Datum: 15. September 2014
Ort: Salzhaus – Winterthur
Bands: God Is An Astronaut
Es gibt dankbarere Aufgaben, als an einem Montagabend ein Konzert zu spielen. God Is An Astronaut haben sich dieser Herausforderung gestellt und am Montag, 15. September das rund zur Hälfte gefüllte Salzhaus beehrt. Wer der Montagabend-Lethargie entfliehen konnte, wurde ausgiebig mit Post-Rock der Extraklasse belohnt.
Kurz nach 21.00 Uhr betraten die vier Musiker die Bühne und legten ohne grosses Intro-Getöse los. Rasch wurde klar, dass an diesem Abend grosse Gesten, Spezialeffekte oder Showbombast keinen Platz hatten.
Musik in Ihrer reinsten Form war angesagt. Musik, die keine Worte braucht, um Geschichten zu erzählen und Emotionen zu transportieren, sondern lediglich mit der puren Klangkraft von Gitarre, Bass, Keyboards und Drums auskommt.
Die ersten zerbrechlichen Piano-Klänge des Opener „When Everything Dies“ füllten den Raum. Nach und nach gesellten sich die restlichen Instrumente dazu und bauten eine für die Band typische Soundwand auf, die wieder genauso schnell verstummte, wie sie begonnen hatte. Dieses Spiel mit der Dramaturgie beherrschen die vier Iren ausgezeichnet und sie verstehen es, damit das Publikum zu packen und in trance-ähnliche Zustände zu führen. Wenn man sich umschaute, entdeckte man zahlreiche geschlossene Augenpaare: Kopfkino-Modus on.
Wer die Augen zwischendurch öffnete, konnte den vier Musikern bei ihrem begnadeten Spiel zusehen. Auf der linken Seite Gitarrist und Keyboarder Jamie Dean, in der Mitte der Kopf der Band Torsten Kinsella an der Gitarre, rechts sein Bruder Niels Kinsella am Bass und dazwischen Drummer Stephen Whelan. God Is An Astronaut verblüfft durch ein stringentes, harmonisches und vor allem kompaktes Zusammenspiel ohne ausufernde Gitarren- oder Drum Soli.
Wofür andere Post-Rock-Bands 15 Minuten oder länger brauchen, benötigen sie meist nur eine knackige Single-Länge. Dennoch sind alle Elemente des Post-Rock enthalten und werden teilweise noch durch Drum-Loops, Elektronikspielereien sowie kernigem Indie, treibenden Metal-Versatzstücken und psychedelisch angehauchten Space-Rock ergänzt. Die Schwerelosigkeit, die viele Lieder ausstrahlen, ist vor allem dem Einsatz des Vocoders zu verdanken. Er verfremdet Torstens und Jamies Stimmen und verwandelt sie in ein zusätzliches Instrument. Durch die hochgepitchten „Ooohs“ und „Aaahs“ (mehr Lyrics wären definitiv zu viel) werden wunderschöne, höchst melodische Harmonien erzeugt, die nicht von dieser Welt sind. Unterstützt wird die emotionale Kraft ihrer Instrumentals durch eine Lightshow, die perfekt auf die Beschaffenheit der Musik angepasst ist – nicht zu üppig, sondern wohldosiert und immer wieder überraschend.
Rund 100 Minuten überzeugten God Is An Astronaut mit einer extrem abwechslungsreichen Mischung und präsentierte uns einen Querschnitt durch ihre sechs Alben. Darunter auch ihre allererste Single „End Of The Beginning“, die vor 12 Jahren der Startschuss ihrer Karriere bedeutete, sowie Publikumslieblinge wie „Fireflies And Empty Skies“, „Echoes“ „Suicide By Star“ oder „From Dust To The Beyond“.
Sie stellten damit eindrücklich unter Beweis, wie sehr sie sich in den letzten über 10 Jahren weiterentwickelt haben und deuteten mit dem brandneuen, von peitschenden Stakkato-Gitarrenriffs geprägten Stück „Dark Passenger“ gleich noch die Zukunft an. Das neue Album soll im nächsten Frühling erscheinen.
Zwischen den Liedern brachten Torsten und Jamie das Publikum immer wieder mit witzigen, Zwischenbemerkungen – teils in gebrochenem Deutsch, wie beim Kompliment „Ihr seid so schön“ – zum Schmunzeln. Auch das obligate Publikums-Foto für Facebook darf genau so wenig fehlen wie Jamies kurzer Selfie-Abstecher in die vorderen Zuschauerreihen.
Was man zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Drummer Stephen Whelan hatte sich in Italien eine schmerzhafte bakterielle Infektion im Unterschenkel zugezogen, die auf Bisse von Bettwanzen zurückzuführen ist. Er spielte den Gig in Winterthur unbeeindruckt zu Ende, wurde aber am Tag danach von einem Schweizer Arzt für die weiteren Auftritte in Frankreich krankgeschrieben. Die Band musste die Auftritte vom 16. und 17. September absagen.
Schliesslich fand der Zauber langsam seinen Abschluss. Das letzte Stück „Route 666“ vom Debutalbum „End Of The Beginning“ rockte druckvoll und sphärisch zugleich seinem Ende entgegen und die Band verabschiedete sich unter tosendem Applaus von der Bühne. Beim anschliessenden Bierchen war man sich einig: Die Musik von God Is An Astronaut bewegt, macht glücklich und birgt ein hohes Suchtpotenzial. Und an einem Montagabend genossen, trägt sie einen locker durch die ganze Woche.
Setlist:
01. When Everything Dies
02. Transmissions
03. All Is Violent, All Is Bright
04. Reverse World
05. Echoes
06. Spiral Code
07. Remembrance Day
08. The End Of The Beginning
09. Fragile
10. Calistoga
11. Forever Lost
12. Worlds In Collision
13. The Last March
14. From Dust To The Beyond
15. Dark Passenger
16. Fire Flies And Empty Skies
Encore:
17. Red Moon Lagoon
18. Suicide By Star
19. Route 666
[Quelle: setlist.fm]
Text: Daniel Zehnder
Bilder: Kathrin Hirzel