27. November 2016
Kaufleuten – Zürich
Band: Archive
Die Londoner Trip-Hop/Alternative Grösse Archive besuchten im Rahmen der False Foundation Tour das ausverkaufte Kaufleuten in Zürich. Die spezielle Bühnenshow war nicht nur zum Vorteil der Show.
Die Stage war bedeckt mit einem Vorhang, bestehend aus einzelnen Schnüren. Die Band startete mit dem Song „Driving In Nails“ aus ihrem neuen Album.
Eine Diashow, die zusätzlich auf einer grossen LED-Wand hinter der Band abgespielt wurde, erschien auf dem Vorhang. Der Effekt war ganz schön, allerdings fühlte man sich deutlich mehr abgetrennt zum Kollektiv auf der Bühne im Vergleich zu normalen Konzerten.
Die ersten Songs waren allesamt aus dem aktuellen Album „The False Foundation“. Man merkte, dass wohl viele Leute aus dem Publikum das im Oktober erschienene Album noch nicht besonders gut kennen, denn die Stimmung war zu Beginn des Konzerts eher verhalten. Mit der Zeit begann mich der beleuchtete Vorhang zu stören. Die Band spielte dahinter isoliert ihre Songs, Kontakt zum Publikum fehlte praktisch gänzlich und so besserte sich die Stimmung kaum. Es Begann die Angst zu wachsen, er würde das ganze Konzert durch hängen. Auch ihr intensives und hartes Stück „Crushed“ fand bei mir kaum Anklang, da man von der Energie der Musiker nicht viel mitbekam.
Erst in der Mitte ihres siebten Songs „Kid Corner“ fiel der Vorhang während Sängerin Holly Martin das Publikum mit ihrer kräftigen Stimme verzauberte. In diesem Moment sah man auch, wie verbraucht die Band aussah. Kleine Augen, zerzauste Haare, leere Blicke. Drei Alben in drei Jahren und dazu noch ausgiebige Touren hinterlassen definitiv ihre Spuren. Besonders Keyboarder Darius Keeler wirkte, als wären seine Gedanken in einer anderen Welt und sah weit älter aus als seine 45 Jahre.
Ab diesem Zeitpunkt verbesserte sich die Stimmung jedoch deutlich, die Leute bewegten sich mehr und die Band schien auch aktiver zu spielen und mit dem Publikum zu interagieren, auch wenn die Ansprachen wie gewohnt spärlich ausfielen.
Das Material bezogen sie mehrheitlich aus ihren neuen Alben, ältere Songs waren im ersten Set lediglich „Hatchet“, „Pulse“ und „Bullets“. Diese Songs kamen beim Publikum mit Abstand am besten an. Das liegt vermutlich daran, dass das neue Material deutlich weniger eingängig ist.
In der ersten Zugabe spielten sie stolze fünf Songs, darunter ihr Dauerbrenner „You Make Me Feel“ und das zehn Minuten lange Stück „Controlling Crowds“, welches sie zunächst mit den Sounds und Akkorden von „Dangervisit“ begannen und mit dem sie das Konzert zu beenden schienen. Nach einem langen und tosenden Applaus kamen Keyboarder Keeler, Gitarrist Steve Harris und Sänger Dave Pen nochmals hinter dem Vorhang hervor und spielten eine abgespeckte Version ihres Klassikers „Again“.
Archive sind eine Band mit viel Erfahrung, das sieht und hört man. Wenn man allerdings schon mehrere Auftritte von ihnen gesehen hat muss man zugeben, dass dieser Sonntagabend nicht zu ihrer Topleistung gehörte. Zwar spielten sie souverän, irgendwie fehlte es jedoch an der explosiven und herzzerreissenden Stimmung, die ich sonst an dieser Band so sehr schätze. Nichtsdestotrotz konnte ich das Konzert geniessen. Jedoch hoffe ich stark, dass sie beim nächsten Mal ein anderes Bühnenbild wählen, selbst wenn es zunächst eine gute Abwechslung zum Standard geboten hat.
Text: Florian Sommer
Bilder: Corina Berheide