Verein: artlink, das Büro für Kulturkooperation
Rubrik: Der Andere Literaturklub
Ach was haben wir Zeit – jetzt da alles still steht. Wochenenden lang im Bett liegen Musik hören, noch mehr Musik hören, nicht mehr aufhören Musik zu hören, dazwischen den einen oder anderen Film streamen und das gedruckte Wort – vergesst bloss das gedruckte Wort nicht! Kulinarische Abwechslung für die Synapsen.
Ich habe es ja immer gewusst, dass mir meine Hamsterkäufe eines Tages zugutekommen werden. All die Belächelungen, mit dem Finger auf mich zeigen und Spotten rächen sich jetzt. Haha, lache ich allen ins Gesicht! Ein guter Grundvorrat an Literatur ist das Wichtigste, ich kann es einfach nicht genug predigen. Endlich kann ich meinen Finger mahnend erheben. Denn da liegen sie nun – gottseidank zu Hauf. Massenhaft ungelesene Spontankäufe, Wühltischfunde und bis dato, von meinen Kritikern angedachte reine Lustkäufe auf meiner to-read Liste, welche ich nun einen nach dem anderen gebührend feierlich verschlingen kann (zugegeben, erst nachdem ich die zentimeterdicke Staubschicht hinfort puste).
Angst, zu schnell ausgelesen zu sein, brauche ich wohl nicht zu haben und sollte es dennoch wider Erwarten zu einer Durststrecke und Leselücke kommen, kann ich hoffentlich auf den anderen Literaturklub zählen. Vier Mal jährlich erhalte ich frische und erfrischende Literatur aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa. Literatur die eher selten den Weg in die vordersten Regale unserer Buchläden findet. Ein wunderbares Abonnement, dass mir für einen knappen blauen Lappen im Jahr nicht nur literarische Schmackerl aus Übersee serviert, sondern quartalsweise eine kindergärtnerische Vorfreude vor dem Briefkasten, hüpfend gespannt ob den heute auch Post für mich da ist.
Herausgegeben wir der andere Literaturklub von artlink, dem Büro für Kulturkooperation, der schweizerischen Fachstelle für Kunst und Kultur aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa. Im Bereich Literatur präsentieren die Literaturexpert*innen des Klubs auserlesene Bücher aus dieser Fremde, auf Deutsch übersetzt, sorgfältig ausgewählt. Dieses Jahr beispielsweise schon erhalten, aus dem Irak von Ahmed Saadawi, Frankenstein in Bagdad. Es folgen aus Südkorea Der Riss von Hye-Young Pyun oder direkt von der Karibikinsel Kuba Die Kathedrale der Schwarzen von Marcial Gala und zu guter Letzt Nehmen Sie den Weg nach Süden, eine Anthologie bedeutender afrikanischer Autor*innen, deren literarische Werke seit 1980 in der deutschen Sprache erschienen sind.
Es gibt viele gute Gründe für ein Abo des anderen Literaturklubs, ein Geschenk für andere ist nur einer davon oder eben für den Eigengebrauch. Man weiss ja nie, was alles noch auf uns zukommt und wann wir wieder einmal froh sind über unsere verstaubte Noch-zu-lesen-Ecke. Sicher ist sicher. Darum denkt daran und deckt euch ein meine Lieben. Mit Papier – dem beschriebenen mit Geschichten getragenen meine ich, nicht dem aufgerollten für den Toilettenspender. Dieser Hamsterkauf bleibt ein Rätsel, welches literarisch wohl nie aufgearbeitet wird. Obwohl, lustig ist es ja schon, zu sehen, wie Hakle und Tempo, die neuen Guccis und Louis Vuittons der Gesellschaft, aktuell mit reinem Stolz durch die Strassen flaniert werden.
Text: Sebastian Leiggener