30. Oktober 2018
Samsung Hall – Dübendorf
Bands: Bullet For My Valentine / Of Mice & Men / Nothing More / Shvpes
Harte Klänge mit etwas Pop. Bullet For My Valentine präsentierte ihr neustes Werk „Gravity“ dem Schweizer Publikum. Im Vergleich zu früheren Werken, wie „Poison“ oder „Scream Aim Fire“ verfügt das neuste Werk, genau wie sein Vorgänger „Venom“, über sehr poppige Elemente. Unterstützung erhielten die vier Musiker aus Wales von den Bands Of Mice & Men und Nothing More.
Nothing More
Das Quartett aus Texas mit dem Sänger mit den lockigen Haaren legte gleich ordentlich los. Dass die Samsung Hall zum Zeitpunkt ihres Auftritts nur zur Hälfte besetzt war, schien die Alternative-Metal Band nicht zu kümmern – im Gegenteil. Energetisch lieferten sie eine kompromisslose Live performance ab, so gewaltig, als ob sie sich gerade vor 60’000 Menschen an einem sommerlichen Festival beweisen müssten. Apropos sommerlich – Obwohl der Herbst vor den Eingangstoren der Samsung Hall bereits seinen kühlen Wind durch die Blätter säuselte, hatte Sänger Jonny Hawkins offensichtlich heiss. Mit nacktem Oberkörper stolzierte er, vor allem zur Freude der weiblichen Zuschauern, über die Bühne. Und die meldeten sich immer wieder mit lautem Gekreische zu Wort. Doch Jonny überzeugte nicht primär durch seine optische Erscheinung, vielmehr ist es die beeindruckende Vielseitigkeit seiner Stimme, die das Publikum anheizte. Von aggressiven Screams bis hin zu einer enorm hohen Sopranstimme, der charismatische Frontmann hat so einiges im Petto!
Nothing More waren mit ihren Songs schon einige Male für einen Grammy nominiert. Mit “Go To War“ sogar gleich zweimal, wie Jonny stolz ankündigt bevor sie ihn zum Besten geben.
Als krönender Abschluss ihres Sets spielten die Texaner ein Cover des bekannten Dubstep Musiker Skrillex. Plötzlich klettert der oben-ohne-Texaner mit den Locken auf ein abstraktes Gerüst aus Trommeln. Oben angekommen demonstrierte er dem Publikum wie er durch Betätigung diverser Hebel und Knöpfe die Effekte von Gitarrist Mark Vollelunga steuern kann. Durch einen perfekt getimten Ablauf zwischen der rhythmischen Spielweise von Gitarre und wildem herumhantieren an den Hebeln durch den Sänger auf seinem virtuosen Gerüst, wurde der Song ”First of the Year“ in einer eindrucksvollen Liveversion wiedergegeben.
Of Mice & Men
Metalcore vom Feinsten. Das ist eine Spezialität der amerikanischen Metalband, deren Namen aus einem gleichnamigen Roman abgekupfert ist. Heftige Gitarrenriffs, treibendes Schlagzeug und wummernde Bässe dröhnten durch die Samsung Hall und sorgten dafür, dass kein Kopf unbewegt blieb. Of Mice & Men ist ein Gesamtpaket aus brachialer, treibender Genialität.“Hello Zurich! It’s great to be back!”, begrüsste Sänger und Bassist Aaron Pauley das tobende Publikum.
Songs, wie “Warzone”, “Defy” oder “Instincts” von der aktuellen Scheibe “Defy” brachte die Samsung Hall zum beben. Besonders beeindruckend war, wie Aaron Pauley zwischen klaren Gesangsmelodien und heftigen Scream parts völlig mühelos hin und her switchte als wäre es für ihn eine Leichtigkeit. Allgemein bemerkte man, dass Of Mice & Men ein perfekt eingespieltes Team sind. Die Interaktionen zwischen den einzelnen Bandmitgliedern und dem Publikum wirkten sehr natürlich, routiniert und ehrlich. In der kurzen Zeit, in der die Band aus Südkalifornien die Bühne beherrschte, gelang es ihnen das Publikum in ihren Bann zu ziehen und sorgten dadurch für eine optimale Stimmung vor dem Hauptgang. Of Mice & Men ist eine Band, der ich an diesem Abend mit dem grössten Vergnügen noch etwas länger gelauscht hätte.
