Datum 21. März 2014
Ort: Mühle Hunziken, Rubigen
Bands: The Aristocrats
Es gibt gute Gründe, wieso die Herren Minnemann und Govan nebst ihrer Stammband The Aristocrats bei Mastermind Steven Wilson spielen. Wilson kann es sich leisten, nur die Besten des Genres zu engagieren und dass die beiden zu den Besten gehören, wagt wohl niemand zu bezweifeln.
Doch auch, oder besonders, Bassist Bryan Beller gehört ebenfalls zu einem erlauchten Kreise besonders talentierter Musiker, die zur Crème de là Crème gehören. Wieso ich mir dessen so sicher bin? Nun, den Beweis haben die drei Herren nämlich gleich selbst erbracht, in dem sie bei ihrem ersten Auftritt in der Schweiz in der überaus sympathischen Venue Mühle Hunziken, vor schätzungsweise 300 Personen ein Konzert der Extra-Klasse abhielten.
Ich glaube, von mir selber behaupten zu dürfen, kein schlechter Bassist zu sein, doch hatte ich nach bereits zwei Songs das tiefe Bedürfnis, meine geliebten Instrumente zu verschrotten. Denn was mir da live geboten wurde, war nicht von dieser Welt und hat mein gesundes Selbstvertrauen fundamental erschüttert. Die Studio-Alben der Aristokraten sind schon ein musikalischer Leckerbissen und man fragt sich unweigerlich, wie die drei das wohl live rüberbringen können. Nun, der Begriff grossartig, vermag nur ansatzweise beschreiben, was die drei Herren in der Mühle Hunziken darboten. Und plötzlich wird auch klar, weshalb ein Marco Minnemann dem John Petrucci (Dream Theater) für die G3 Tour eine Absage erteilte. Das Niveau der Aristocrats ist so dermassen hoch, dass es einem fast schwindelig wird. Zweifelsohne ist Herr Petrucci einer der beeindruckendsten Gitarristen der Gegenwart, aber er ist nicht alleine.
Gitarrist Guthrie Govan ist längst kein unbeschriebenes Blatt mehr und spätestens nach seinem Mitwirken bei Steven Wilson, wird sein Name in gleichem Atemzug wie eines Petruccis oder Vais ausgesprochen. Ich wage hier zu behaupten, dass bei einer Battle, Govan vermutlich das Stockerl in der höchsten Position einnehmen wird. Kein selbstgefälliges Gitarren-Gew***se (Entschuldigung), sondern Gitarrenarbeit allerhöchster Güte! Keine meterhohen Racks, vollgestopft mit Effekten oder hochpreisigen Modelling Amps, einfach nur handwerkliche Kunst, die jedem Gitarristen die Tränen in die Augen trieb und man sah förmlich die Frage in den Augen der anwesenden Hobby-Musiker: „Wie schafft es der Kerl das bloss, solche Klänge aus seinem Instrument zu holen“?
Die Frage, ob Kunst von künstlich oder von Können kommt, beantwortete sich an diesem Abend von alleine. Sie kommt vom Können. Was auf der kleinen Bühne in Rubigen geboten wurde war definitiv mehr als ein Gig. Es war eine Darbietung hochkomplexer, instrumentaler Musik, vorgetragen von drei aussergewöhnlichen Musiker, die nebst musikalischem Können auch im Entertainment Bestnoten verdienten. The Aristocrats spielten nicht einfach ihr Programm runter, sondern unterhielten abwechslungsweise das Publikum. So begrüsste Marco Minnemann beispielsweise das Schweizer Publikum mit astreinem „Grüezi mitenand“ und zog dadurch augenblicklich 99% des Publikums auf seine Seite. Aber auch Bryan Bellers sympathische Art begeisterte die CH-Fans gleichermassen, wie es auch die typisch britische Art von Guthrie Govan tat. Dementsprechend hervorragend war die Stimmung in der Mühle.
Die Aristocrats hatten offensichtlich grosse Freude am Gig, denn sie witzelten und unterhielten das Publikum mit lustigen Anekdoten. In Deutsch vorgetragen von Minnemann, umrahmt von amerikanischen Ansagen Bryans oder auch in typical British von Guthrie – was für ein Genuss! Nebst der musikalischen Darbietung, griffen die drei auch zu unkonventionellen „Instrumenten“ und wechselten von den angestammten Arbeitsgeräten zu Quietsch-Schweine und – Hühnern und zeigten, dass sie wahrhaftig mehr zu bieten haben als Instrumental-Akrobatik. Eben Entertainment pur!
Der Sound war schlichtweg überwältigend und von einer Güte die kaum zu überbieten war. Auf die Frage von Bryan Beller, wer denn im Publikum alles Musiker sei, reckten sich unglaublich viele Hände in die Höhe, worauf er lächelnd erwiderte: „Usually it‘s not under 90%“. Wen wundert‘s? Das Spektrum unterschiedlicher Stile, von Blues, Fusion-Jazz, Walking Bass, Rock bis hin zu Metal-Einlagen – alles war vorhanden und die Fans kamen voll auf ihr Kosten.
Fazit: Der Markt wird bombardiert mit Konzerten unterschiedlichster Stilrichtungen und man weiss gar nicht mehr so recht, welches man besuchen soll. Wer das Glück hatte, am 21. März in der Mühle Hunziken dabei zu sein, hatte sicherlich eine der Perlen des Konzertkalenders 2014 miterleben dürfen. Zwei Stunden Instrumental-Darbietung gingen wie im Flug vorüber und die lange Schlange vor dem Merchandising Stand bewies, dass The Aristocrats wahrhaftig eine Klasse für sich waren und es wohl auch in Zukunft sein werden.
Setlist
1. Furtive Jack
2. Sweaty Knockers
3. Ohhhh Noooo
4. Louisville Stomp
5. Get It Like That
6. Culture Clash
7. Flatlands
8. Blues Fuckers (Drum solo)
9. Gaping Head Wound
10. Desert Tornado
11. Dance of the Aristocrats
12. Living the Dream
Zugabe:
13. Erotic Cakes
[Quelle: Setlist.fm]
Text: Daniel Baratte
Bilder: Liane Paasila