23. Oktober 2013
Z7 – Pratteln
Bands: Fish / Vanderlinde
So was wie eine Garantie für ein tolles Konzert gibt es nicht. Fällt allerdings der Name Fish, darf man durchaus mit grosser Erwartungshaltung an den Gig gehen, denn der Name steht nicht nur für ausgezeichnete Musik, sondern auch für lustige Unterhaltung, die manchmal fast ein wenig an „Wohnzimmer-Athmosphäre“ erinnert.
Es gibt Bands, die muss man einfach sehen, unabhängig davon ob sie Headliner oder Supporting Act sind. Um es vorneweg zu nehmen – die Band Vanderlinde aus Holland gehört nicht dazu. Muss man die denn kennen? Nun, müssen nicht, aber man kann. Für die Kennenlern-Informationen sorgten die aufgelegten Flyers die mit Wortfetzen wie „Ohrwürmer“ „melodische Opulenz“ oder „Wohlfühl Atmosphäre“ vollgepackt waren.
Zumindest der „Klammergriff-Fraktion“ schien die „Wohlfühl Atmosphäre“ auf Anhieb zu gefallen, denn kaum hatte Sänger und Bassist van der Linde die ersten harmlosen Gesangsfetzen gegen das Publikum geschleudert, haben sich die ersten Paare, leicht schunkelnd in den obligatorischen „Umarmmichmalichbinjasoromantisch-Griff“ gestürzt. Und sonst? Naja, wohlfühlen war bald vorüber und sonst war nicht viel los. Ergo – die im Flyer angepriesenen Vorzüge der Band entpuppten sich als Schall und Rauch. Irgendwie klangen Vanderlinde eher nach „38 Special“ auf Valium und wären die Pausen zwischen den einzelnen Songs nicht gewesen, so hätte man diese kaum voneinander unterscheiden können. Dafür verzichtete man konsequent auf musikalische Höhepunkte und setzte zielgerichtet auf ein eher balladesk anmutendes Konzept der niedrigen Geschwindigkeits-Darbietung.
Also nicht dass die Holländer schlecht gespielt hätten… Sie waren einfach nur langweilig.
Ein Fish-Konzert verspricht immer etwas Besonderes zu werden und man darf sich guten Gewissens auf tollen Sound freuen. Ein Blick zum Mischpult liess allerdings ein wenig Zweifel aufkommen, denn dort stand ein in die Jahre gekommener, bärtiger und adipöser Hobby-Rasta an der digitalen Konsole. Dass Äusserlichkeiten nichts bedeuten müssen, merkte man schnell nach den ersten Takten Musik, denn Rasta-Man hatte seinen Job im Griff. Der Sound war anständig laut, mit kräftigem Bass aber trotzdem angenehm klar und ausgewogen.
Ein weiterer Blick zur Bühne offenbarte wieder einmal, dass Menschen zum Altern neigen. Bester Beweis hierfür war Derek William Dick, oder auch kurz und bündig Fish genannt. Ein wenig ungläubig blickte ich auf den sichtlich gealterten Fish und dachte mir, dass er eigentlich gar nicht so viel älter ist als ich! Aber eben, lassen wir uns nicht von Äusserlichkeiten täuschen, denn auch wenn er nicht mehr zwanzig ist, so ist es immer noch eine grosse Herausforderung ihm gesanglich die Stirn zu bieten.
Dies bewies er eindrücklich am Mittwochabend im Z7, das zwar gut besucht war, aber sicher noch ein paar Zuschauer mehr hätte vertragen können. Mit „Perfume River“ und „Feast Of Consequences“ aus dem gleichnamigen neuen Album, legte Fish dann auch gleich los. Spätestens beim dritten Song „Script For A Jester‘s Tear“ aus längst vergangener Marillion-Zeit, hatte er jeden im Saal in der Tasche.
Fish ist bekannt dafür, dass er mit dem Publikum interagiert und auch im Z7 suchte er schnell den Kontakt zu seinen Fans, die sich bekannter Weise Fishheads nennen. So bat er beispielsweise das Publikum um ein Taschentuch, mit dem er zuerst gelassen seine Brille, dann Glatze und zuletzt auch Nase putze. Zur Freude aller Zuschauer, die sich nicht mehr voller Haarpracht erfreuen können, solidarisierte sich der glatzhäuptige Schotte mit den Worten „I see many shining heads, like me“ und auch meine Wenigkeit durfte sich angesprochen fühlen und irgendwie hat‘s sogar gut getan einen Verbündeten zu haben.
Fishs Ausführungen über die MTV- und VIVA-Kultur konnten treffender nicht sein und ernteten entsprechend Applaus bevor er zum Thema passenden Song „Blind To The Beautiful“ überleitete. Nach „Mr 1470“ spielte die Band mit „He Knows You Knows“ erneut einen Marillion Kracher aus „Script For A Jester Tear“, was natürlich vor allem die eingefleischten Fans entzückte.
Nachdenklich stimmte die Geschichte über Fishs Grossvater, der im 1. Weltkrieg mit Giftgas in Kontakt kam. Zum Gedenken an diesen Krieg, der übrigens 2014 sein zweifelhaftes 100 Jahr-Jubiläum feiern kann, stimmte man das Dreier-Paket „Crucifix Corner/The Gathering/Thistle Alley“ an und untermalte die Songs mit Video Einspielungen aus WW1-Filmdokumenten. Anschliessend knallten die Fische ihren Fans noch ein Medley aus 6 Songs um die Ohren und verliessen die Bühne, um wenig später als Zugabe zwei weitere Songs zu spielen, darunter wieder einer aus der Marillion-Ära.
Fish hatte keine Probleme das Schweizer Publikum zu begeistern. Die Kommunikation war verhältnismässig einfach, da er ein Gemisch aus Deutsch und Englisch sprach, er nannte dies scherzhaft Germenglisch. Vor allem aber punktete Fish, weil er als Sänger immer noch dieselbe herausragende Bühnenpräsenz hat, wie in jüngeren Jahren und musikalisch eine perfekte Show ablieferte. Wen wundert‘s, dass die Fishheads ihren Derek William Dick für eine zweite Zugabe erneut auf die Bühne holten.
Setlist:
01. Perfume River
02. Feast Of Consequences
03. Script For A Jester‘s Tear (Marillion Song)
04. Dark Star
05. All Loved Up
06. What Colour Is God?
07. Blind To The Beautiful
08. Mr 1470
09. He Knows You Know (Marillion Song)
10. Crucifix Corner
11. The Gathering
12. Thistle Alley
13. Medley (Assassing / Credo / Tongues / Assassing (Reprise) / Fugazi (End Section) / White Feather (Marillion Song))
Zugabe:
14. Freaks (Marillion Song)
15. Lucky
Zugabe 2:
16. The Company
[Quelle: setlist.fm]
Text: Daniel Baratte
Bilder: Kathrin Hirzel