Datum: 10. November 2015
Ort: Gaswerk– Winterthur
Bands: Backyard Babies / Heavy Tiger / Junkstars
Nach mehrjähriger Bandpause kehrten sie endlich zurück ins Rampenlicht, im Gepäck mit dabei ihr neues Album „Four By Four“, welches im August dieses Jahres erschienen ist. Die Rede ist von niemand geringerem als den Backyard Babies! Die vier Jungs aus Nässjö, Schweden befinden sich aktuell auf Europatour und beehrten dabei auch das Gaswerk in Winterthur. Als musikalische Unterstützung mit dabei die Band Junkstars und das ausschliesslich weibliche Trio von Heavy Tiger.
Den Auftakt des Abends machten die drei Jungs der aus Stockholm, Schweden stammenden Band Junkstars. Die Musikrichtung der Band, bestehend aus Sänger und Gitarrist Max „Max“ Malmquist, Bassist und Backing Vocals-Sänger Tobbe „Bronxen“ Ljungqvist sowie Drummer Mathias „Matte“ Wanneberg, lässt sich am ehesten als eine Mischung aus Punk und Rock n’ Roll beschreiben.
Die Halle des Gaswerks war zum Zeitpunkt des Auftrittes von Junkstars nur spärlich gefüllt und zwischen der ersten Reihe, die bereits gut besetzt war, sowie dem hinteren Teil der Publikumsfläche klaffte eine breite Lücke und es schien beinahe so, als würde den Besuchern der Mut fehlen, sich der Bühne zu nähern. Als Frontmann Max die Zuschauer aufforderte, sie sollen sich doch bloss einen Schritt näher an die Bühne begeben, taten diese genau das und tätigten genau einen Schritt nach vorne. Die Lücke bestand weiterhin. Die Junkstars legten einen souveränen Auftritt hin, dennoch konnten sie das Publikum nicht in ihren Bann ziehen. Sänger Max Malmquist versuchte die Menge zwar mit Witz und Wort zu überzeugen, jedoch nütze auch das nichts um die Stimmung im Gaswerk anzuheben.
Während sich der Saal immer mehr mit Menschen füllte, stand bereits der zweite Act des Abends in den Startlöchern. In roten Overalls mit unterschiedlichen Glitzermuster an den Beinen und ihrem Bandlogo auf dem Rücken, präsentierten sich die drei Mädels von Heavy Tiger dem Publikum. Mit einem Mix aus Rock ’n’ Roll und dem Hard Rock der 1970er Jahre versuchte das Trio, zusammengesetzt aus Frontfrau und Gitarristin Maja Linn Samuelsson, Bassistin und Backgroundsängerin Sara Frendin sowie Drummerin und Backgroundsängerin Astrid Carsbring, die immer noch schläfrige Stimmung im Gaswerk in eine aktivere zu verwandeln.
Die kratzige Stimme der Frontfrau passte gut zum Sound, jedoch waren die einzelnen Stücke wenig abwechslungsreich und es kam einem beinahe so vor, als bestünde die gesamte Show nur aus einem einzigen, langen Stück. Durch Animierungsversuche, mit teilweise gar etwas aggressivem Unterton, versuchte Sängerin Maja das Publikum zum Mitmachen zu bewegen, was ihr allerdings trotz jeglichen Versuchen nie zu gelingen vermochte. Mit wilden Luftsprüngen und den passenden Gitarren-Moves rotzten die Mädels dem Publikum den Rock mit Einflüssen von AC/DC, The Who und den Rolling Stones um die Ohren. Dennoch, die Masse konnte schlicht und einfach nicht mitgerissen werden, obwohl an der Performance und dem musikalischen Können der drei Schwedinnen an sich nicht viel auszusetzen war.
Nach diesen beiden Auftritten war klar – das Publikum wartete einzig und allein auf den Headliner des Abends. Vorhang auf für die schwedischen Retter des Rock’n’Roll’s, die selbsternannte „letzte wahre Rock’n’Roll Band“: Die Backyard Babies! Eröffnet wurde die Show mit dem Song „Th1rt3en or Nothing“, einer der wenigen Songs des neuen Albums, welche die Band an diesem Abend zum Besten gab. Gleich von der ersten Sekunde weg gaben die Backyard Babies alles und machten den Zuschauern dabei ordentlich Feuer unter dem Hintern. Das charakteristische Aushängeschild der Band bilden klar Gitarrist und Backingvocal-Sänger Andreas Tyrone „Dregen“ sowie Frontmann und Gitarrist Nicke Borg. Die absolute Perfektion erlangt die Band durch die solide, fundamentale Unterstützung von Bassist Johan Blomquist und Drummer Peder Carlsson. Die schwedischen Teufelskerle verwandelten das Gaswerk innert kurzer Zeit in einen brodelnden Hexenkessel. Es wurde getanzt, gepogt und geschwitzt und von der anfänglichen Trauerstimmung war lange nichts mehr übrig.
