1. My Town
2. Rat Race
3. Tyrant Lizard King
4. Vampires
5. Go Get A Tattoo
6. Bang Bang
7. Wild Flowers
8. Kitty Sucker
9. Cupid’s Arrow
10. Angel Wings
11. Devil Inside Me
12. Lullaby
13. Original Sin
Zugaben
14. The Drugs
15. Parasite
16. I Hate You
17. Crowbar