13. Dezember 2019
Fri-Son – Fribourg
Bands: Skindred / Blood Command / Voice Of Ruin
Noch nicht allzu lange ist es her, da rockten die vier durchgeknallten Herren von Skindred das Openair Gränichen. Ein gutes halbes Jahr später sollte es endlich wieder soweit sein, dass uns die Jungs aus Newport, Wales mit einem weiteren Stelldichein beehren sollten, diesmal im Fri-Son im schönen Fribourg.
Los ging es an diesem Abend zuerst mit den fünf Jungs von Voice Of Ruin aus Nyon. Diese mir bis dato noch unbekannte Band hat sich voll und ganz dem Melodic Death Metal verschrieben, entsprechend ging es hier einmal gleich ordentlich zur Sache. Songs mit richtig gutem Groove, tollen Melodien, wundervoll aggressiven Vocals und abwechslungsreichen Liedern, das machte gleich vom ersten Ton an Spass. Die lieben Leute im Fri-Son waren bis auf einen Typ ganz vorne, der absolut gnadenlos abging, noch ziemlich zurückhaltend. Aber es wurde gleichwohl nach jedem Lied geklatscht und gejubelt, Voice Of Ruin machten alles richtig. Sänger Randy Schaller forderte immer wieder auf überaus charmante Art und Weise die Leute auf, doch etwas nach vorne zu kommen, was dann auch etwas mehr Bewegung mit sich brachte.
Die Band machte richtig Spass, knochenharte Riffs wechselten sich mit epischen Melodien und wahnwitzigen Gitarrensolos ab, das war eine Freude. Überhaupt waren die beiden Gitarristen Nicolas Haerri und Darryl Ducret äusserst stark und überzeugten mit mehrstimmigen Parts und einwandfreiem Zusammenspiel. Mit der ersten Single „Thanatophobia“ vom aktuellen Album „Acheron“ als Abschluss war es nach gut einer halben Stunde wieder vorbei. Aber was für eine tolle Band, und was für ein starker Auftakt in den Abend.
Als nächstes dann waren die Norweger von Blood Command an der Reihe. Eine weitere Band, die ich noch nicht kannte, doch bald schon lieben lernen sollte. Gleich schon nach wenigen Sekunden wurde das Fri-Son so richtig aufgeweckt, denn die sehr harsche, fast schon schrille Stimme von Sängerin Karina Ljone war eine Überraschung. Das erste Lied „Ctrl + Alt + Delete“ haute mich völlig aus den Socken. Zu Beginn sehr heavy und fast schon hardcore-lastig, plötzlich melodiöser mit mehrstimmigen Chören, wahnsinn. Dazu die äusserst aggressive Stimme, das machte unfassbar Spass. Die Leute im Fri-Son wirkten stellenweise etwas überfordert, der Gesang war wohl nicht allen ihr Ding, ich fand die Band vom ersten Ton an super. Eine interessante Mischung aus poppigen, tanzbaren Melodien und sehr wütenden Parts – es war unmöglich, still stehenzubleiben. Um den Pop-Faktor noch mehr in die Höhe zu schrauben, wurde im dritten Lied „Quitters Don’t Smoke“ dann kurzerhand „Believe“ von Cher eingebaut, wundervoll.
Karina fragte uns dann, ob wir uns auf Skindred freuten, worauf verhaltener Jubel erschall. Ihre lakonische Reaktion „oh, I see, about 15 of you are”. Das Publikum war etwas überfordert. Die Sängerin setzte sich dann kurzerhand auf den Bühnenrand, während dem, der ganz in schwarz und mit 90s-Stirnbändern bekleidete Rest der Band, das fantastische „Cult Of The New Beat“ anstimmten, was für ein Übersong. Spätestens ab dem Punkt war ich vollkommen überzeugt von Blood Command und ein Fan. Mit dem poppig-punkigen „Afraid Of Water“ und dem grandios betitelten „No Thank You, I’m More In To Fake Grindcore“ waren wir leider am Ende angelangt. Was für eine fantastische Band, ich kann es kaum erwarten, diese bald wieder zu sehen.
