25. Mai 2019
Les Docks – Lausanne
Band: Motorpsycho
Nennen wir es ausgleichende Gerechtigkeit, dass die Psychonauten für das Konzert von Motorpsycho’s „The Crucible“-Tour in die französische Schweiz reisen mussten, denn im Herbst waren doch alle 3 Konzerte im deutschen Teil unseres Landes. Wie könnte es aber anders sein, es war auch in Lausanne ein Klassentreffen. Schon auf dem Weg ins Les Docks erkannte und begrüsste man sich gegenseitig: Bekannte Gesichter überall.
Es war wie immer, die Spannung auf das was kommen mag – sei es welche Songs gespielt werden, ob man vielleicht einen schon lange nicht mehr oder sogar einen noch nie gehörten Song erleben darf – war gewaltig. Und wie könnte es anders sein, bei einer Band die seit über 20 Jahren mit 1-2 Touren die Bühnen rockt: Enttäuscht wurde man nicht. Denn wenn Bent Sæther – a.k.a. Onkelfuzzbass – seine Motorsäge startet, Hans Magnus Ryan (Snah) in die Gitarrensaiten greift, Thomas Järmyr die Trommeln traktiert und Reine Fiske mit Mellotron und zweiter Gitarre unterstützt, dann kann es nur gut werden.
Auch zu dritt legen die Norweger aus Trondheim schon ein unglaubliches Brett hin, aber immer mehr und immer wieder ist klar, welch grossartige Details, welch unglaubliche Unterstützung ein zusätzlicher Musiker wie Reine Fiske auch in einer sonst schon grossen Band einbringen kann. Da bleibt (noch) mehr Freiraum in Jams und Solos, es gibt keinen Augenblick an dem auch nur noch ein Tönchen fehlt, fast – und dieses „fast“ mit einem Augenzwinkern, denn es gab den Hundertstelsekundenmoment diesmal, ich hab ihn gefunden – keinen an dem das Ganze auseinanderfällt.
Es ist wunderbar, die Kommunikation unter den Musikern zu beobachten. Grossartiger ist, wenn man während Motorpsycho den Song spielt Bent dabei beobachten kann wie er Reine zeigt wie das Riff überhaupt geht (denn: wie soll man die hunderte von Songs schon alle eingeübt haben?). Nur um Reine Fiske nach dem zweiten Refrain den Solopart im Zwischenjam zu überlassen. Wow. Das sind wahre Musiker.
Dass Bent mit der Auswahl von Hellhammer statt Pink Floyd (es gab anscheinend in jedem Land eine heimische Band, welche die Norweger mehr oder weniger beeinflusst haben, die erwähnt wurde) im letzten Satz von „The Other Fool“, mit einer Handgeste anzeigte, dass er selbst nicht ganz davon überzeugt war, war ein sympathischer Moment der auch vom Publikum mit einem Lacher gefeiert wurde. Der Schlusssatz wäre übrigens: „Let’s get some weed and chill out to Pink Floyd.“ Naja, geht mit Hellhammer sicher auch. Irgendwie.
Der Akkustisch gespielte Song „Coventry Boy“ in der Mitte des Sets, das Publikum mucksmäuschenstill. Heartattack Mac – zwar nicht die Beste Gesangsleistung von Snah – aber Bass und Taurus liessen das ganze Gebäude beben. „The Crucible“, die Ärmel wurden nach hinten gekrempelt. Was für ein Bild auf der Bühne – Links- und Rechtshänder in der Band zu haben lohnt sich schon nur deswegen – als die Pommes-Frites-Gabeln (Double-Neck-Gitarren) hervorgeholt wurden. Und zum Abschluss des regulären Sets dann noch „Walking On The Water“, einer derjenigen der schon fast tanzbar ist und ganz nebenbei einer meiner persönlichen Favoriten, wobei da gibt’s ja viele. Wie dem auch sei.
Es war wie immer, es war unglaublich. Ich erlebte bei jedem Song einen Sonnenaufgang, wie er am Schönsten Ort auf dieser Welt nicht besser sein könnte. Das sind dann 13 Sonnenaufgänge. In zweieinhalb Stunden!
Setlist [Qelle: Setlist.fm]
1. In Every Dream Home
2. August (Love Cover)
3. Überwagner Or A Billion Bubbles In My Mind
4. The Pilgrim (Wishbone Ash Cover)
5. The Other Fool
6. The Crucible
7. Coventry Boy
8. Heartattack Mac
9. Lux Aeterna
10. Mountain
11. Psychotzar
12.Walking On The Water
Zugabe
13. Fools Gold
Text: Mischa Castiglioni
Bilder: Stephan Theis