Datum: 27. März 2013
Ort: Volkshaus – Zürich
Bands: Steven Wilson
Die Vorfreude des Publikums im etwa zu zwei Dritteln gefüllten Volkshaus-Saal war deutlich zu spüren, denn schon kurz nach der Türöffnung füllten sich die Stehplätze vor der Bühne und die Sitzplätze auf der Tribüne trotz des schon etwas reiferen Altersdurchschnitts sehr schnell.
Steven Wilson, bekanntgeworden als Frontmann von Porcupine Tree, und seit vier Jahren mit seinen Solo-Projekten unterwegs, kam an diesem Abend mit seiner Band für ein einziges Konzert in die Schweiz und stellte sein neuestes Projekt, „The Raven that refused to sing (And other stories)“ live im Volkshaus vor. Das Album, bei dem übrigens Alan Parsons (Pink Floyd, Alan Parsons Project) als Tonmeister fungiert, löst schon kurz nach seiner Vorstellung einen Sturm der Begeisterung bei Fans und Kritikern aus.
Um Punkt 20 Uhr betrat die fünfköpfige Band und ein – wie fast immer – barfüssiger Steven Wilson die Bühne und legten los. Während am Eingang immer noch Besucher einströmten, sahen viele im Saal und im Foyer ihre Fachsimpeleien und Gespräche abrupt unterbrochen – die Aufmerksamkeit war geweckt.
Das Volkshaus bot diesem Konzert einen überaus lobenswerten akustischen Rahmen – der Sound war kristallklar und füllte den Raum komplett aus – das Publikum konnte ganz die mystisch-dunkle Klangwelt von Steven Wilson eintauchen.
Gespielt wurde eine Auswahl von Songs aus den früheren Soloalben, die geschickt mit den Songs des neuen Albums verwoben wurden. Das Resultat war ein sehr ausgewogenes Programm. „Driving Home“ und „Postcard“ lies Bilder eines südenglischen Sommers mit Strandpiers, Erdbeer-Soft-Ice und kreisenden Möwen aufkommen. Bei „The Pin Drop“ aus dem neuen Album fühlte man sich an die frühen Pink-Floyd-Alben erinnert und die Jazz-Rock-Sprenkel darin erinnerten spontan an die jazzigen Parts in Stings Album „The Dream of the Blue Turtles“. „Luminol“, das auch schon auf Wilsons „Grace of Drowning“-Tour gespielt wurde, mit seiner prominenten Jazzrock-Basslinie im ersten Teil hätte auch gut auf Billy Cobhams berühmtes Album „Spectrum“ von 1973 gepasst.
Im mittleren Teil des Konzertes wurden mit „The Watchmaker“ und „The Holy Drinker“ vom neuen Album schwerere Prog-Kaliber aufgefahren. Ein blitzschnell vor die Bühne heruntergelassener semitransparenter Vorhang diente als Videoprojektionsfläche, hinter dem man die Musiker schemenhaft erkennen konnte. Das Publikum war spätestens ab diesem Zeitpunkt vollends im Bann des musikalischen Geschichtenerzählers Steven Wilson.
Während des ersten Teil des Konzerts war die hohe Konzentration von Wilson und seinen Musikern deutlich zu spüren – gegen Mitte des Konzerts, nach einem eindrücklich visuell untermalten „Harmony Korine“, war mehr Gelassenheit zu spüren – der Meister outete sich halb scherzhaft als „Sammler von „guten“ Serien-Mördern“ und fragte ins Publikum, ob es einen „guten“ Schweizer Serienmörder kenne, den er sammeln könnte…“. Zurück kam Gelächter und Gejohle, aber keine eindeutige Antwort. Mit dem 23 minütigen „Raider II“ und „The Raven That Refused To Sing“ erlebte das Konzert seinen Höhepunkt.
Steven Wilson und die Band, mit Guthrie Govan an der Gitarre, Adam Holzman an den Keyboards, Marco Minnemann an den Drums, Nick Beggs an Chapman Stick und Bass, sowie Theo Travis an der Flöte und an Saxophon und Klarinette, liessen sich nicht lange vom euphorischen Publikum um eine Zugabe bitten. Die Band spielte „Radioactive Toy“ (Album: „Tarquin’s Seaweed Farm“, 1989) als nostalgischen Abschluss und Gruss an alle treuen Porcupine Tree – Fans und verabschiedete sich dann endgültig mit einer tiefen Verneigung vor ihrem Publikum.
Text: Beat Murmann
Bilder: Kathrin Hirzel