26. bis 29. September 2019
Essigfabrik – Köln
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Vorwort
Die Zeit vergeht doch immer wieder wie im Flug. Sass ich vor einem Jahr noch mit feuchten Augen im Zug Richtung Zürich geht es bereits wieder ans Einpacken für die Reise nach Köln. Erneut steht das Euroblast Festival (26. – 29.09) in der Essigfabrik Köln auf meinem Pflichtzettel. Das beinahe unerträgliche Warten hat endlich ein Ende. Am Donnerstag Abend startet mit der Warm-Up Party bereits die 15. Ausgabe des für progressive Köpfe wie aus Stein gemeisselte Spektakel. Erst seit letztem Jahr dabei freue ich mich umso mehr, all die bekannten und geschätzten Gesichter zu sehen. Und natürlich alle bisher unbekannten! Euroblast ist heimkommen, Euroblast ist Familie, Euroblast ist Musik auf höchstem Niveau. Und mittendrin euer Redakteur, welcher sicherlich nicht mit visuellen Häppchen via Instagram geizen wird.
Dieses Jahr zeigt sich das Line-Up so divers wie eh und je. Von Post Rock über Progressive Metal bis zu nackenbrechendem Death Metal ist erneut alles vertreten. Ich möchte in diesem Vorbericht aber nicht die renommierteren Bands ins Auge fassen, sondern meine 5 Geheimtipps für diese Edition abgeben.
Sleep Token
Das Kollektiv um Mastermind Vessel gibt sich stehts mysteriös und zeigt weder live noch in den mittlerweile zahlreichen Videos ihre Gesichter. Diese werden beinahe komplett von kunstvoll verzierten Masken verdeckt. Auch nach langer Suche im Internet fand ich nur Gerüchte über die Identität der Jungs von der Insel. Was in meinen Augen völlig legitim ist und dem Ganzen noch mehr Faszination entgegenbringt.
Frontmann Vessel spricht in einem seiner seltenen Interviews über das Konzept der Band und dem Sinn hinter all den Geheimnissen: Als Hauptfigur agiert die Gottheit „Sleep“. Diese übernimmt die tragende Rolle als anleitendes Wesen, welchem Vessel und seine Mitstreiter auf ihrem musikalischen Weg folgen. Zur Frage, wieso man anonym bleiben möchte, sagt Vessel folgendes: „Unsere Identitäten sind unwichtig. Wir möchten den Fokus auf unsere Opfergaben legen und nicht dem Leitbild der Musikindustrie.“ Was man über die Band sagen kann ist, dass sie sich musikalisch und in ihrer Inszenierung vor keiner Band verstecken müssen. Musikalisch bewegt sich die Gruppe zwischen Soul, Pop, Elektro und progressivem Metal. Eine Mischung, die ihresgleichen sucht und in dieser Form absolut einzigartig ist.
Nach zwei kürzeren EPs schickt die Band nun mit „Sundowning“ ihre erste dicke LP ins Rennen. Besonderheit dabei; jeder Track wird im zweiwöchentlichen Takt veröffentlicht, bis sich der Kreis am 21. November mit dem Release schliesst. Wer sich die wenigen verfügbaren Schnipsel an Live-Material angesehen hat weiss, dass der Auftritt der Band (der erste ausserhalb Grossbritanniens!) in diesem Jahr garantiert ein Spektakel wird.
Persönlich erwarte ich den Auftritt mit allergrösster Spannung. Wer die Band noch nie gehört hat, wird sich am Anfang eventuell ein wenig überfordert fühlen.
Ps: Worship.
Wheel
Die Britisch-Finnische Band Wheel ist dem ein oder anderen bereits ein Begriff. Dieses Jahr absolvierten die Jungs als Support der Schweden Soen eine grössere Europatour. Durch Unvermögen habe ich diese jedoch verpasst und freue mich nun, die Gelegenheit doch wahrnehmen zu können. Musikalisch bewegen sich Wheel im Prog-Rock- oder Prog-Metal-Schema. Man hört schnell den Einfluss von Grössen wie Tool oder Karnivool. Trotz diesen Merkmalen stehen Wheel für einen eigenständigen Sound, der auch mal mit der Power einer Dampfwalze daherkommt. Hauptsächlich regiert aber der Groove. Der neuste Output „Moving Backwards“ packt bereits ab erster Sekunde. Ein wahrer Genuss und herrlich erfrischend neben allzu vielen anderen Tool-Klonen.