Bullet For my Valentine
Ein weisser Vorhang verdeckte den Blick auf die Bühne. Ruhige Klänge waren über über die Monitorboxen zu hören und mit der Spannung stieg auch die Vorfreude auf die letzte Band des Abends immer weiter an. Die Konzertbesucher, welche zuvor noch in Gespräche verwickelt waren, richteten nun ihre Blicke gebannt auf den weissen Vorhang. Etwas irritierend war nur das Muster, welches auf den Vorhang projiziert wurde. Blaue Kreise, die sich von einer Ecke in die andere bewegten erinnerten stark an den Bildschirmschoner eines Windows Betriebssystems aus den 90er Jahren. Plötzlich erhellten Blitzlichter den weissen Vorhang zu den Rhythmen des Songs ‘Leap of Faith’ aus dem neuen Album “Gravity”. Dies sorgte dafür, dass auf der weissen Oberfläche die Silhouetten der Bandmitgliedern zu erkennen waren. Der Vorhang fällt und die Jungs aus Wales sind bereits vollkommen in ihrem Element. Für Verwirrung sorgte jedoch, dass sich Matt Tuck, der sich auf der Bühne als einziger ganz nach vorne positioniert hatte, mit dem Kopf wippend von den Klängen tragen lässt, obwohl eindeutig Gesang zu hören war. Erst bei genauerer Betrachtung fiel auf, dass der Gesang von Jamie Mathias stammt. Dies war einer von vielen Momenten die bewiesen hat, dass sich Jamie, welcher seit 2015 für Bullet For My Valentine in die Bass-Saiten prescht und ins Mikro brüllt, mittlerweile hervorragend in die Band integriert hat.
Neu dabei auf dieser Tour ist auch Schlagzeuger Jason Bowld, der den Platz von Michael Thomas (Moose) hinter der Trommel Küche übernommen hat. Dass Jason ein ehrwürdiger Nachfolger ist, bewies er unter anderem in einem 10-15 minütigem Drumsol, indem er unter dem Getöse der Konzertbesucher demonstrierte, was man aus so einem Schlagzeug alles rausprügeln kann, wenn man sein Handwerk versteht.
Das Werk “Gravity“ war an diesem Abendrr mit den Songs “Over It“, “Letting You Go“, “Don’t Need You”, “Piece of Me” und “Not Dead Yet“ sehr stark vertreten. Letzteren kündigte Sänger Matt Tuck mit den Worten “Diesen Song habe ich für alle Bullet For My Valentine Fans da draussen geschrieben. Kauft es, hört es euch an und verbreitet es in der ganzen Welt!” an. Dies wirkte beinahe wie ein Hilfeschrei, als würde es die Band belasten, dass viele ihrer alten Fans die neuen poppigen Einflüsse auf dem Album, und seinem Vorgänger “Venom”, nicht wirklich begrüssen. Doch auch die BFMV-Fans der ersten Stunde kamen mit Songs, wie “Your Betrayal”, “4 Words (To Choke Upon)”, “Scream Aim Fire”, “Suffocating Under Words of Sorrow (What Can I Do)”, “Tears Don’t Fall” und “Waking the Demon” auf ihre Kosten. Souverän gelang es den Musikern den Spagat zwischen neuen und alten Songs so zu meistern, dass der Spannungsbogen immer erhalten blieb.
Text: Patrick Bottarella
Bilder: Berend Stettler