Datum: 13. August 2014
Ort: Les Docks – Lausanne
Bands: Devin Townsend / Shining
Es gibt im Musik-Zirkus immer wieder schillernde und auffällige Personen. Einer der herausragendsten Gestalten ist sicher der Kanadier Devin Townsend, der auch dieses Jahr Gast in der Schweiz war – dieses Mal im Les Docks in Lausanne.
Die Welschen hat es gefreut, schliesslich werden sie nicht immer mit den besten Gigs versorgt und müssen weite Wege gehen um ihre Lieblingskünstler sehen zu können. Diesmal waren es die Deutschschweizer, die eine kleine Odyssee auf sich nehmen mussten. Aber eben, was tut man nicht alles für gute Musik.
Im Europa-Tour-Handgepäck nahm Devin Townsend die Norweger Shining mit, die ihren Musik-Stil schlicht Black Jazz nennen. Man merkte schnell, dass Shining alles andere als eine Anfänger-Band waren. Die Norweger spielten sehr präzise und das Gespielte war alles andere als einfach. Shining haben ihre Wurzeln im Jazz und traten seit 1999 vornehmlich als Jazz-Kombo auf. Vom ursprünglichen Stil ist man inzwischen ins Metal-Gefilde eingedrungen, hat aber Jazz-Elemente mit eingebracht. Das erklärte auch den Einsatz eines Tenor Saxophons was zugegebenermassen schon ein wenig exotisch wirkte. Dieses wurde im Übrigen von Gitarrist und Sänger Jørgen Munkeby gespielt.
Irgendwie hat es einen grossen Vorteil, wenn man als Sänger ein Blasinstrument spielt. Beides gleichzeitig geht irgendwie nicht und das war auch nicht so schlecht, denn eigentlich kreischte Munkeby mehr als er sang. Dafür spielte er exzessiv mit seinem Saxophon, was irgendwann auch ein wenig anfing zu nerven, denn auch wenn es sicherlich nicht einfach war, was Shining auf der Bühne ablieferten, so muss man sagen, dass Gitarren Solis mit Sax-Gekreische in Kombination mit schrillen Keyboard-Klängen irgendwann zu viel war.
Experimental-Musik darf schräg sein und wenn man aus dem (Free) Jazz kommt, so hat man ein enormes Potential um sich in dieser besonderen Form des Metals ausgiebig austoben zu können. Ein interessantes Erlebnis waren die Norweger allemal und ihr eigenwilliger Stil war nicht jedermanns Sache, aber sie vermochten dennoch das Publikum zu begeistern.
Das Gesamtwerk von Devin Townsend könnte vielfältiger nicht sein. Wer sich durch sein Schaffen durchkämpft, wird mit brachialen Riffs bis hin zur meditativer Musik konfrontiert oder findet sich plötzlich in Mitten eines Folks-Albums wieder, wie auf der neuesten Veröffentlichung „Casualties of Cool“. Townsends Musik ist nicht immer einfach zu konsumieren. Gerne erinnere ich dabei an die Strapping Young Lad Alben, die mit einer unheimlichen Wucht daherkommen und so manchen überfordern.
Gleich zu Konzertbeginn mit „Seventh Wave“ musste man feststellen, dass es mit dem Sound nicht zum Allerbesten stand. So hoffte man, dass sich die Qualität bald einpegeln würde und man den Sound-Artisten Townsend vollumfänglich geniessen kann. Nun, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und die gewünschte Verbesserung des Sounds im Les Docks, blieb weitgehend aus. Vielleicht lag es an der Venue, vielleicht aber auch am Mischer – schwer zu sagen. Devin Townsend am 26.11.2012 im Z7 war klanglich einfach perfekt. Im Les Docks war die Show genauso gut, doch der Sound eben eher suboptimal. Da half es auch nicht, dass man dafür im Gegenzug die Lautstärke kräftig Richtung Schmerzgrenze regelte. (Guess what? Den eingefleischten Fans war das mehrheitlich egal, mich eingeschlossen).