Nach Sichtung der Live-Videos kann und muss man sagen, das diese Band dieses Jahr zu den top Performern gehören wird. Schade nur, dass dies auf der Second Stage passieren wird. Ein Mainstage-Auftritt wäre sicherlich kein Unding gewesen.
Valis Ablaze
Nach ihrem letztjähriger Auftritt auf der Second Stage dürfen die jungen Engländer Valis Ablaze nun auf der Mainstage debütieren. Und dies zu Recht. Nach der Gründung im Jahre 2013 und dem Erstling „Boundless“, zeigt sich die Band in diesem Jahr mit der neuen Scheibe „Render“. Saubere Gesänge untermalen eine progressiv härtere Gangart. Ich vermeide bewusst den Begriff Djent, da sich dieser in meinen Ohren einfach falsch anhört. Manch einer wird die Band als Tesseract-Klon darstellen, meines Erachtens aber nur schwach begründet. Vor allem auf dem neuen Album erlebt man eine frische, die ganz klar für Valis Ablaze spricht. Das die Band live fesseln kann, habe ich letztes Jahr gleich selbst erlebt. Energie, Technik, da funktionierte wirklich alles wie geölt. Umso mehr freue ich mich, den Fünfer nochmals in der Essigfabrik zu sehen.
Klone
1995 in Frankreich gegründet, zeichnete sich die Band in jüngeren Jahren vor allem im Bereich des Progressive Death Metal aus. Komplett an mir vorbei ziehend, lassen sie vor allem mit den etwas melodiöseren Alben „All Seeing Eyes“ und „Black Days“ zwei grossartige Platten vom Stapel. Die Band zeigt sich reifer, das Songwriting ist anspruchsvoller und tiefgründiger.
Kurioserweise stolpere ich (grazie Sorella) erst Anno 2016 über die Band, als sie gerade mit „Here Comes the Sun“ eine gravierende Verwandlung vollzogen. Klone spielten plötzlich in einer weitaus melodiöseren Liga. Die harsche Stimme ist beinahe gänzlich verschwunden, die Harmonie dominiert. Und das machen sie einfach nur grossartig. Pünktlich für das Euroblast wirft die Band mit „Le Grand Voyage“ die nächste LP auf den Markt, bleiben ihrem Stil treu, streuen aber gleichzeitig neue Elemente in den Topf. Vielleicht einer der wenigen Momente an diesem Festival, an welchem man sich einfach nur zurücklehnen und geniessen kann.
Sunless Dawn
Eine Band, welche sich die Wörter „experimentell“ und „progressiv“ wirklich verdient hat. Sunless Dawn aus Kopenhagen kombinieren was ihnen in die Finger kommt und lassen die ganze Mischung verdammt gut klingen. Kategorisieren? Nicht wirklich. Eingängig? Mitnichten. Ausgezogene Solos, Synthies, komplexe Strukturen, Konzept einer wohldurchdachten Geschichte, alles da. Wenn man sich die Band das erste Mal anhört, wird man sich wahrscheinlich fragen, was für Drogen sich die Musiker während dem Songwriting reingepfiffen haben. Nach und nach kristallisiert sich jedoch ein Faden heraus, schwer verfolgbar und überaus schräg. Es ist viel. Sehr viel. Trotzdem fasziniert mich die Band. Wahrscheinlich nicht jedermanns Sache, aber das sind die wenigsten Bands am Euroblast. Ich bin vor allem sehr gespannt wie sich die Musik live auf das Publikum auswirken wird. Ekstase oder Kopfschütteln? Wird werden es bald erfahren.
Text: Gianluca Teofani