5. November 2017
Gaswerk – Winterthur
Bands: And So I Watch You From Afar / Newmoon
Das nennt man dann wohl perfektes Timing: Den Vollmond draussen am Nachthimmel, den Neumond auf der Kellerbühne des Gaswerks. Newmoon, eine fünfköpfige Band aus Belgien, spielen sich nicht nur mit verträumten Gesängen, melancholischen Melodien und Klängen, die einen an intergalaktische Sphären erinnern, in die Herzen des Winterthurer Publikums, sie sammeln auch eine Menge Sympathiepunkte. „Mann, ihr seid cool“, schleimt sich der grossgewachsene Sänger der Band bei den Zuhörern ein, während er zu den Songs in Adidas-Turnschuhen und Hochwasserjeans über die Bühne schwebt und tanzt. Die Namen der Bandmitglieder scheinen ein grosses Geheimnis zu sein, denn auf keiner ihrer Internetseiten oder Social Media-Plattformen ist ein Hinweis auf ihre wahre Identität zu finden.
Nebst lobenden Worten ans Publikum bekommen auch das Gaswerk und seine Helfer einige liebe Worte geschenkt. Und dies zu Recht, denn die fast ausschliesslich gemeinnützig arbeitenden Gaswerkler machen Konzert für Konzert einen grossartigen Job. Kleiner Kritikpunkt: Die Gitarre des Sängers ist dermassen laut, dass die Arbeit der beiden anderen Gitarristen nahezu ungehört bleibt. Alle drei Gitarristen haben eine ganze Auswahl an Pedals und Effektgeräten vor sich stehen und wissen diese auch gekonnt einzusetzen. Die Songs scheinen durchdacht und geübt, die Musiker wissen, was sie aus ihren Instrumenten herausholen können.
Mit ihrer verträumten und sanften Art, die dennoch Platz für dröhnenden Bass und schwere Drumbeats lässt, ist Newmoon der perfekte Eröffnungsact für And So I Watch You From Afar. Die vier Iren sind nicht zum ersten Mal im Gaswerk zu Gast, bereits 2013 lernten sie den kleinen Konzertkeller kennen, der auch an diesem Samstag wieder gut besucht ist. Trotz meist düsterer Stimmung ihrer Musik scheint die Laune der Musiker grossartig zu sein – sie scherzen, danken und erzählen, was im Publikum auf allgemeine Freude stösst.
Die Band hat vor wenigen Tagen erst ihr fünftes Studioalbum „The Endless Shimmering“ veröffentlicht, welches in der Musikpresse zu Recht hoch gelobt wird. Auch live kommen die neuen Stücke gut an, wobei auch allgemeine Freude bei älteren Songs wie „Set Guitars To Kill“ oder „Run Home“, welcher als einer der wenigen Songs der Band auch einzelne Gesangsfetzen enthält, aufkommt. Beim erstmaligen Durchlesen der Tracklist, auf welcher Namen wie „If It Ain’t Broke … Break It“, „Eat The City, Eat It Whole“, „Ka Ba Ta Bo Da Ka“, aber auch „Lifeproofer“, „All I Need Is Space“ oder „A Slow Unfolding Of Wings“ vermerkt sind, lässt sich, sofern dies möglich ist, ein ziemlich akkurates Bild der Musik von ASIWYFA machen. Sie erinnert an Luftschlösser, Schmetterlinge, Tsunamis und Hagelstürme, und dies durchaus in Kombination. Sie lädt ein zu stummem Kopfnicken, Tanzeinlagen oder Augenschliessen. Wobei einem bei letzterer Option die weit bekannte Liveperformance entgeht. ASIWYFA sind aber nicht nur wild und laut, sondern auch bemerkenswert tight – trotz schnellen Rhythmuswechseln und gelegentlichen Noise-Einlagen. Zweifel am musikalischen Geschick der Nordiren ist fehl am Platz.
Auf der Bühne befinden sich mehrere LED-Röhren, welche die Bühne mit teilweise schnellen Wechseln in farbiges Licht tauchen. Sie erinnern ein bisschen an Laserschwerter, was jedoch für die Musik und die Atmosphäre nicht weiter verwerflich ist. Ergänzend zu den Lichtspielen der Scheinwerfer werden die Songs so optimal zur Geltung gebracht.
Das lange Set endet erst kurz nach Mitternacht, was dem einen oder anderen einen leicht nervösen Blick auf das Smartphone nicht erspart. Denn das Gaswerk ist leider nicht in nächster Nähe des Winterthurer Hauptbahnhofs zu finden und, den gesprochenen Sprachen und Dialekten im Publikum nach zu urteilen, hat der eine oder andere Konzertgast noch eine geraume Menge an Heimweg vor sich.
Ich persönlich verlasse das Gaswerk mit Freude über ein gelungenes Konzert, welches das am Bergmal Festival erweckte Bedürfnis nach Post-Rock vorerst stillen konnte. Und beim Aufschliessen meines Fahrrads kreuze ich noch flüchtig die Wege von Newmoon, welche sich während dem Konzert von ASIWYFA unter das Publikum gemischt oder am Merchandise-Stand aufgestellt haben und nun fleissig dabei mitanpacken, das Equipment zurück in den bereitstehenden Van zu verfrachten. Und, mich auf meine bescheidenen Belgischkenntnisse stützend, sind diese dabei noch immer bester Laune.
Setlist:
1. Dying Giants
2. Search Party Animal
3. Like A Mouse
4. Terrors of Pleasure
5. Beautiful Universe Master Champion
6. Wasps
7. A Slow Unfilding Of Wings
8. 7 Billion People All Alive At Once
9. Don’t Waste Time
10. Set Guitars To Kill
11. Run Home
12. Eunoia
13. Big Thinks Do Remarkable
14. The Voiceless
Text: Sarah Rutschmann
Bilder: Kathrin Hirzel