Datum: 9. November 2015
Ort: St. Jakobshalle – Basel
Bands: Mötley Crüe / Alice Cooper
Sie sind der Inbegriff des Rock-Exzesses: Mötley Crüe. Die Titanen des Hair Metal fegten in den 80er Jahren mit Sex, Drugs and Rock’n’Roll durch die Musiklandschaft; dass die vier Männer noch leben, ist ein Wunder.
Und jetzt die Final Tour – die Rocker verabschieden sich von den Fans und fahren das gesamte Arsenal eines Pyromanen auf. Nikki Sixx fackelt mit Flammenwerfern die halbe Bühne ab, während Knallkörper und Feuerwerk kontinuierlich die Show untermalen. Eine Show, die ein letztes Mal die durchgedrehten Ausschweifungen der Reagan-Ära aufleben lässt.
Zuerst aber tritt Alice Cooper auf: der Rentner im Horrorlook, cool und souverän. Unterstützt von seiner enthusiastischen Band – allen voran Gitarristin Nita Strauss – wirbelt der Altmeister durch sein Programm. Krücken und Gehstöcke dienen als Requisit; Cape und Kostüm geben ihm den Hauch eines Zirkusdirektors, der seine wilde Truppe zu bändigen versucht. Stark. Kultig.
Bühne frei für Mötley Crüe. „Girls, Girls, Girls“ ist die Initialzündung, gefolgt von „Wild Side“. Klassiker des Glam Metal, unverblümt und schnörkellos.
Inhaltlich sollte man bei Mötley Crüe Songs allerdings nicht zu genau hinhören: die Lyrics drehen sich um „Yankee girls ya just can’t beat / But they’re the best when they’re off their feet“ und „Girls will be girls / It’s the same ol‘, same ol‘ situation / It’s the same ol‘, same ol‘ ball and chain“. Erstens simpel, zweitens alles andere als feministisch. Da helfen auch die zwei Backing-Sängerinnen in ihren knappen Tenues nicht – sie könnten direkt einem Musikvideo der 80er Jahre entstammen. Wieviel Selbstironie hier im Spiel ist, bleibt unklar.
Musikalisch haben Mötley Crüe ebenfalls wenig Tiefgang; mir fehlen Raffinesse und Vielschichtigkeit. Wobei das bei Glam Metal auch nicht zu erwarten ist. Momente der Spannung gibt es dennoch im Rhythmus von „Shout At The Devil“ und im geradezu experimentellen Gitarrensolo von Mick Mars.
Ebenso positiv: „Saints of Los Angeles“ und „Kickstart My Heart“ bieten Faust-in-die-Luft „ooh yeah“ Momente, und „Dr. Feelgood“ ist klasse. Dass sie auch leisere Töne anschlagen können, beweisen Mötley Crüe mit ihrer „Home Sweet Home“ Zugabe auf einer kleinen Bühne mitten im Publikum – ein schöner Abschied auf Tuchfühlung mit den Fans.
Meist dreht die Band den Regler des Show-Exzesses jedoch auf 11. Vince Neil und Nikki Sixx schweben auf Kränen über den Zuschauern und speien Feuer und Konfetti. Doch es ist Tommy Lee, der den Vogel mit seiner Crüecifly-Konstruktion abschiesst: sein drehendes Drumpodest fährt auf einer Art Achterbahn an der Decke von der Bühne bis zum Mischpult, während er kopfüber vor sich hintrommelt. „This has been my lifetime dream“, meint er ekstatisch.
Mötley Crüe und der Ausklang des Hedonismus – da bekommt man was geboten für sein Geld.
Setlist Mötley Crüe:
Girls, Girls Girls
Wild Side
Primal Scream
Same Ol‘ Situation (S.O.S.)
Don’t Go Away Mad (Just Go Away)
Smokin‘ In The Boys‘ Room (Brownsville Station Cover)
Looks That Kill
Motherfucker Of The Year
Anarchy in the U.K. (Sex Pistols Cover)
Shout At The Devil
Louder Than Hell
Drum Solo
Guitar Solo
Saints Of Los Angeles
Live Wire
Dr. Feelgood
Kickstart My Heart
Home Sweet Home
[Quelle: setlist.fm]
Text + Bilder: Anna Wirz