Bei der Auswahl der Setlist fokussierten sich die Backyard Babies vor allem auf deren älteren Knaller wie „Song For The Outcast“, „Highlights“, „Roads“ und “Star War”. Vom neuen Album wurden lediglich etwa drei oder vier Songs gespielt, darunter neben „Th1rt3en or Nothing“ beispielsweise auch „Bloody Tears“. Dem Publikum schien die Songauswahl zu gefallen, denn diese quittierten jedes Stück mit lautem Jubel und eifrigem Mitklatschen und Mitgrölen. Das bekannte Bühnenbild hat sich auch nach der Bandpause nicht verändert, rote Lichterketten zierten die Verstärker und überall wurden rotierende, rote Leuchtsirenen angebracht.
Nicht nur das Alter der vier Schweden hat sich in den letzten Jahren nach oben geändert, mittlerweile haben diese doch schon alle die 40er Marke geknackt, auch das Trinkverhalten der Jungs hat sich deutlich verändert. Wurde noch vor sechs Jahren hauptsächlich Bier auch auf der Bühne als Durstlöscher verwendet und dabei das Rockerimage nochmals deutlich unterstrichen, ist es heute (für echte Rockstars beinahe spiessig) bloss noch eine Tasse Tee und ein Becher Orangensaft.
Nichtsdestotrotz beherrschen Dregen & Co. das Animieren der Menge genauso wie 25 Jahre zuvor. Während Dregen ganz auf Rampensau machte, dabei mit nacktem Oberkörper seinen Fans die Gitarre in allen erdenklichen Positionen präsentierte und das Lebensmotto „Sex, Drugs & Rock’n’Roll’“ mehr als verkörperte, feuerte Sänger Nicke mit gewohnt charakteristischer und dreckiger Stimme die Vocals ins Publikum und animierte dieses alleine durch seine Präsenz zum Mitsingen. Drummer Peder, die Haare zu Zöpfen geflochten, haute gehörig in die Felle und Bassist Johan spielte auf seinem Instrument, bis die Saiten förmlich glühten. Die mehrheitlich tätowierten Haud(r)egen brachten das Gaswerk beinahe zur Explosion und ihre gute Laune sowie die deutlich zu erkennende Freude am gemeinsamen Musizieren, steckte jeden Besucher des Konzertabends unmittelbar an.
Beim Super Hit „Brand New Hate“ schien das Publikum komplett durchzudrehen, dies zeigte sich durch engagiertes Moshen, exzessives Headbangen und dem lautstarken mitbrüllen des Textes. Immer wieder stellten sich Nicke, Dregen und Johan auf die extra angebrachten Podeste um ihren Fans noch näher zu sein und klimperten oberhalb deren Köpfen ununterbrochen auf ihren Instrumenten. Um der Performance noch den letzten Schliff zu verpassen, schoss aus den direkt unterhalb des Podestes angebrachten Düsen, jeweils eine Ladung an künstlichem Nebel und umhüllte die drei Musiker.
Auch als kurzzeitig die Gitarre von Dregen aufgrund eines technischen Defektes ausfiel, wurde die euphorische Stimmung nicht getrübt. Dank der hoch professionellen Roadie-Crew der Backyard Babies konnte dieses Problem innerhalb kürzester Zeit behoben werden und gekonnte Gitarrensolen sowie die volle Ladung an Power, Sleaze und Energie dröhnten wieder in voller Lautstärke aus den Boxen. Ein schweissgetränkter Abend der Extraklasse der definitiv Lust auf mehr machte und die Babies hätten wohl der Meinung vieler, mit der gesamten Show gleich nochmal von Vorne loslegen können. Nach weiteren Klassikern wie „Dysfunctional Professional“, „Minus Celsius“ sowie „Nomadic“ und rund eineinviertel Stunden später, verabschiedeten sich die Band unter tosendem Applaus und lauten Jubelpfiffen von ihren Fans.
Text + Bilder: Andrea Germann