19. November 2011
Z7 – Pratteln
Bands: Blue October / Featherlike
Knapp 200 Nasen pilgern am kalten Novemberabend nach Pratteln. Das Z7 sieht leer aus. Nichtsdestotrotz strahlt die Halle den puren Rock’n’Roll aus. Hier spielten schon ganz Grosse. Solche, die heute verblast sind und trotzdem immer wieder kommen. Solche, die den Venue füllen und ihm den Schweiss in die Adern treiben und solche, die erst noch richtig entdeckt werden müssen. Zur letzten Gruppe gehören Blue October.
Die Texaner haben einen lokalen Support gewünscht und bekommen. Weisse Hemden, schwarze Hosen und ein Lockenkopf. So der erste Eindruck von der Basler Band Featherlike. Die vier Musiker sind ein eingespieltes Team und rocken die Bühne. Die leicht rauchige und doch eher hohe Stimme von Sänger Chris Weber ist eigen und erinnert an Rockstimmen aus den 80ern.
Endlich ist es soweit. Die Bühne ist in Dunkelheit gehüllt. Das Intro ertönt, die fünf Bandmitglieder plazieren sich auf der Bühne. „It’s all about steem, It’s all about dreams“- Justin Furstenfeld eröffnet mit dem Song „Say It“ vom fünften Studioalbum „Approaching Normal“. Zugenommen hat der Leadsänger, aufgedunsen wirkt er und in seiner eigenen Welt verhaftet. All dies tut seiner ungeheuerlich eindringlichen und emotionalen Stimme aber keinen Abbruch. Jeder Ton sitzt perfekt, jedes Wort kommt aus Justin Furstenfelds tiefstem Inneren.
Im Takt der Musik baumeln am Hals des Sängers ein glitzerndes Strasskreuz und eine US-Army Namensplakette. Das Doppel der Namensplakette fehlt. Ob dies eine tiefere Bedeutung hat weiss nur Furstenfeld selber. Aus tiefster Seele setzt er zu „Into the ocean“ von der 2006 erschienen Scheibe „Foiled“ an. Sprechgesang vom Feinsten.
Die erste Geige auf der Bühne spielt Gründungsmitglied Ryan Delahoussaye. Er ist für die berührenden E-Geigenklänge, die Mandoline, das Piano und die spielerischen Backing Vocals verantwortlich. Er ist gemeinsam mit dem Sänger das Fundament von Blue October. Der kleine tätowierte Musiker ist ein Energiebündel und strahlt mit seinen blonden Haaren und der machohaften Sonnenbrille echte Punkattitüden aus.
Inbrünstig führt uns Blue October durch Justin Furstenfelds Leben, durch seine Lieben und seine Leiden. Denn seine Songs sind seine Therapie. Egal, ob es sich um den Radiohit „Jump Rope“ oder „Should Be Loved“ von „Approaching Normal“, die neuen Tracks „The Feel Again (Stay)“, „Drama Everything“ und „Any Man in America“ vom neusten Album „Any Man In America“ oder den unglaublich starken Song „Hate Me“ (Foiled) handelt. In jedem Moment durchlebt der Sänger seine Geschichten wieder. Man sieht es an seinem Ausdruck, seinen Augen, seiner Körperhaltung.
Das Publikum ist hin und weg. Den Blick zur Bühne gerichtet und Justin an den Lippen hängend. Niemand spricht, alle sind voll und ganz im Banne dieser fantastischen Rockband. Applaus und Jubel nach jeder Nummer. Selten findet man bei einem Konzert ein so präsentes Publikum. Ein Konzert, das durch Mark und Knochen fährt.
Nach 14 Songs verabschieden sich Blue October, um kurz darauf für eine Zugabe zurückzukommen. „Thanks a lot. We sing another lucky song“, sagt der Sänger. „We’ve got two of them.“ Das Publikum lacht im Wissen, dass dies kein Witz ist und geniesst den Konzertabschluss. Alle klatschen mit und zum ersten Mal lächelt auch der Sänger. Ja, er wird wieder in die Schweiz kommen. Und ja, jeder im Raum wird wohl wieder im Publikum stehen und seine Freunde mitnehmen.
Text: Nicole Göbel