26. November 2019
Werk21 – Zürich
Bands: Van Holzen / Drens
Der Konzert-intensive November neigt sich seinem Ende zu. Ebenso die „Regen“-Tour von Van Holzen aus Ulm, vier Tage vor Schluss reichte es noch für einen ausdauernden Stopp in Zürich. Mit dabei: Vorband Drens aus Dortmund. Stilsicher in roten Shorts und mit Schnäuzer verströmte das Quartett gute Laune und wirkte extrem gut aufgelegt und dankbar – trotz der bescheidenen Zuschauerzahl. Schlagzeuger und Gitarrist wechselten während dem kurzen Set mehrmals die Plätze, gesungen wurde aus drei Mikros – schon allein dadurch erhielt der simple Surf-Punk den nötigen Pep, um das müde Schweizer Publikum munter zu machen. Nach einem Abstecher ins Publikum, inklusive persönlichem High-Five-Rundgang und der altbekannten Hinsetz-Nummer, beendeten Drens ihr Set und machten auf der Bühne eilig Platz frei für das Ulmer Trio, welches ihre vollbeladenen Pedalboards auf die Bühne trug und dabei lauthals zu Thrice mitsingt. Dabei blieb der Merch-Stand jedoch nicht unbemannt und während der Umbaupause wechselten bereits die ersten roten Shorts ihre Besitzer.
Van Holzen begannen ihr Set schonungslos hart und gingen mit „Europerle“ gleich von 0 auf 100. Auf „Europerle“ folgte „Regen“, ein- und ausgeleitet mit Regengeräuschen, die Scheinwerfer zauberten Regentropfen an die Wand. Zwar will ich die drei Jungs wirklich nicht auf ihr Alter reduzieren, aber irgendwie war ich doch stark hin und her gerissen zwischen den Empfindungen „boah, fetter Sound“ und „jöö“. Vor allem schwingt aber auch eine Menge Bewunderung mit: Mit 19 mit dem zweiten Album auf Tour, Eröffnungsshow ausverkauft, Plattendeal mit Warner am Start – das kann nicht jeder. Ihren Sound scheinen die drei gefunden zu haben, denn Van Holzen-Songs haben einen hohen Wiedererkennungswert. Wobei sich die einzelnen Tracks zugegebenermassen ziemlich ähnlich sind, teilweise zumindest. Einen Unterschied zwischen Songs des ersten Albums „Anomalie“ und dem zweiten, „Regen„, ist meist aber doch zu hören: Ein My weniger hart, ein My raffinierter im Songwriting. Die Setlist bestand aus einem guten Mix beider Alben, es kam also nichts und niemand zu kurz.
Gut vorstellbar, dass sich Van Holzen Konzerte in anderer Grössenordnung gewohnt sind, das Werk21 hätte gut und gerne noch Platz für ein paar Nasen mehr geboten. Der Band war davon nichts anzumerken: Sänger und Gitarrist Florian Kiesling bedankten sich mehrmals so überschwänglich und wirkten dabei so ehrlich froh, dass man annehmen musste, sie haben tatsächlich mit weniger Besuchern gerechnet. Oder es ist ihnen ganz einfach egal, wie viele da schlussendlich vor der Bühne stehen, Hauptsache Spass, Hauptsache spielen.
Und das mit dem Spielen haben sie im Griff. Davon zeugten auch die Abnutzungserscheinungen auf den Gitarren und dass Drummer Daniel Kotitschke mächtig was aus seinem Instrument herauszuholen vermochte, beweist alleine schon die Tatsache, dass er nur aus Haut, Knochen und Muskeln zu bestehen scheint. Im Verlauf des Konzerts raunte mein Freund mir noch zu: „Ich frage mich, wie viele Felle der bei seiner Bassdrum wohl verheizt.“ Auch von Bassist Jonas Schramm erhielt man solide Läufe und mächtig Tiefgang, wobei die Multitask-Fähigkeit besonders bemerkenswert war: Auch die Backing-Vocals sassen perfekt, mal in erstaunend hoher Kopfstimme, dann wieder tief und kratzig. Einzig mit den Effektgeräten schien es irgendwie zu Hapern, da der Bass manchmal zu dröhnend, dann wiederum kaum hörbar daherkam. Bei geschätzt zehn Pedals ist es nicht ganz einfach, alles richtig zu koppeln.
Bei der Ansage vor „Alle Meine Freunde“ wurde einem wieder (fast schmerzlich) bewusst, dass die Band auf der Bühne den Altersdurchschnitt im Raum ziemlich nach unten zog. Der Song entstand nach dem Abi der drei Teenager, die Welt stand einem Offen, Entscheidungen stehen an. Entsprechend der Fragen: „Was willst du denn jetzt machen? Was studierst du?“ Florian, Daniel und Jonas entschieden sich für Album Nummer zwei. So nach dem Motto „Man kann’s ja mal versuchen.“ Und bisher scheint es zu funktionieren. Ich habe so ein Gefühl, dass mir sagt, dass Van Holzen irgendwann einmal Hallen füllen und ich dann die bin, die sagen kann: „Die hab ich schon gesehen, da kannte die noch keiner!“ Was so natürlich auch nicht stimmt, wie so oft ist die Schweiz wohl einfach etwas später wenn es darum geht, junge Bands zu entdecken. Entsprechend der niedrigen Besucherzahl.
Seit vier Wochen sind Drens und Van Holzen nun gemeinsam unterwegs, nach Zürich blieben noch drei Shows. Eigens für die Tour haben die beiden Bands einen Song geschrieben: „Frei“ wurde zu siebt auf der kleinen Kellerbühne vorgetragen. Natürlich nicht ohne herzliches Umarmen vor und nach dem Kurzauftritt. Und nach dem Konzert, beendet nach zwei Zugaben, fanden sich alle sieben sogleich im Foyer ein um zu plaudern. Dabei zeigten sie sich über Komplimente ehrlich und herzlich erfreut, und allgemein so zufrieden, dass man gut und gerne glaubte, dass sie sich wünschten, die „Regen“-Tour würde noch ein Weilchen länger dauern.
Setlist:
1. Europerle
2. Regen
3. Erfolg
4. Irgendwas
5. Royal
6. Allein
7. Herr Der Welt
8. Karneval
9. Schwimmen
10. s/w
11. Legere
12. Stark
13. Alle Meine Freunde
14. Frei (feat. Drens)
15. Reichtum
16. Leichenschmaus
17. Masquerade
18. Keine Zeit
19. Schüsse
20. Der Schönste
21. Nackt
Zugaben:
22. Honig
23. Schrammbock
Text: Sarah Rutschmann