11. März 2020
Hafenkneipe – Zürich
Bands: Bad Cop/Bad Cop / MakeWar
Allen Absagen und Schwierigkeiten zum Trotz, konnte das Konzert der grossartigen Bad Cop/Bad Cop aus Kalifornien in letzter Minute durchgeführt werden. Ursprünglich im Dynamo angesetzt, konnten die vier Punkerinnen dank der unermüdlichen Arbeit von der Singalong Agency, Destiny Tourbooking und dem Team der Hafenkneipe in eben diesem kleinen, aber sehr feinen Zürcher Lokal auftreten. Im Vorfeld hatten Bad Cop/Bad Cop für jedes Konzert ihrer Tour nach lokalen Support-Acts gesucht, heute wären dies die sympathischen Meseeks aus Brig gewesen, auf Grund der kleineren Venue und verkürzten Spielzeit musste ihr Auftritt leider aber weggelassen werden.
So ging die Sause mit den drei charismatischen Herren von MakeWar los. Wie man sich eine Punkband mit Mitgliedern aus Venezuela, Kolumbien und Florida vorstellt, gingen sie ab wie Schmidts Katze. Musikalisch hätten sich Bad Cop/Bad Cop wohl kaum eine besser passende Band aussuchen können. Fest in der Welt von Fat Wreck Records zu Hause, spielen MakeWar schnellen, harten und sehr melodiösen Punkrock mit gelegentlichen Hardcore- und Latino-Einflüssen. Die Leute in der saunaartigen Hafenkneipe waren wie so oft etwas verhalten, aber Bewegung kam mit diesem Soundtrack schnell auf. Sänger und Gitarrist Jose, Bassist Edwin und Schlagzeuger Greg waren bestens aufgelegt und Songs wie „Matador Pool Party“, „No Excuses“ and „Tiger Lili“ wurden rasant und gekonnt zum Besten gegeben, so dass bald auch schon die ersten Crowdsurfer auftauchten.
Jose fragte uns, ob jemand von uns Spanisch spricht, was mit kollektivem Schweigen verneint wurde. Lachend meinte er, dass das nächste Lied „No Más“ dann wohl besonders viel Spass machen würde. Bassist Edwin übernahm den Lead-Gesang in seiner Muttersprache und es zeigte sich einmal mehr, dass Punkrock keine (Sprach-)Grenzen kennt. Jose merkte irgendwann, dass er seine Gitarre für das nächste Lied mal wieder stimmen müsste, was viel länger als erwartet dauerte, sehr zum Spott seiner Mitmusiker. Als er dann den Einsatz zum nächsten Lied komplett verhaute, konnten sie sich gar nicht mehr halten. Sehr amüsant und bald war man am Ende des energetischen Sets angelangt. Mit dem Südamerikanisch angehauchten Übersong „Sallie“ war Schluss. Besser hätte uns nicht eingeheizt werden können, MakeWar überzeugten auf ganzer Linie als überaus sympathische, talentierte und schlicht grossartige Band, auf die ich mich jetzt schon für ein nächstes Mal freue.
Nach kurzem Umbau war es endlich so weit: Die vier Damen von Bad Cop/Bad Cop betraten die Bühne, gönnten sich mit dem Rücken zum Publikum gedreht einen ausgefeilten Vierer-Handschlag und starteten mit „Retrograde“. Die Band gab Vollgas, Sängerin/Gitarristin Stacey Dee stand zwar etwas weit vom Rest der Band weg, doch sie überzeugte umso mehr mit ihrer rauen, aggressiven Stimme. Die Begrüssung übernahm dann die zweite Sängerin/Gitarristin im Bunde, Jennie Cotterill, die sich ausschweifend dafür bedankte, dass das Konzert stattfinden konnte und, dass trotz allem so viele Leute da waren. „Why Change A Thing“ und vor allem das darauffolgende „I’m Done“ mit Bassistin Linh Le am Gesang, eines der besten Bad Cop/Bad Cop Stücke überhaupt, waren allen gleichgeschlechtlichen Paaren, nicht-binären Menschen und der Feminismus-Bewegung gewidmet, was riesigen Jubel auslöste. Die Stimmung in der Hafenkneipe war ausgelassen, der Pogo wurde von der Bühne bis zur Bar getanzt und immer wieder liessen sich Menschen über die Köpfe der Menge tragen.
