11. November 2018
KIFF – Aarau
Bands: Beyond Creation / Gorod / Entheos / Brought By Pain
Tatort Delfterstrasse, Aarau. Die Laternen erhellen den schmalen Weg, die Treppen führen steil in Richtung des Telli-Viertels. Das Pulsieren in meinem Kopf wird stärker. Wieso jetzt, wieso Heute?! Ich schleppe mich weiter in Richtung KIFF. Nur noch wenige Schritte bis ins Foyer. Das Klopfen wird schwächer, die Vorfreude auf den heutigen Abend schwemmt die Schmerzen über Bord. Anhand des Line-Ups auch nicht verwunderlich. Nach mehreren freundschaftlichen Begrüssungen positionieren ich mich rechts neben der Bühne und warte.
Brought By Pain
Die Kanadier aus Montreal zeigen von Anfang an, weshalb das Land des Ahorns bezüglich technischen Metal Bands mit sehr hohem Niveau glänzt. Der 5er zelebriert eine Spielfreude, die enorm ansteckend ist. Es wird gegrinst, gelacht und mit dem Publikum gescherzt. Musikalisch ist die Band sattelfest. Man weiss wie man das Publikum abholt. Zuhause im progressiven Death Metal wird gestampft und gewalzt, die Meute im schon sehr gefüllten Foyer gibt sich überaus Bewegungsfreudig. Auffallend: Samuel Quimet’s Erscheinungsbild ist fast dasselbe wie das des Corpsegrinders aus früheren Tagen. Der Nacken, die Haare, die Stimme. Verblüffend. Leider ist das Konzert bereits viel zu schnell wieder vorbei. Die Menge tobt und klatscht noch lange nachdem die Band die Bühne verlassen hat.
Entheos
Nach dieser schweisstreibenden Runde folgt bereits der nächste Brocken. Entheos stellen eine Art „Supergroup“ dar. Bestehend aus ehemaligen Mitgliedern von Animals as Leaders, Animosity und The Faceless. Für genügend Qualität ist also gesorgt. Am Gesang steht mit Chaney Crabb eine stimmgewaltige Frontfrau, die ich in dieser Intensität und mit derartigem Können selten gesehen habe. Von tief bis ultra high wird stimmlich alles abgedeckt. Chapeau, Madame. Da muss sich selbst Walls of Jericho’s Candace Kucsulain warm anziehen. Musikalisch wird einiges geboten. Tech Death, Prog Death, Solos, langsam und geschmeidig, hart und Mitten in die Fresse. Überschwemmt von dieser ganzen Varianz geht jedoch irgendwie die Stimmung flöten. Auch die wirklich hohen Screams sind mir irgendwie ein Dorn im Auge, so speziell sie auch klingen mögen. Am Ende bleibt leider nicht viel übrig, alles gegeben hat die Band jedoch trotzdem. Nun freu ich mich vor allem aber auf die nächste Band.
Gorod
Der Fels in der Brandung, das Monster aus der Tiefe, des Thors Hammer. Wenn Gorod die Bühne betritt wird abgeholzt. Und wie. Die einzigen Europäer an diesem Abend („Vive la france!“) stehen mittlerweile auf einer Stufe mit Genregrössen wie Obscura. Und das zeigen sie auf eindrucksvolle Art und Weise. Es werden Tracks vom neuen Album „Aethra“ wie auch Klassiker aus den Zeiten von „A Perfect Absolution“ und „Leading Vision“ gespielt. Alles hat Hand und Fuss, alles ist on point. Einfach herrlich. Im Publikum fliegen die Haare, die Luft knistert. Einfach nur geil! Sänger Julien „Nutz“ Deyres glänzt an diesem Abend mit Ansagen auf Deutsch mit herbem französischem Akzent. Was für ein sympathischer Kerl. Als mit „The Axe of God“ als Zugabe mein absoluter Lieblingstrack erklingt, ist es um mich geschehen. Danke, Gorod, das war Weltklasse. Die Titelmusik spielt an diesem Abend jedoch eine andere Band.
Beyond Creation
„Algorythm“ heisst das gute Stück und wird heute Abend in voller Länge zu hören sein. Und die Scheibe ist wirklich gelungen. Die ebenfalls aus Montreal stammende Band tritt auf, als würden sie nie irgendwo anders spielen und das Foyer ihr zu Hause nennen. Die Frontreihe ist voll, es gibt kaum einen Zentimeter Platz für einen kleinen Kerl wie mich. Ich wurstel mich trotzdem in die Nähe der Stage um einen einigermassen guten Ausblick zu haben. Beyond Creation sind wahrlich ein würdiger Headliner an diesem Abend. Sympathisch, druckvoll und extrem talentiert. Gerne würde ich mehr über die Band berichten. Jedoch meldet sich genau jetzt Kollege «pochender Schmerz» mit voller Kraft zurück. Ich mache noch ein paar Aufnahmen und quäle mich durch die Massen nach draussen. Die kalte Luft weht mir entgegen, betrübt horche ich zurück und vernehme mit missmut, das Beyond Creation noch voll in Fahrt sind. Ich ziehe meinen Hut und schleppe mich die Treppen zum Bahnhof hinauf.
Text: Gianluca Teofani