8. Februar 2017
Z7 – Pratteln
Bands: Devin Townsend Project / Between The Buried And Me / Leprous
Der Abend konnte nicht besser beginnen. Ich war nicht die einzige im Publikum, die sich so dermassen mal wieder auf einen Event gefreut hat, wie schon lange nicht mehr. Die Zusammensetzung des Line-Ups versprach eine frische, mitreissende und technisch anspruchsvolle, nennen wir es Art-Metal-Show. Ich war überzeugt, der Abend wird mich aus dem durch Dream Theater (Auftritt 5 Tage zuvor in der Samsung Hall, Dübendorf) verursachten Winterschlaf, endlich wieder ins Leben zurück rufen. Aufgewärmt wurde das Publikum schon mal durch eine Episode von Ziltoid Radio…
Leprous – Coitus interruptus
Für manch einen sind Vor-Bands ein lästiges Übel, doch wer an diesem Abend auf Leprous verzichtet hat, dem ist ein dicker Fisch von der Angel gesprungen. Leprous gehören für mich zu den besten Live-Acts in diesem Genre. Besonders mit ihrem letzten Release „The Congretation“ haben sie bewiesen, dass sie im mittlerweile hart umkämpften Prog-Universum ganz Grosses schaffen können. Ach was liebe ich diesen Augenblick, wenn der Körper von Kopf bis Fuss vibriert, die Schnappatmung einsetzt und eine Armee von Ameisen im Körper Fangen spielen. Die Norweger spielen ihre facettenreiche Musik mit voller Leidenschaft, welche sich bis jetzt bei jedem ihrer Konzerte voll und ganz auf mich übertragen hat. Grossartig auch, dass sie fast nur Songs vom letzten Album spielten. „Rewind“, der Song der sich zum Schluss hin zu einem Mount Everest aufbaut und musikalisch wie gesanglich an Brutalität häppchenweise zunimmt, war bei den letzten Konzerten immer mein persönliches Highlight gewesen. Warum nur um Himmels Willen haben sie den Song dieses Mal so vermurkst? Einfach gekürzt? Coitus Interruptus sagt man dazu auf Lateinisch. Sonst, wie immer ein absoluter Hörgenuss.
Between The Buried And Me – Polka auf Acid
Gnadenlos und ohne Rücksicht wurden hier gesanglich wie musikalisch Stile durcheinander gewürfelt, dass einem schwindelig wurde. Das führte bei diesem fordernden Support Act dazu, dass der Auftritt stellenweise sehr anstrengend klang, jedoch fand ich Between The Buried And Me dieses Mal mit jedem weiteren Ton auch immer spannender. Hätte man mich 2016 im Zuge des „Be Prog My Friend!“- Festivals in Barcelona zur Band befragt, wäre meine Meinung noch anders ausgefallen. „Polka auf Acid“ kam mir stellenweise in den Sinn. Einfach die gebrüllten Passagen in einem reduzierten Mass hätten für meinen Geschmack den Auftritt erträglicher gemacht.
Devin Townsend Project – Knaller ausser Konkurrenz
Witzig spritzig wie immer: Devin Townsend ist bekannt für seine wortgewandten Zwischenbemerkungen, die immer wieder seine Auftritte untermalen und das Publikum zum Lachen bringen. Auch sonst ist Townsend und seine Mitmusiker eine sichere Bank was Live-Auftritte angeht. Der Kanadier gehört für mich zu den innovativsten Persönlichkeiten in der heutigen Musikwelt und seine Kreativität scheint ungebremst in ihm zu brodeln. Privat eher schüchtern und introvertiert, wird er auf der Bühne fast schon zu einem anderen Menschen. Für mich schafft es Townsend wie kein anderer mit seiner Musik und durch seine reine Präsenz, den ganzen Raum so einzunehmen, dass kein zusätzlicher Firlefanz auf der Bühne nötig ist. Auch hier war die Song-Auswahl fantastisch. Sei es „Stormbending“, „Failure“ und „Higher“ vom aktuellen Album „Transcendence“ oder „Kingdom“ aus „Epicloud. „Ih-Ah“ aus „Addicted“ gab es als Akustik-Version. Ebenfalls durfte „Supercrash“ nicht fehlen. Hoffen wir, dass Devin Townsend niemals müde wird.
Fazit: Die Auftritte aller drei Bands dürfen ohne Zweifel als gelungen gewertet werden. Zweifel, ob man nicht doch lieber an dem Abend ins Kiff in Aarau zu „Fates Warning“ hätte gehen sollen, kamen plötzlich gar nicht mehr auf. Das Konzert im Z7 darf gerne als Vorgeschmack auf das diesjährige „Be Prog My Friend“- Festival in Barcelona angenommen werden, bei dem Leprous und auch Devin Townsend anwesend sein werden. Townsend wird dort das 1997 erschienene Album „Ocean Machine: Biotech“ aufführen.
Text: Liane Paasila
Bilder: Kathrin Hirzel