Datum: 5. Mai 2014
Ort: Schüür – Luzern
Bands: Cult Of Luna / God Seed
Eine etwas seltsam anmutende Paarung war am Montag zu Gast in der Schüür, Luzern. Eines der aktuellen Postmetal-Flaggschiffe, Cult Of Luna, zusammen mit God Seed, einer norwegischen Black Metal Kapelle um die Ex-Gorgoroth Mitglieder Gaahl (Voc.) und King ov Hell (Bass). Zwei Bands, deren stilistische Ausrichtungen kaum etwas gemein haben.
Etwa 45 Minuten später als angekündigt (wenn man dass nur mal vorher wüsste!) ertönte ein irgendwie geröcheltes Intro und unter spärlichem Licht betraten God Seed die Bühne. Ein recht langsames, fast schon doomiges Stück machte den Anfang, zu dem Gaahl in Corpsepaint und mit versteinerter Miene, beschwörend seinen Text sprach. Der Auftakt wusste auch Leuten wie mir zu gefallen, welche mit traditionellem Black Metal eher nichts am Hut haben.
Die meist im Midtempo-Bereich angesiedelten Songs mit ihren sphärischen Parts entfalteten eine gehörige Wucht. Rasendes Geknüppel war natürlich vorhanden, dominierte die Musik von God Seed jedoch nicht. Der viele Hall, der über Gaahls gesprochene, gebrüllte, gekeifte und teilweise wie ein Wolf geheulte Stimme gelegt wurde, passte da sehr gut ins abwechslungsreiche Gesamtbild und die Keyboardeinlagen erinnerten gar etwas an Dimmu Borgir.
Die Musiker befanden sich permanent am Bühnenrand und wirkten somit sehr präsent, was die vorderen Reihen mit permanent ausgestreckten Pommesgabeln goutierte. Der Sound war sehr gut abgemischt und auch die Lichtshow beeindruckte. Es war nicht zu übersehen, dass ein großer Publikumsanteil wegen God Seed angereist war. Sie wurden nicht enttäuscht.
Natürlich dauerte es ein Weilchen, bis all die Instrumente für Cult Of Luna am richtigen Platz aufgebaut, eingestöpselt und gechecked waren. Die Nebelmaschine lief auf Hochtouren und in der Tat, das Publikum schien etwas gewechselt zu haben. Deutlich weniger Schnürstiefel und Patronengurte waren in den vorderen Reihen auszumachen. Schließlich erklang als Intro „The Sweep“ und diese typische Bladerunner-Stimmung machte sich breit. Nahtlos ging es in „Light Chaser“ über, einem der sphärischsten und elektronikorientiertesten Stücke von Cult Of Luna. Das hypnotische Schlagzeug, die sich ins Hirn fräsende, immer wiederkehrende Keyboardsequenz, die turmhoch aufbauende Gitarrenwand und Persons Schreigesang, der schließlich in einem mantramässigen „Onward, Forward, Onward, Forward…“ mündete, ließ das Publikum schon zu Beginn in Ehrfurcht erstarren. Was für ein Auftakt! Sapperlott!
Mit „Following Betulas“ wurde die Härteschraube zunächst angezogen, im melodiösen und hymnischen Schlussteil wurde das Publikum aber wieder regelrecht eingelullt. Johannes Persson, der seit dem Abgang von Klas Rydberg den Hauptgesang übernimmt, schrie und spielte sich schier in Trance. Das traf auch für den Rest der Truppe zu. Während die Akteure bei God Seed immer wieder mit dem Publikum agierten, schienen sich die Schweden komplett zu verabschieden und in einen eigenen Kosmos abzutauchen.
Auftritte von Cult Of Luna funktionieren wie ein fein aufeinander abgestimmtes Uhrwerk, komplett ohne Ansagen oder Taktvorgaben. Anders als bei den Swans, deren Musiker immer wieder die Kommandos des „Chefs“ (Michael Gira) entgegennehmen, arbeitet bei Cult Of Luna jeder für sich in seiner Welt und fügt seinen Teil punktgenau zu etwas Großem, Wuchtigem hinzu. Die Songs gehen ineinander über, werden miteinander verwoben und präsentieren sich als eine Einheit.
Die kühle, fein ausgetüftelte Lichtshow, in der die Protagonisten meist nur schemenhaft im Nebel erscheinen, lässt dazu noch eine gewisse Endzeitatmosphäre entstehen, die zusammen mit dem glasklaren Sound sprachlos macht. Drei Gitarren und ein fetter Bass, zwei synchrone Schlagzeuge, teilweise sogar drei, da in manchen Sequenzen ein elektronisches Drumkit dazu genommen wurde, erzeugen einen enormen Druck, der gebändigt werden will. Dazu noch etliche Percussion und teilweise vier Mann gleichzeitig am Mikro. Respekt dem Herrn hinter den Reglern.
Der Fokus bei der Songauswahl lag erwartungsgemäß auf dem aktuellen Album „Vertikal“ und der dazugehörigen EP „Vertikal II“. Das brachiale „I: The Weapon“, der Mammutsong „Vicarious Redemption“ oder das flirrende „Passing Through“ begeisterten vollends. „Dark City, Dead Man“ und „Dim“ vom „Somewhere Along The Highway“ Album machten sich ebenso vortrefflich, sie erzeugten streckenweise eine sehr postrockige Atmosphäre. Den Abschluss bildete zunächst das Interlude „Disharmonia“, welches in das grandiose „In Awe Of“ überging und für reichlich Gänsehaut sorgte. Unglaublich.
Fazit:
Fantastischer Auftritt von Cult Of Luna. Eine der besten Live Bands die man sich vorstellen kann und die ihren geistigen Brüdern von Neurosis, Swans, oder den leider aufgelösten ISIS in nichts nachstehen.
„Ghost Trail“ und „Mute Departure“ hätten mich noch gefreut, aber egal. God Seed lieferten definitiv einen guten Auftritt, sind allerdings für mich persönlich von eher mäßigem Interesse. Das haben viele der Anwesenden allerdings anders gesehen und das ist auch gut so.
Text + Bilder: Thomas Lang