27. Mai 2018
Salzhaus – Winterthur
Bands: Ty Segall & The Freedom Band / Mike Donovan / Duck Duck Grey Duck
Wer sich als Liebhaber der Gitarrenmusik am letzten Sonntag durch Facebook scrollte, ist unweigerlich über den einen oder anderen Facebook-Post zum Konzert von Ty Segall & The Freedom Band gestolpert. In meinen Augen einer der schönsten: «That concert tonight seems the place to be!». Um es gleich vorweg zu nehmen: Ja, genau so war es. Definitiv. Für mich persönlich eines der bisher besten Konzerte in diesem Jahr.
Die aus Genf angereisten und plötzlich zusätzlich im Line-up auftauchenden Duck Duck Grey Duck eröffneten den Abend. Ihr psychedelischer Surf-Rock mit vielen Einflüssen der Seventies trug die draussen vor dem Salzhaus noch scheinende Sonne ins abgedunkelte Gemäuer. Unbändige, spielerisch hervorragende und rhythmusbetonte Songs mit immer wieder überraschenden, grossartigen Übergängen und Intermezzi luden zum Tanzen, Haareschütteln und Rumhüpfen ein.
Mike Donovan, Mitglied von The Freedom Band, übernahm den zweiten Teil des Vorprogramms. Mit akustischer Gitarre bewaffnet war sein Set verglichen mit dem Hüpfprogramm von Duck Duck Grey Duck zu Beginn eher (zu) ruhig. Mike Donovan hatte viel zu erzählen. Aber auch der dramatische Abschluss mit einem Aufbau aus kreischenden Orgelklängen, obwohl sehr überraschend für das Genre, ging schlussendlich doch ein wenig unter in Anbetracht dessen, was danach noch folgte.
Auf Tour mit seinem neusten und zehnten Studioalbum «Freedom’s Goblin», zeigte der Multiinstrumentalist Ty Segall von Beginn weg, wie Rockmusik zu klingen hat, was sie zu bieten hat und was Rockmusik alles beinhaltet. Auf der Bühne mit The Freedom Band, derjenigen Truppe, die auch bei seinem aktuellen Album mitgewirkt hatte, gewitterte der Tausendsassa los, es gab kein Halten mehr. Der Moshpit begann zu brodeln, niemand konnte sich der Energie entziehen und musste mitgehen.
Egal was angespielt wurde, sei es eine von Ty Segalls früheren oder aktuellen Kompositionen, man spürte den unglaublichen Trieb und die Energie, die entstehen kann, wenn man fernab von Konventionen und Kontinuität Musik macht und entstehen lässt. Die Kombo bewegte sich in einem unglaublich weitgefächerten Spektrum von Classic Rock, Desert Rock, Grunge, Punk, Pop und das alles immer wieder gespickt mit epischen Abschweifungen.
Ein Song, man kennt ihn. Irgendwoher. Von welcher alten Rockband ist er? Ich hätte zu dem Zeitpunkt am Konzert, als ich es von Ty Segall & The Freedom Band gehört habe, nie an diese Band gedacht … Beim dargebotenen Hot Chocolate-Cover «Every 1’s A Winner» den Funk runtergeschraubt, das Tempo, den Fuzz und den Seventiesrock hochgedreht! Schlicht und einfach grandios.
Immer wieder die Momente, in denen man nicht glauben konnte, wie einem geschieht. «She» klingt nach Stoner, plötzlich folgen wieder die ausgedehnten, abdriftenden, psychedelischen Solis, getrieben von den Drums und dieser einzigartigen und eigentlich nicht in Worte fassbaren Prise Ty Segall.
Wer von Ty Segall & The Freedom Band nicht mitgerissen wurde, war selber schuld. Ich jedenfalls verabschiedete mich mit einem Dauerlächeln auf dem Gesicht, 60 Franken ärmer, dafür zwei Doppel-LP’s reicher (kann ich nur empfehlen) auf den Nachhauseweg.
Text: Mischa Castiglioni