Ja, und dann war es endlich so weit, der Grund warum wir alle hier waren: Skindred. Mit der bereits bekannten Rap-Version vom „Imperial March“ ging es los. War das Publikum bisher noch sehr verhalten, war ich dann erstmal etwas geschockt, als bereits beim ersten Ton von „Sound The Siren“ ein riesiger Moshpit ausbrach. Da ging ja doch was bei den lieben Fribourgerinnen und Fribourgern. Die Band war augenscheinlich bestens gelaunt und Frontmann Benji Webbe animierte uns alle zum Durchdrehen. Schon toll, wie der durchgeknallte Typ das Publikum im Griff hatte. Was für ein cooler Typ. Passend zu diesem Tag und den Resultaten der Wahlen in Grossbritannien war eine geschwärzte Union-Jack-Flagge an seinem Mikrofon-Ständer. Aber an diesem Abend ging es vor allem um Party im Fri-Son. Skindred gingen ab wie Luzie. Gitarrist Mikey Demus sah mit seinem ZZ Top-Gedächtnisbart nicht nur endcool aus, er lieferte uns auch fantastische Riffs zu Hits wie „Pressure“ und „Ninja“. Bassist Dan Pugsley und Schlagzeuger Arya Goggin trieben die Songs gnadenlos nach vorne. Und über all dem immer Benji, der uns in der Hand hatte wie sonst niemand. Was für ein Frontman. Immer wieder forderte er uns zu Mitsingspielen auf, nahm uns in den Skindred-Choir auf und war super drauf.
Mit „California Love“ gab es ein Cover, diesmal vom nicht wegzudenkenden 2Pac. Die grösste Überraschung jedoch war das Lied „Saying It Now“, bei dem Mikey plötzlich mit einer akustischen Gitarre auf einem Barhocker sass und zusammen mit Benji eine wundervoll intime Version dieses Liedes zum Besten gab. Benji bewies hier auch eindrucksvoll, dass er ein herausragender Sänger ist, das Lied ging richtig unter die Haut. Danach war wieder Vollgas und Durchdrehen angesagt, „Kill The Power“ brachte alle zum Springen, die Krönung das abschliessende „Nobody“. Meine Güte, was für ein genialer Song. Hier drehten echt nochmals alle ab, es war wahnsinnig intensiv und machte einfach nur Spass.
Danach war das überraschend kurze Set bereits zu Ende, doch natürlich durften Zugaben nicht fehlen. Nach wenigen Minuten waren sie zurück, Benji nun in glitzerndem Pailletten-Mantel, ein Bild für die Götter. Es folgten das grossartige „Big Tings“ vom gleichnamigen aktuellen Album und als Abschluss das nochmals alles zerstörende „Warning“. Hier gesellte sich auch Karina von Blood Command auf die Bühne und die beiden Rampensäue gaben ein letztes Mal wirklich alles. Einfach absolut genial. Skindred sind schon eine einzigartige Band und live sind sie schlicht unschlagbar. Hier kann man nur grinsen, lachen und abgehen. Benji bedankte sich überschwänglich und nach etwas über einer Stunde war Schluss. Mein Highlight des Abends blieben Blood Command, die mich vollends überzeugten, aber Skindred werde jederzeit wieder live sehen. Was für eine Band.
Setlist [Quelle: setlist.fm]
1. Sound the Siren
2. Pressure
3. Rat Race
4. Machine
5. Ninja
6. California Love (2Pac Cover)
7. That’s My Jam
8. Saying It Now
9. Kill the Power
10. Nobody
Zugabe
11. Big Tings
12. Boom! Shake the Room (DJ Jazzy Jeff & The Fresh Prince cover)
13. Warning
Text: David Spring