Flieger + Newkillaz + Ripstone
Chessu-Coupole – Biel
Samstag, 16. Dezember 2023
Text + Bilder: Peter Burckhardt
Umzingelt von neuen, grauen Betonbauten steht ein rundes, buntes Gebäude in Biel, welches seit Jahrzehnten dem Abriss trotzt. Die ganze Szene erinnert mich an ein bekanntes Gallisches Dorf, denn der „Chessu“ erhielt beim Umbau rund herum eine Betonmauer, die das Kulturzentrum vom Rest der Stadt abgrenzt. Die Menschen, die sich unermüdlich für den Erhalt einsetzen und auch das Publikum, kann man sehr wohl mit den unbesiegbaren Galliern vergleichen. Nur die Musik ist besser, denn statt Trubadix gab’s am 16. Dezember ordentlich Rock auf die Ohren.
Leider war der Coupole nicht sehr gut besucht, was wahrscheinlich auch damit zu tun hatte, dass gleichzeitig in der Bieler Altstadt die Release Party der neuen Matchenko EP stieg. Freunde der Bieler Musikszene mussten sich also entscheiden, wo sie den Abend verbringen möchten. Bei der Kasse wurden wir daher mit den Worten “Trinkt bitte doppelt so viel wie ihr sonst trinkt” begrüsst.
Schön brav folgeleistend an der Bar angekommen, legte auch schon die junge Band Ripstone los und füllte die Stille mit druckvollen, modernen Gitarren-Riffs. Ich verfolge das Schaffen von Ripstone schon lange und war immer beeindruckt, dass sich die Band als Gesamtkonzept mit Showelementen und unverkennbaren Outfits inklusive Gesichtsbemalung präsentiert hat. Im Mittelpunkt stand die stimmgewaltige Sängerin Julie Beriger, die aber 2019 die Band verliess. Neu ist die sympathische Sängerin Joy mit vollem Einsatz dabei. Aber, und das muss auch gesagt werden, ist das Konzept Ripstone meiner Meinung nach noch zu fest auf die charismatische Julie zugeschnitten. Hier wünschte ich mir bald neue Ideen und mehr Songs, welche auf die Nachfolgerin angepasst sind. Trotzdem ist es immer wieder eine Freude, Joy, Linus und Ruben auf der Bühne zu erleben, denn ihre Songs sind packend, emotional und abwechslungsreich. Joy verstand es trotz früher Uhrzeit, das spärlich angereiste Publikum aus der Reserve zu locken. Hut ab, denn das braucht eine ordentliche Portion Mut und Selbstbewusstsein.
Nach der Umbaupause legten die Lokalmatadoren Newkillaz los und da kam ein Gitarrenbrett daher, welches fast die neu installierte Lüftung aus dem Kessel jagte. Beeindruckend, wie Sänger Micha das ganze Repertoire an Gesangstechniken beherrscht. Tiefe Growls, cleane Parts, Kopfstimme und Screams kamen alle sattelfest daher, als wäre es das einfachste der Welt. Beim Eröffnungssong durfte die oben genannte Joy ihren gesanglichen Beitrag beisteuern. Das passte hervorragend und war für mich das Highlight des Abends. Ja, die vier Herren von Newkillaz standen nicht zum ersten Mal auf der Bühne und die Band lieferte dementsprechend auch ein druckvolles, intensives Set ab und heizte den doch recht kühlen Chessu auf Betriebstemperatur ein.
Als finaler Act betrat die Band Flieger die Bühne. Nach kurzer Erklärung, dass zwei der vier Mitglieder Bieler sind und sie daher gerne auch als Bieler Band bezeichnet werden dürfen, legten die vier Musiker los. Flieger spielen Rock der eher düsteren Art, der mir auf Anhieb gefiel. Leider war nicht nur die Temperatur im Coupole schon wieder abgekühlt, sondern irgendwie auch die Stimmung im Raum. Die Band spielte zwar souverän und technisch gut, jedoch fehlte leider etwas die Bewegung auf der Bühne und die Bindung zum Publikum, weshalb die verbliebenen Gallier nur noch vereinzelt getänzelt und mitgewippt haben. Die Römer blieben übrigens fern und so endete ein friedlicher, kühler, aber unterhaltsamer Konzertabend, der aufgezeigt hat, dass in den Bieler Übungsräumen nach wie vor viel kreative und qualitativ gute Musik entsteht.