Letzigrund – Zürich
Dienstag, 13. Juni 2023
Text: Torsten Sarfert / Bilder: Christian Wölbitsch
Ein perfekter Sommertag in Zürich. Glückliche Menschen überall. Nein, es handelt sich nicht um die Eröffnung des Schweizer Ablegers von Disneyland. Aber fast, denn der Boss ist in town und mit ihm seine E-Street Band. Nicht mehr in Originalbesetzung natürlich, aber kraftvoll wie eh und je und hochgepowert mit einer dicken Brass-Section. Als ob das noch nötig wäre. Aber hey: Zwei Kugeln Eis sind ja auch besser als eine, oder?
Eigentlich wollte ich in diesem Zusammenhang etwas von Ticketpreisen und der zunehmenden und kulturgefährdenden Marktmacht von Eventim, Ticketmaster und Konsorten mit einfliessen lassen. Aber ich habe zum wiederholten Male die Zukunft (plus Gegenwart und Vergangenheit) des Rock’n’Roll gesehen und die heisst immer noch Bruce Springsteen & The E-Street Band. Das bedeutet, dass für mehr als 10’000 glückselige Sekunden furios alles Negative aus den Systemen der 48’000 Zuschauer:innen, inklusive dem Schreiber dieser Zeilen, gefegt wurde. Dabei setzt die bestens gelaunte Truppe nach wie vor weder auf peinliche Posen, noch auf Pyrotechnik oder gar Peniskanonen. Vielmehr stehen da eineinhalb Dutzend leicht in die Jahre gekommene Musiker:innen, mehrheitlich in Jeans und Sneakers auf der Bühne, die nichts mehr beweisen müssen, aber einen Riesenspass zusammen zu haben scheinen (und auch schon mal ein paar Grimassen in die Stadion Kamera schneiden). Diese Energie, Wucht und Spielfreude von Bruce & Band, gepaart mit sentimentalen Erinnerungen der Fans, ist nur schwer in Worte zu fassen, erklärt aber den ungebrochenen Hype um Bruce Springsteen & The E-Street Band live.
Pünktlich um 19.15 Uhr heisst es zum ersten Mal „One -Two -Three – Four“ und die Welt ist eine andere. Eine gute, eine harmonische und trotz hartem Alltag und allen sonstigen Widrigkeiten, immer versöhnlich und wunderschön. „My Love Will Not Let You Down“, No Surrender“, „Prove It All Night“. Arme werden gen Himmel gereckt, Menschen liegen sich in denselben, es fliessen Bier und Tränen, Schilder mit Songwünschen („I’m puzzled. Why’s here so many requests for „My Hometown“?“) werden in Richtung Bühne gehalten – und erfüllt! Bruce wird ein 10 Jahre altes Foto von sich und einer Zuschauerin zugespielt. Er schaut es sich an und findet publikumswirksame, berührende Worte. Das ist genau die Kommunikation, die ein Konzert zu mehr macht, als einer blossen Darbietung von Songs. Es gab zwar schon längere Publikumsansprachen von Bruce, aber sie sind immer echt, spontan und treffen mitten ins Herz. So wie z.B. die Geschichte hinter „Last Man Standing“, in der Bruce beschreibt wie es ist, der letzte Überlebende seiner ersten Band zu sein. Grosse, echte Gefühle von einem der grössten Storyteller der Musikgeschichte, denen sich niemand entziehen kann und will. Offensichtlich nicht mal der Boss selbst. Nach dem retrospektiven Grande Finale mit „10th Avenue Freeze-Out“ und drei Stunden purer musikalischer Magie, kommt er für eine letzte Solo Akustik-Zugabe von „I’ll See You in My Dreams“ auf die Bühne und erdet damit das Publikum für die Heimreise in die reale Welt.
Danke Boss! Ich wäre trotzdem gerne noch länger geblieben.
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
- My Love Will Not Let You Down
- No Surrender
- Ghosts
- Prove It All Night
- Letter To You
- The Promised Land
- Out In The Street
- Working On The Highway
- Darlington County
- Kitty’s Back
- Nightshift (Commodores cover)
- Mary’s Place
- My Hometown (Tour debut, sign request)
- Last Man Standing (Acoustic with Barry Danielian on trumpet)
- Backstreets
- Because The Night (Patti Smith Group cover)
- She’s The One
- Wrecking Ball
- The Rising
- Badlands
- Thunder Road
Encore:
- Born In The U.S.A.
- Born To Run
- Bobby Jean
- Glory Days
- Dancing In The Dark (Followed by band introductions)
- Tenth Avenue Freeze-Out (Pictures of Danny Federici… more)
- I’ll See You In My Dreams (Solo Acoustic)