Jennie merkte nach „Broken“ an, dass ihr ein Scheinwerfer die ganze Zeit über schon direkt ins Gesicht zündete. Sie fragte darum, ob der oder die nächste Crowdsurfer*in diesen nicht bitte etwas richten könne. Natürlich musste sie nicht mal bis zum nächsten Lied warten, denn schon war einer auf den Schultern von jemand anderem und dem Problem wurde Abhilfe geschafft. Dann war es endlich an der Zeit, worauf ich schon den ganzen Abend am meisten gespannt war: neue Songs! Bad Cop/Bad Cop kündeten an, dass im Sommer ihr nächstes Album veröffentlicht wird und sie nun gerne ein paar Stücke davon spielen würden. Als erstes kam „Certain Kind Of Monster“, in welchem Linh, deren Familie in den USA Migranten der ersten Generation aus Vietnam sind, den Lead-Gesang übernahm. Darauf kündete Stacey den Song „Breastless“ an. Sie selbst erkrankte vor nicht all zu langer Zeit an Brustkrebs, glücklicherweise verlief aber alles gut und Stacey meinte lachend, dass beide noch da seien. Beide neuen Songs stellten sich als Hits heraus, schnell, punkig und eingängig, wie nur Bad Cop/Bad Cop es schaffen. Man konnte spätestens beim zweiten Refrain mitsingen. Wirklich genial, meine Vorfreude auf das neue Album stieg ins unermessliche. Damit nicht genug, gab es mit „Simple Girl“ und „Prepetual Motion Machine“ gleich noch zwei weitere, fantastische Songs und wir wurden regelrecht mit neuer Musik überschüttet.
Aber auch die alten Songs fehlten nicht. Zu Beginn von „Amputations“ forderte uns Drummerin Myra Gallarza mittels einem Queen-artigen Intro zum Mitklatschen auf, die feministische Hymne „Warriors“ wiederum war an Harvey Weinstein gerichtet. Dieser wurde vor kurzem endlich zu einer einigermassen angemessenen Strafe verurteilt, auch wenn die 23 Jahre Gefängnis der Meinung der Band nach bei weitem nicht genug seien, „that piece of s**t should have gotten a 100 years.“ Und es wäre kein Bad Cop/Bad Cop Konzert ohne die genialen Songs „Victoria“ und „Womanarchist“, welche wirklich von jeder Person im Raum abgefeiert wurden. Aber weil in der Hafenkneipe strikte um 22:00 Uhr Schluss sein muss kam nun das Ende. Mit „Wild Me“ und dem wundervollen „Sugarcane“ war fertig. Ich könnte mir kaum ein besseres letztes Konzert vorstellen, bei all den Absagen im Moment scheint es, dass es eine Weile dauern wird, bis wir wieder in den Genuss von Livemusik kommen werden. Bad Cop/Bad Cop zeigten einmal mehr, weshalb sie zu den Allerbesten gehören. Die Leidenschaft, Intensität und Aufrichtigkeit der vier Kalifornierinnen ist unvergleichlich, die neuen Songs sind fantastisch und das Konzert war von der ersten bis zur letzten Minute an perfekt. Ein grosses Danke nochmals an das Team der Hafenkneipe, an Singalong und Destiny, die das alles sämtlichen Widrigkeiten zum Trotz möglich gemacht haben, und natürlich an MakeWar und Bad Cop/Bad Cop für die wundervolle Musik.
Setlist [Quelle: Bands]
MakeWar
1. Matador Pool Party
2. DTFH
3. My Bones
4. No Excuses
5. Tiger Lili
6. No Mas
7. American Futbol
8. Oh, Brother
9. Ode
10. Sallie
Bad Cop/Bad Cop
1. Retrograde
2. Why Change A Thing
3. I’m Done
4. Nightmare
5. Broken
6. Certain Kind Of Monster
7. Breastless
8. Amputations
9. Warriors
10. Simple Girl
11. Prepetual Motion Machine
12. Victoria
13. Cheers
14. Womanarchist
15. Wild Me
16. Sugarcane
Text: David Spring