6. Februar 2019
Dynamo – Zürich
Bands: Avatar / The Mahones / Dylan Walshe
Die Freaks aus Schweden sind zurück! Knapp ein Jahr ist es her, seit Avatar die Schweiz beehrten. Nun sind die fünf Göteborger wieder da – mit einer ebenso kreativen wie aussergewöhnlichen Metal-Show.
Wer jedoch mit einem Abend ganz im Zeichen des Metals rechnete, der lag falsch: Anstelle von fetten Gitarrenriffs und treibenden Schlagzeugrhythmen eröffnete der Irish-Singer-Songwriter Dylan Walshe die Show. Kaum nahm der rotbärtige Mann aus Nashville, Tennessee, auf seinem bescheidenen Stuhl platz, verlieh er dem Saal eine lockere, gemütliche Atmosphäre. Vor allem seine gefühlvolle und dennoch raue Stimme (mit einem unüberhörbaren Irischen Akzent) verlieh der Musik das gewisse Extra. Mit einem Mix aus zarten Gitarrenspielen, Blues-Rock-Elementen und eingängigen Mundharmonika-Melodien – er spielte alle Instrumente selber – liess der Ire selbst hartgesottene Metalheads ein wenig weicher werden. Dylan Walshe – ein talentierter Musiker, der auch ohne Band für Stimmung sorgt – auch wenn diese an jenem Abend in Zürich eher der ruhigeren Klasse zugeordnet werden konnte.
Mit Beginn des zweiten Acts war diese innere Ruhe und Gelassenheit des Publikums jedoch schneller verflogen, als man „Guinness“ sagen kann. The Mahones aus der kanadischen Stadt Kingston betraten die Bühne und hauten sogleich mächtig auf den Putz. Mit ihren treibenden Irish-Folk-Punk-Klängen und der Whiskey-Stimme von Sänger Finny McConnell, brachte das Quartett die Stimmung im Saal innert weniger Minuten zum brodeln. Die 1990 gegründete Band erinnerte stark an einen Mix aus Flogging Molly und den Dropkick Murphys. Sympathisch, wie Fronter Finny immer wieder den Draht zum Publikum suchte, und ihm dabei die eine oder andere Geschichte erzählte. Es wurde getanzt, gefeiert und während man so den Irischen Punk-Klängen zuhörte, vergass man beinahe, dass man ja eigentlich auf den grossen Auftritt einer schwedischen Metalband wartete.
Und dann stand diese auch schon in den Startlöchern – nicht ohne den Zuschauern zuvor die Umbauphase mit ihrem eigens konzipierten Staatsradio unterhaltend verkürzt zu haben. Bitte was? Wer Avatar zuvor noch nicht kannte, dem sei kurz erklärt, dass die Band mit ihrem neuesten Werk „Avatar Country“ ein unglaublich kreatives Konzeptalbum veröffentlichte und dazu gleich einen eigenen, fiktiven Staat erschaffen haben – König inklusive! Episch wie immer betraten Schlagzeuger John Alfredsson, Bassist Henrik Sandelin, Gitarrist Tim Öhrström und Sänger Johannes Eckerström die Bühne und wurden von ihren Anhängern mit einem tosenden Applaus und gestreckten Teufelshörnern begrüsst. Doch die grösste Anerkennung des Publikums galt ohne Zweifel dem König und Gitarristen Jonas „Kungen“ Jarlsby persönlich, der mit goldener Krone und rotem Umhang vor sein Volk trat.
Den Anfang der Show machte der Song „A Statue of the King“, der mit immenser Energie ins Publikum geschleudert wurde.
Charakteristisch für Avatar sind vor allem auch die regelmässigen Ansprachen von Sänger Johannes, dessen Gesicht gewohnt als unheimliche Clownfratze geschminkt war. „Wir sind Avatar. Und es ist schön wieder da zu sein – in Züüürich!“ begrüsste der Schwede mit Deutschen Wurzeln die jubelnde und grölende Menge an einem extra aufgestellten Rednerpult.
Weiter ging es mit Hits wie „Legend Of The King“ – bei welchem dann auch ein prunkvoller Thron für den König aufgestellt wurde – „Paint Me Red“, „Bloody Angel“ und „Get In Line“, die allesamt als gewaltige Walze aus feinstem Göteborgischen Melodic-Death-Metal, gepaart mit Heavy-Metal-Elementen aus den Lautsprechern dröhnten, und für ausgelassenes Headbangen sorgten. Mit „Tower“ spielten die fünf Männer aus Göteborg schliesslich auch einen etwas ruhigeren Song an, der ein kurzes Entlasten der Nackenmuskulatur zuliess, ehe die dampfende Metal-Walze wieder gnadenlos zuschlug und der Knaller „The Eagle Has Landet“ in die Menge geschleudert und – wie beinahe alle Lieder der Band – begeistert von den Fans mitgebrüllt wurde.
„Es ist warm hier drinn, aber wir wollen es heiss“, sagte Fronter Johannes schliesslich mit gewohnt theatralischer Stimme, und spielte auf den Hit „Let It Burn“ an. Quitschende Gitarrenriffs, rhythmische Schlagzeugklänge sowie die vielseitige Stimme von Johannes Eckerström und sein energiegeladenes Auftreten verschmolzen zu einer perfekten Bühnenshow. Gerade, wenn man dachte, dies sei nun wohl der letzte Song gewesen, setzte das Quintett zum erneuten musikalischen Schlag aus und stimmte den nächsten Kracher an. So folgte ein kurzes Drumsolo von John Alfredsson, ehe den Zuschauern „Smells Like A Freakshow“, „Torn Appart“ oder „The King Welcomes You To Avatar Country“ um die Ohren dröhnte.
Das glorreiche Ende der Show machte schliesslich der Kracher „Hail The Apocalypse“, der die grandiose Stimmung im Dynamo noch einmal verstärkte. „Wir haben keine Angst vor dem Weltuntergang, denn wir sind Metalheads“, schrie Eckerström zuvor in die Menge und diese stimmte lauthals jubelnd und Teufelshörner-reckend zu. Johannes Eckerström – ein Entertainer, der besser nicht sein könnte. Umgeben von vier grandiosen Live-Musikern und ebenso fantastischem Bühnenkonzept eine herrliche Kombination!
Fazit: Auch wenn die Freak-Show der Göteborger nicht neu war (wer beim letzten Konzert dabei war, der erinnert sich), so begeistern Avatar doch jedesmal von Neuem. Unglaublich, was sich diese fünf Männer für ihre Bühnenshow und ihr gesamtes musikalisches Werk überlegt haben! Wer Avatar noch nie gesehen hatte, dem sei wirklich ans Herz gelegt, dies beim nächsten Mal nachzuholen, und sich selber vom Können der Band zu überzeugen. Es lohnt sich!
Setlist [Quelle: Setlist.fm]
1. A Statue Of The King
2. Legend Of The King
3. Paint Me Red
4. King’s Harvest
5. Bloody Angel
6. For The Swarm
7. Get In Line
8. Tsar Bomba
9. Tower
10. The Eagle Has Landed
11. Let It Burn
12. King After King
13. Reload
14. Smells Like A Freakshow
15. Torn Apart
16. The King Welcomes You To Avatar Country
17. Hail The Apocalypse
Text: Andrea Germann
Bilder: Christian Wölbitsch