Datum: 21. November 2015
Ort: Z7 – Pratteln
Bands: Fish / Lazuli
Wer Lazuli als Vorband wählt, muss wirklich selbstbewusst sein, denn die sympathischen Franzosen um Frontmann und Sänger Dominique Leonetti haben einen respektablen Ruf und erfreuen sich einer grossen Fangemeinde. Kein Wunder, denn die Band existiert mittlerweile seit über 17 Jahren und liefert einen spannenden Mix von Progressive-, Folk- und Ethno-Rock. Klanglich sind die Süd-Franzosen eine interessante Kombo, die viel perkussive Elemente verwenden und gerne nicht alltägliche Instrumente wie das Waldhorn einsetzen.
Eines kann man mit gutem Gewissen sagen – Live sind Lazuli ein ausserordentliches Erlebnis. Die Jungs haben eine unglaubliche Präsenz und bringen ihren Sound in einer Art und Weise rüber, wie es auf den CDs nicht gelingt.
Klar durfte die Xylophon-Einlage nicht fehlen und als Lazuli damit Incommunicado anstimmten, hatten sie das Publikum sowieso gänzlich im Sack. Doch auch ohne die Nummer überzeugten die Franzosen von A bis Z. Chapeau und das nächste Mal hoffentlich als Headliner.
Es gibt Ereignisse im Weltgeschehen, von denen nimmt man Kenntnis, es gibt welche die bleiben in Erinnerung und es gibt welche, die haben sich unauslöschlich im Erinnerungsvermögen eingebrannt. Eines dieser Ereignisse war die Meldung 1988, dass Derek William Dick, besser bekannt als Fish, seine Band Marillion verlässt.
Objektiv betrachtet, hat das Marillion genau so wenig geschadet wie Fish. Marillion mit Nachfolger Hogarth war nun eine Band – frei vom Überperformer Fish und Derek konnte als Solokünstler die Aufmerksamkeit empfangen, die er eigentlich verdiente. Das lief zwar anfangs nicht ganz so gut wie erwartet, aber dennoch wurde Fish eine etablierte feste Grösse – quasi ein Fels in der Brandung. Er ist unumstösslich eine der schillerndsten Figuren, die die europäische Musiklandschaft hervorgebracht hat. Derek ist mit seinen 57 Jahren noch lange kein Dinosaurier, aber dennoch eine Seniorität der Gesangs-Gilde. Lange Rede kurzer Sinn – trotz dem tollen letzten Album „A Feast Of Consequences“ hat Fish wohl keinen Bock mehr allzu lange zu touren und die aktuelle Tour sei die zweitletzte seiner Karriere. So liess er es jedenfalls verlauten, aber man kennt es ja von den Rolling Stones, die jedes Jahr eine Abschieds-Tournee spielen und es dann trotzdem nicht lassen können.
Warum denn ist die zweitletzte Tour so spannend, darüber zu berichten? 1. Es ist Fish und das ist schon Grund genug. Und 2. hat die Tour den Namen „Farewell To Childhood“ – ergo, die Band spielt das komplette „Misplaced Childhood“ Album von Marillion aus dem Jahre 1985. Klar, dass die Marillion Fans gesetzteren Alters hellhörig wurden und klar war auch, dass viele den Weg nach Pratteln finden würden.
Tja, Lazuli haben eine erstaunlich gute Vorlage gegeben und entsprechend hoch waren die Erwartungen. Vorweg darf gesagt werden, dass nicht alle Vorstellungen erfüllt wurden. Glücklicherweise verhärteten sich die Gerüchte nicht, dass Fishs Stimme wohl am Ende sei, denn der lieferte eine passable Leistung ab. Musikalisch war es guter Durchschnitt aber klanglich hätte die Band um den charismatischen Schotten Besseres verdient.
Was soll man sagen – das Z7 war so gut wie ausverkauft und trotz der Popularität von Fish, war wohl das Über-Album „Misplaced Childhood“ von Marillion massgeblich dafür verantwortlich. In der Tat war das Publikum eher älter und schwer Marillion orientiert. Nach ein paar Solo Nummern wandte sich Fish wieder dem Publikum zu und begann über seine Glatze zu jammern. Tja, da war er wohl nicht alleine und dies zeigte er auch allen in dem er Licht ins Publikum verlangte und mit den Worten „Shine“ die Anzahl Glatzen kommentierte. Shine, shine, shine und nochmals shine erklang es von der Bühne und rief so allen in Erinnerung, dass die Zeit ihre Spuren hinterlässt (danke, das sehe ich jeden Morgen selber im Spiegel). Mehr noch war es aber die Ankündigung für die folgenden 45 Minuten von „Misplaced Childhood“ und ehe man sich versah, trällerte Fish „Kaileigh“ von der Z7 Bühne.
Die Band von Fish ist hochprofessionell aber auch mit Ex-Marillion Frontmann Fish klingt „Misplaced Childhood“ einfach nicht so, wie es klingen sollte. Gut, aber nicht besser wie eine tolle Cover-Band. Nun, genau genommen war es das ja auch und auch wenn emotional wertvoll, war es letztendlich nicht mehr als die Darbietung eines tollen Sängers, dessen Stimme sich in den letzten 30 Jahren vorteilhaft weiterentwickelt hat und eine musikalisch hochkarätige Band, die den Spirit des Albums würdig versucht hat zu präsentieren. Die Reaktion des Publikums war allerdings frei von Kritik und so kann man sagen, dass der Gig mehr als nur ein Erfolg war. Ob es was Besonderes war? Ja das war es, aber den Gig mit Superlativen zu überschütten wäre dann doch zu viel des Guten. Es bleibt die Frage, ob Fish das Z7 gefüllt hätte ohne die „Misplaced Childhood“- Injektion.
Fazit: „Misplaced Childhood“ mit der Ur-Besetzung von Marillion ist und bleibt eines der wichtigsten Alben seiner Zeit. Die Performance von Fish war einmal mehr ein wundervolles Erlebnis, aber authentischer wäre der Gig mit seinen Solo-Nummern gewesen, die wahrhaftig ebenbürtig sind.
Setlist:
01. Pipeline
02. Feast of Consequences
03. Family Business
04. The Perception of Johnny Punter
Misplaced Childhood
05. Pseudo Silk Kimono
06. Kayleigh
07. Lavender
08. Bitter Suite
09. Heart of Lothian
10. Waterhole (Expresso Bongo)
11. Lords of the Backstage
12. Blind Curve
13. Childhood‘s End?
Zugabe 1
14. Market Square Heroes
Zugabe 2
15. The Company
Text: Daniel Baratte
Bilder: Liane Paasila