Black Market Music / VÖ: 18. März 2022 / Grunge, Punk
amsamstag.com
Text: David Spring
Grunge ist tot – lang lebe der Grunge! Denkt man an diese ruppige und unkaputtbare Musikrichtung, denkt man unweigerlich an Seattle und natürlich an Nirvana. Als neue Band in diesem Genre ist es beinahe unmöglich, den Vergleichen mit Kurt Cobain und seinen Jungs zu entfliehen. Viel effektiver und leichter ist es darum, es genauso zu machen, wie Am Samstag aus Lausanne.
Das Trio mit dem Röstigraben-freundlichen Namen trägt seine Vorliebe für die Grunge-Legenden offen und stolz zur Schau. So sehr, dass Am Samstag ihr Debüt-Album „Dualism“ in Seattle und unter der Regie von Jack Endino, der neben vielen anderen auch Nirvana produziert hat, aufgenommen haben. Dies hört man der Platte an, die Songs sind heavy, rau und ungeschliffen, beweisen gleichwohl aber viel poppiges Fingerspitzengefühl.
„Pills And Wine“ eröffnet das Werk vernichtend, vom schief anmutenden Gitarrensolo bis hin zu Cobain-Schreien ist alles dabei. Mit „Burn Notre Dame“ wird das Tempo bedeutend nach oben gefahren und die Einflüsse punkiger. Dank der fetten Produktion hat dieser Song massives Hitpontential. Das witzige „Meatballs“ erinnert stark an „Hash Pipe“ von Weezer, „Hardly Wait“ wiederum ist bluesig, sexy und intim.
Auch wenn Grunge nicht das abwechslungsreichste Genre ist, die drei Lausanner:innen verstehen es bestens, ihrem Sound überraschende Wendungen zu entlocken. Das grossartige „Auf Wiedersehen“ ist ein fetter Stoner-Banger, „Miss Butch“ ein queeres Hardcore-Brett und „Do You Wanna Have Fun?“ ist ein erstklassiger Party Rocker, zumindest bis man sich den gesellschaftskritischen Text genauer anhört. Inhaltlich sind Am Samstag so einschlagend, wie musikalisch. Die Texte sind wütend, nahbar und kämpferisch, vor allem voller aufmerksamer und detailreicher Beobachtungen. Man fühlt sich ob all den besungenen Missständen auf der Welt schnell zwischen nihilistischem Mitlachen und zorniger Zustimmung hin- und hergerissen.
„Dualism“ ist ein starkes und überzeugendes Erstlingswerk. Für manche mag sich der Sound von Am Samstag zu sehr nach Nirvana-Abklatsch anhören. Tant pis, denn der Band könnte wahrscheinlich nichts egaler sein. Am Samstag machen Spass, machen wütend und ja, machen nostalgisch. Dass ein dermassen nach Seattle klingendes Album aus unserer kleinen Schweiz kommen kann, ist eine beachtliche Leistung. Eine Empfehlung gibt es schon nur deswegen, die geile Musik tut ihr Übriges.