9. April 2019
Amboss Rampe – Zürich
Band: Bazooka
Wenn Bazooka nie mehr ein Konzert spielen, bin ich schuld: Ich habe ihre Setlist geklaut. Nein, nicht irgendein achtlos bekritzelter Fötzel, wie ihn andere Bands benutzen – ein wertvolles Einzelexemplar, liebevoll auf die Rückseite eines griechischen Plakats geschrieben, über mehrere Landes- und Sprachgrenzen nach Zürich getragen. Sofort hätte ich das Unikum seinen Eigentümern zurückgegeben, wenn ich es nicht erst zuhause genauer untersucht hätte.
Dabei müssen Bazooka unbedingt weiterspielen. Jeden Ton habe ich verstanden, den sie mit voller Wucht in die gemütliche Industriehalle der Amboss Rampe geschleudert haben – obwohl ich kein Griechisch spreche. Der eine Fuss im Beat der Sechziger Jahre, der andere in einem Eimer voller Blut und Eingeweide. So treffend hat es das australische Musikmagazin „i-94 Bar“ formuliert. Aber nicht nur Australien kann sich mit einer grossen griechischen Community rühmen, auch im Raum Zürich leben laut Wikipedia rund siebentausend Menschen mit Wurzeln in Ελλάδα. Einige haben sich heute unter das Publikum gemischt und geniessen die herrlich dreckigen Garage-Gitarrenläufe, die jegliche Bilder von idyllischen, griechischen Inselchen wegfegen. Besonders das präzise wirbelnde Schlagzeug macht sämtlichen Phantasien von weissen Häuschen mit blauen Fensterläden den Garaus. Die erfrischend unverzerrte, schöne Männerstimme, die auch bestens schreien kann, erinnert kurz an die israelische Kultband Mashina. Das alles – herzlichen Dank verehrte Amboss Rampe! – wie immer in betörender Soundqualität.
Die Band hat Stil, der Sänger trinkt Whiskey und das Publikum tanzt. Meine hübschen Mittänzerinnen verstehen die Worte wohl etwas besser, welche die Band zwischen den Songs an die Crowd richtet. Egal: Für die Zugabe versuche ich mit den Sprachkundigen etwas wie „Tallo“ oder „Callo“ zu schreien und – nachdem der kraftstrotzende Drummer fröhlich die Whiskey Flasche angesetzt hat – werden wir mit einem weiteren Lied belohnt. Verschwitzt und glücklich torkle ich nach Hause und gelobe dem griechischen Gott Apollon, nie mehr Setlisten zu stibitzen.
Text: Nicole Müller