24. September 2016
Raumbar Kofmehl – Solothurn
Bands: Myrath, DGM, Influence X, Appearance Of Nothing
Das kleine und feine Eleven Rock Festival gehört schon zur festen Institution im Schweizer Festival Überangebot und überrascht jedes Jahr mit exklusiv gebuchten Highlights. Die Liebhaber progressiver Mucke konnten sich dieses Jahr an einer handverlesenen Auswahl von vier Bands erfreuen und die Frage, ob eine davon nur ein „Lückenfüller“ gewesen ist, stellte sich für mich erst gar nicht. Zum ersten Mal war das Eleven Rock Festival ausverkauft und die Raumbar packend voll.
Mit Appearance Of Nothing startete bereits um 19 Uhr im Kofmehl, Solothurn „die Sause“ und wer Bedenken hatte, dass der Auftritt viel zu früh von statten ging, wurde eines besseren belehrt. Das Ansehen der Basler ist viel zu gross und somit liess man sich diesen Auftritt einfach nicht entgehen. Die Zuschauer waren alle früh gekommen, um die Vorzeige-Progger zu feiern. Zudem wurde mit Spannung der Wechsel an der Gitarre erwartet. Manuèl Meinen ersetzte (erst Mal für Live Auftritte) das langjährige Mitglied Peter Berger und irgendwie muss ich sagen, dass die neue Konstellation richtig frischen Wind in die Performance gebracht hatte. Aufgrund „unüberwindbaren Differenzen“ trennten sich Berger und Band und ob Meinen der Nachfolger werde wird? Wir werden es sicher bald erfahren. In jedem Fall: Hammer Auftritt!
Für das nächste Highlight sorgten Influence X aus dem Kanton Schwyz – eine Band die ebenfalls zum festen Bestandteil der Schweizer Prog Szene gehört und wie Apperance Of Nothing nicht mehr wegzudenken ist. Influence X ist bekannt für Prog-Extravaganza durch anspruchsvolles Songwriting. Man wird daher nun langsam etwas ungeduldig, was den Nachfolger vom ersten Album „Existence“ betrifft. Wenigstens wurde das Publikum an diesem Abend mit gleich zwei neuen Songs („Terror Keep On Reign“, „Holy Ground“) beglückt, die sehr vielversprechend klangen. Laut Sänger Ramin Dänzer kann man spätestens im Sommer 2017 mit einem neuen Studio Album rechnen.
Eine weitere „sichere Bank“, was perfekte Live-Performance und technische Höchstleistung angeht, waren die Italiener DGM. Die „Buddies“ von Symphony X haben sich wohl von der grossen Schule des Progressive Metal hervorragend belehren lassen – so meint man. Tatsächlich gibt es beide Bands jedoch bereits seit 1994. Meine Reaktion bei jedem DGM Konzert ist irgendwie immer gleich: Erst mal leer Schlucken sobald Frontmann Mark Basile mit seiner herausragenden Stimme einsetzt. Der Sänger, der erst 2007 zur Band gestossen ist, überzeugte sofort und hielt das Niveau wie gewohnt durchweg so gut, dass ich fast nicht glauben konnte, dass der Gesang live vorgetragen wurde. Die grosse Frage an dieser Stelle ist: Was um Himmels Willen machen die Jungs bei DGM denn eigentlich falsch, dass sie immer noch zu wenig Aufmerksamkeit bekommen? Das neue Album „The Passage“, welches im August 2016 veröffentlicht wurde, liess mich bereits beim ersten Anhören mit geplatzten Augäpfeln ratlos in meinen Sessel sinken. Ein absolut grossartiges Release mit Gastauftritten von Tom Englund (Evergrey) und Michael Romeo (Symphony X) welches nicht nur live fesselt. Wer „The Passage“ also noch nicht hat, soll es unbedingt kaufen.
Als Headliner rundeten Myrath den perfekt gestalteten Abend ab, welche ebenfalls ein in diesem Jahr veröffentlichen Release („Legacy“) vorstellten. Die Tunesier hielten an ihren Wurzeln fest und verwöhnten das Publikum zu Beginn der Show mit einer einheimischen Tänzerin, was natürlich perfekt zu dem mit orientalischen Klängen bespickten Sound von Myrath passte. Das Zusammenspiel der unterschiedlichen Facetten des Metal wurde wie auch schon im Vorprogramm von Symphony X (März 2016) gesehen, makellos vorgetragen. Für mich klangen Myrath jedoch stellenweise einen Tick zu schnulzig, was aber meines Erachtens der Band eher zu Gute kommt, denn das könnte die Erklärung dafür sein, dass sich Myrath einem wachsenden Bekanntheitsgrad erfreuen dürfen. Der Abend hatte seinen Höhepunkt erreicht und das Publikum war sichtlich zufrieden.
Fazit: Patrick Becker und Andrea Gurtner (Eleven Rock Veranstalter) haben erneut bewiesen, dass sie das richtige Gespür für die Band-Auswahl haben. Bleibt nur zu hoffen, dass Eleven Rock auch nächstes Jahr wieder stattfinden wird. Die Motivation sollte dann in jedem Fall „der Umzug“ von der Raumbar in den grossen Saal im Kofmehl sein. Dieses Mal hat es nur noch eine handvoll Leute benötigt. Der Event war in jedem Fall ein Highlight und glänzte mit einem mehr als gelungenen Line-up.
Text: Liane Paasila
Bilder: Kathrin Hirzel