Um den Songs mehr Druck zu verleihen, wurde an exponierten Stellen ein synthetisch erzeugter tiefer Ton eingespielt. Das wäre zwar ein sicherlich interessanter Effekt gewesen, aber die Lautstärke dieses niederfrequenten Brummens war einfach zu hoch und am Rande des Erträglichen. Irgendwann reagiert der Körper auf die niedrigen Frequenzen und dies meistens nicht sehr gut.
Mit „Deadhead“ vom Album „Accelerated Evolution“ gelang eine kleine Überraschung, zumindest für die, welche Devins Auftritt am Wacken Open Air nicht mitverfolgt haben. Nach eigenen Angaben hat er diesen schon lange nicht mehr live dargeboten. Das Programm entsprach zudem weitgehend der Setlist vom Wacken Auftritt. Songs wie „Kingdom“ oder „Supercrush“ fehlten genau so wenig wie „Juular“ oder „Planet of the Apes“ oder natürlich „Grace“ vom letzten Album „Epicloud“.
Als Entertainer könnte Devin problemlos auch ohne Musik Erfolge vorweisen. Seine Witze sind überaus unterhaltsam, seine Grimassen legendär und eine Freude für alle Fotografen. Diese hatten allerdings ein wenig Pech, denn wieder einmal hat ein Lichtmischer seinen Job nicht perfekt gemacht und die Künstler mehrheitlich von hinten beleuchtet. Schade, denn Devin ist nicht nur hörenswert sondern auch sehenswert und wir hätten euch gerne mehr Bilder gezeigt. Trotz allen Improvisierens zwischen den Songs, war die Musik diszipliniert und hoch präzise. Alle Samples, und es waren nicht wenige, passten auf den Punkt und auch die Video Einspielung bei „Juular“ war Frame genau mit der Musik.
Devin Townsend ist durch und durch ein Profi. Das merkte man spätestens dann, als sein In Ear Monitoring versagte und es während des Singens, von seinem Guitar-Tech wieder in Ordnung gebracht wurde. Vor allem aber sind es seine Fähigkeiten als Musiker, die ihn von anderen abheben. Es gibt wohl nicht allzu viele hochkarätige Gitarristen, die zudem so gut singen können wie ein Devin Townsend. Das bemerkte seinerzeit auch Steve Vai, der auf seinem Album „Sex and Religion“ aus dem Jahre 1993, den damals 21-Jährigen Devin als Sänger engagierte.
Auch immer wieder schön zu sehen, dass Devin sich nach dem Konzert viel Zeit nimmt, um sich bei den Fans in der ersten Reihe persönlich zu bedanken. Er schüttelte fleissig Hände, während die Mitmusiker Dave Young, Ryan Van Poederooyen und Brian Waddell schon hinter der Bühne weilten. Devin weiss genau, dass die Menschen vor der Bühne nicht nur Fans, sondern auch seine wichtigsten Kunden sind. Umso mehr überraschte es, dass der Merch-Stand so spärlich ausfiel.
Fazit: Devin Townsend Project zu sehen gehört gewissermassen zur Konzert-Grundausbildung. Townsend ist kontrovers, brutal, witzig, aber vor allem ist er ein Garant für unbändige Power, die sich von der Bühne auf das Publikum überträgt. Ist er eine Anfahrt von über 200 km wert? Aber sicher und ich bin schon wesentlich weiter gereist, um dieses musikalische Genie zu sehen.
Setlist:
01. Seventh Wave
02. War
03. Regulator
04. By Your Command
05. Deadhead
06. Planet of the Apes
07. Numbered!
08. Supercrush!
09. Kingdom
10. Juular
11. Grace
Zugabe:
12. Bad Devil
[Quelle: Bühnen-Setlist]
Text: Daniel Baratte
Bilder: Liane Paasila