7. Mai 2016
KiFF – Aarau
Bands: Long Distance Calling / Rendezvous Point / Petter Carlsen
Ein neues Album ist für jede Band eine Herausforderung und Spannung zugleich. Und wenn man es wagt, mehrere Komponenten völlig neu zu machen, dann ist das umso mutiger und riskanter. Long Distance Calling sind diesen Schritt gegangen.
Bekannt und beliebt wurden die Post-Rocker aus Münster durch ihre langen und repetitiven Instrumentalstücke. Das funktionierte vier Alben lang und ihre Live-Shows waren wuchtig und voller Atmosphäre. Auf ihrem aktuellen Album «Trips» ist nun einiges anders. Nebstdem, dass es teilweise fast schon nach Pop klingt und die Keyboard-Passagen fremd anmuten, kam ein neuer Sänger hinzu.
Martin Fischer, der langjährige Sänger, verliess die Band im 2015. An seine Stelle wurde Petter Carlsen engagiert, der bereits auf dem Stück «Welcome Change» als Gastsänger die Luft bei Long Distance Calling schnupperte. Auch für Anathemas Album «Weather Systems» lieh Carlsen schon seine Stimme.
Normalerweise ist Petter solo unterwegs und spielt melodische Pop-Musik. Und dies tat er dann gleich als erste Band des Abends im KiFF. Zart, ruhig und mit gefühlvoller Stimme sang er ein Stück nach dem anderen, nur mit seiner Gitarre, die er aufnahm und in Schlaufe gleich wieder laufen liess. Ein Mann alleine auf der Bühne wirkt immer verloren. Vor allem, wenn der Abend unter dem Label «Metal Mayhem» läuft. Man traut sich nicht den Saal zu verlassen, obwohl man zu dieser Musik lieber irgendwo gemütlich sitzen würde. Doch weil es so zerbrechlich wirkt, wird zugehört.
Petter ist entsprechend nervös und schon nach den ersten Takten ein erstes «Oups». In etwa der Hälfte des Sets kommt Unterstützung in Form des Long Distance Calling Gitarristen David Jordan hinzu. Dass das Looping beim letzten Song nicht gleich von Anfang an klappte, war ebenso sympathisch, wie sein gesamter Auftritt.
Die Stimmung für Metal-Mayhem-würdig vorzubereiten, lag nun in den Händen der zweiten Band aus Norwegen mit dem Namen Rendezvous Point. Geschmackssache. Wenn Männer operetten-ähnlich Metal interpretieren, das klingt selten wirklich überzeugend. Oder war es einfach zu viel Pop im Rock? Das Gesamtbild passte nicht. Dass sie dann noch technische Probleme hatten, machte ihren Auftritt nicht einfacher. Wieso das Keyboard nicht einfach weglassen und weitermachen und sich auf das Wesentliche konzentrieren ohne den theatralischen Firlefanz? Eben… Geschmackssache.
Endlich, jetzt fängt der Konzertabend richtig an. Oder? Long Distance Calling 2016. Über dem neuen Album «Trips» scheiden sich bereits die Geister. Zu elektronisch, zu poppig? Es fehlt der Druck, um das ganze KiFF auszufüllen. Und das lag nicht nur am relativen leisen Sound. Die Soundteppiche und das Repetitive, das sonst Hühnerhaut bereiteten, blieben flach und zäh.
Nach gut einem Drittel des Sets stand dann auch wieder der Norweger Petter Carlsen auf der Bühne. Dieses Mal als neues Bandmitglied. Und dass seine Stimme ein wesentlicher Bestandteil von Long Distance Calling ist, gab er bis am Ende zum Besten. Mit Gesang nun also. Und ja, singen kann Carlsen, zweifelsohne. Doch auch hier… Geschmackssache.
Text: Nicole Imhof
Bilder: Kathrin Hirzel