Band: At The Gates
Album: To Drink From The Night Itself
Genre: Melodic Death Metal
Label: Century Media
VÖ: 18. Mai 2018
Webseite: atthegates.se
Die Bandgeschichte der Göteborger At The Gates ist etwas speziell. Nachdem Sie sich im Jahr 1990 gegründet hatten, releasten sie in den Folgejahren fleissig Alben, jedes besser als das vorherige. So war das 1995er Meisterwerk „Slaughter Of The Soul“ bereits Album Nummer vier der schwedischen Death-Metal-Instanz. Es sollte aber auch für lange Zeit das letzte Release bleiben. Nur ein Jahr später entschieden sich At The Gates nämlich, in den Ruhestand zu treten. Ein Schock für die Metalwelt. Zum Glück sollte es das aber noch nicht gewesen sein.
Über 10 Jahre später im Jahr 2007 meldeten sich At The Gates nämlich zurück. Damals allerdings nur, um nochmals ein paar Shows zu spielen. Böse Zungen behaupteten, dass den Schweden das Geld ausgegangen sei und sie deshalb wieder auf der Bildfläche erschienen wären. Ein grosser Irrtum, wie sich herausstellen sollte. Im Jahr 2014 veröffentlichten At The Gates „At War With Reality“, das erste Album seit 1995. Darauf zeigte sich, das At The Gates mitnichten einfach die Geldkuh noch etwas melken wollten, denn „At War With Reality“ knüpfte da an, wo „Slaughter Of The Soul“ aufgehört hatte. Schneller, melodischer Death Metal, sehr ideenreich und authentisch war es, was man auf dem Album zu hören bekam.
Nun sind erneut vier Jahre ins Land gezogen und At The Gates legen nach. Die neue Platte trägt den poetischen Titel „To Drink From The Night Itself“. Laut Sänger Tomas Lindberg steht dieser Titel metaphorisch für den Prozess, als Musiker verschiedene, dunkle Emotionen zu kanalisieren und diese durch die Musik auf die Hörer loszulassen. Dieser Prozess ist laut Lindberg wie von der Nacht selbst zu trinken. Gefällt schon mal sehr gut. Genau so gut gefällt das Cover-Artwork, welches von Costin Chioreanu / Twilight 13 Media designet wurde. Dieser hatte schon beim ebenfalls unglaublich tollen Albumcover von „At War With Reality“ seine Finger im Spiel.
Cover Artwork und cooler Titel schön und gut, was aber ein grosses Album ausmacht, ist ja bekanntlich die Musik. Und meine Fresse, ist die auf dieser Platte gut! „To Drink From The Night Itself“ beginnt mit Akustikgitarre, welche von einer hymnischen Frauenstimme abgeholt wird und sich nach dem hinzustossen von epischen Streichern zu einer bedrohlichen Soundkulisse steigert. „Der Widerstand“ ist der Startschuss für zwölf Perlen des melodischen Death Metals. At The Gates gehen dabei gewohnt brachial zu Werke. Die „TumpaTumpa“-Drums treiben den Sound an, die Gitarrenleads schlagen wild um sich und die Rhythmus-Fraktion wartet mit Höchstleistungen auf. Dazu Tompas Gesang, der stets on point ist. Unglaublich, wie dieser Mann seine Stimme unter Kontrolle hat und einzusetzen weiss. Das Problem hierbei ist nur, dass die Vocals etwas zu leise produziert sind und teilweise in der Flutwelle der Musik unterzugehen drohen. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Höhepunkte sind hier der hymnische Titeltrack, der ganz bestimmt zum Klassiker avancieren wird, „Palace Of Lepers“, welcher als erbarmungslose Death-Metal-Walze beginnt, dann gegen Ende aber ordentlich Melancholie tankt, was zu einem absolut episch-melodischen Abgang führt, oder „Daggers Of Black Haze“, auf welchem At The Gates das Tempo etwas raus nehmen, dafür aber mit grossem Gitarrensolo aufwarten. Ausflüge in Crustpunk/D-Beat-Gefilde sind natürlich auch zu finden, beispielsweise auf „The Chasm“.
Weitere Einflüsse, die auf „To Drink From The Night Itself“ zu hören sind, kommen aus dem norwegischen Black Metal der zweiten Welle oder dem Thrash Metal. Das Songwriting ist insgesamt allererste Sahne, hier ist alles stimmig. Und auch wenn At The Gates auch im Jahr 2018 wie At The Gates klingen, wird nicht einfach sich selbst kopiert. Es scheint, als würden die Schweden vor Kreativität überquellen, die Ideen sind durchdacht und ausgereift. Man hört der Platte durch und durch an, dass At The Gates nicht einfach als Mittel zum Zweck wieder Musik machen, sondern so richtig Bock haben. Das liegt sicher auch zu gewissen Teilen am frischen Wind, welchen der neue Gitarrist Jonas Stålhammar in die Band bringt. Dieser war letztes Jahr als Nachfolger von Gründungsmitglied Anders Björler bekanntgegeben worden, nachdem letzterer die Band aufgrund fehlender Leidenschaft verlassen hatte. At The Gates beweisen mit „To Drink From The Night Itself“ eindrücklich, dass sie zurecht die unangefochtenen Könige des Melodic Death Metals sind.
Long story short: „To Drink From The Night Itself“ ist ein fantastisches Album. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Platte ein weiterer Klassiker in der At The Gates-Diskografie werden wird. Und was auch klar ist: In meiner persönlichen Bestenliste der Alben 2018 wird sie einen der vorderen Ränge belegen. Ich gehe sogar soweit und sage: „To Drink From The Night Itself“ kommt qualitativ an „Slaughter Of The Soul“ ran. ‚Nuff said.
Tracklist:
1. Der Wiederstand
2. To Drink From The Night Itself
3. A Stare Bound In Stone
4. Palace Lepers
5. Daggers Of Black Haze
6. The Chasm
7. In Nameless Sleep
8. The Colours Of The Beast
9. A Labyrinth Of Tombs
10. Seas Of Starvation
11. In Death They Shall Burn
12. The Mirror Black
Bandmitglieder:
Tomas Lindberg – Gesang
Martin Larsson – Gitarre
Jonas Stålhammar – Gitarre
Jonas Björler – Bass
Adrian Erlandsson – Schlagzeug
Gründung:
1990
Text: Ivo Arztmann