rock-im-park.com
Måneskin + Machine Head + Kraftklub + Wanda + Hanabie. + Madsen + Blackout Problems + Atreyu + H-Blockx
Zeppelinfeld – Nürnberg (DE)
Samstag, 8. Juni 2024
Text + Bilder: David Spring
Mit der geballten Ladung Rock vom Vortag merklich in den Knochen, ging der zweite Tag des Rock im Park Festivals 2024 Knall auf Fall weiter. Schlafen und ausruhen können wir noch lange, heute wird erstmal gefeiert! Grund dafür gibt es mehr als genügend, denn auch an diesem sonnig-sommerhaften Samstag erwarteten fantastische Bands jedweder Couleur die gutgelaunte Meute auf dem Nürnburger Zeppelinfeld.
Los ging es fulminant mit den Crossover-Veteranen von H-Blockx auf der Utopia-Bühne. Die gerade erst vor kurzem wieder reformierte Band spielte vor sage und schreibe 14 Jahren zum letzten Mal hier. Augenscheinlich haben sie in der Zeit nichts verlernt. Mit voller Power und ordentlich Schmackes ging es richtig ab. Frontmann Henning Wehland hatte die Leute gut im Griff und animierte uns prächtig. So dauerte es auch nicht lange, bis Bewegung aufkam. Schön war zu sehen, dass sehr vielen Fans Songs wie «Revolution» oder «How Do You Feel?» noch in bester Erinnerung waren, denn es wurde fleissig und erstaunlich textsicher mitgesungen. Mit einer gutgelaunten Version des Johnny Cash Gassenhauers «Ring Of Fire» bewiesen H-Blockx eindrücklich, dass sie wieder hier sind, und somit war dieser zweite Tag des Rock im Parks glorreich eröffnet.
Danach ging es Schlag auf Schlag auf der Mandora-Bühne weiter, auf der nun die Metalcore-Helden von Atreyu aus Kalifornien auf dem Parkett standen. Zur frühen Stunde war der rasante Sound und die knochenharten Riffs genau das Richtige, um uns aufzuwecken. Marc McKnight, Bassist mit dem mächtigen Vikinger-Bart, begrüsste uns alsbald gutgelaunt und stellte dabei seine beachtlichen Deutschkenntnisse unter Beweis. Extrem sympathisch, der Herr! Folglich wurde seine Frage «können wir haben fucking Spass today?» auch umgehend lautstark bejaht, bevor ein gewaltiger Moshpit den Staub in die Luft wirbelte – und die Leute zum Durchdrehen brachte. Was für eine Band. Um dem noch eins draufzusetzen, ging es danach in die bereits komplett überfüllte Orbit-Stage-Halle, wo nun die fantastischen Blackout Problems an der Reihe waren. Beachtlich, wie viele Leute hier schon anwesend waren. Und die Band machte gleich klar, dass es gerade keinen besseren Ort gab. Unglaublich, was für eine intensive, energiegeladene Show die vier Münchner boten. Frenetischer Jubel, freudiges Geschrei und einer der grössten Circle Pits des Tages waren Beweis dafür, wie gut diese Band (angekommen) ist. Totaler Abriss, wundervoll!
Nach dieser kräftezerrenden Show war es Zeit für eine kurze Verpflegungspause. Das reichhaltige, abwechslungsreiche Angebot an Essen und Trinken wusste zu überzeugen. Schön zu sehen waren vor allem die vielen vegetarischen und veganen Stände, die für jeden Geschmack etwas boten. Und da sich auf der «Fressmeile» zwischen den beiden Bühnen auch mehrere Partyzelte befinden, kann man da jederzeit eine gottlose Mischung aus Heavy Metal, kruder Party-Mukke und ballerndem Electro hören, was der Verdauung auf jeden Fall dienlich ist.
Zurück auf der Utopia-Stage ging es nun mit den wundervollen Madsen weiter. Auch sie waren merkwürdigerweise ganze 13 Jahre nicht mehr hier im Park, was unglaublich erscheint, sind die Wendländer Indie-Punks doch die nahezu perfekte Festival-Band. Umso grösser war also die Freude sowohl vor wie auch auf der Bühne und so wurde uns ein regelrechtes Feuerwerk an Hits dargeboten. Das tolle «Sirenen» wurde kurzerhand mit dem Riff von Rage Against The Machines «Bombtrack» angereichert, «Die Perfektion» bot Tausenden von Kehlen eine wuchtige Schrei-Herausforderung und für das fantastische «Nachtbaden» übernahm kurzerhand Drummer Sascha Madsen das Mikrofon und stürzte sich damit gleich mitten in die Menschenmasse. Es wurde aber kurz einmal auch ernster, als uns ein bisher unveröffentlichter Song angekündigt wurde, mit einer einschlagenden Ansprache von Sebastian Madsen. Es folgte der vielleicht wichtigste Song des Festivals überhaupt, denn die Botschaft könnte klarer und wichtiger nicht sein: «Faust hoch gegen den Faschismus»! Danke Madsen, dass es euch gibt.
Wer nach diesem fantastischen Auftritt wieder etwas richtiges Gebolze benötigte, begab sich, wie ich, in die Orbit-Halle, um sich da die volle Dröhnung zu geben. Denn da standen nun Hanabie. auf dem Programm. Die Band aus Japan war nicht nur eine der wenigen, wenn nicht einzige All-Female Gruppe des Festivals, sondern auch eine der härtesten und rabiatesten. Mit ihrer vernichtenden Mischung aus Metalcore, J-Pop und etwas Nu Metal – sowie der glorreichen Harajuku-Ästhetik – war die Show chaotisch, laut und fantastisch. Obwohl gewisse Paralellen zu den Landeskolleginnen von Babymetal nicht von der Hand zu weisen sind, bestachen Hanabie. meiner Meinung nach mit weitaus authentischerem Auftreten und einem eigenständigeren, handgemachten Sound. Die Band war so beliebt, dass viele Leute draussen bleiben mussten, da die Halle hoffnungslos überfült war. Für mich eine der grössten Entdeckungen und eines der Highlights des Festivals.
Das Schöne an einem grossen Festival wie dem Rock im Park ist ja die Genre-Vielfalt. Es macht unheimlich Spass, von einer Metalcore-Show zu einer Indie-Performance zu wandern, unterwegs vielleicht noch etwas Post-Hardcore oder gar Electro und HipHop aufzugabeln, und dann wieder in einen wilden Moshpit einzutauchen. Passend also, standen als relativ krasser Gegensatz zu dem Gemetzel gerade eben nun die Indie-Rocker von Wanda aus Wien auf der Hauptbühne. Die etwas ruhigere aber nicht minder authentische Herangehensweise passte gerade vorzüglich zum frühen Abend. Die Fans feierten die Songs mächtig mit und die Band verausgabte sich auf der Bühne komplett. Sehr cool waren insbesondere die coolen, rockigen Gitarren- und Instrumentalparts, die dem Sound eine starke, ruppige Kante verliehen und den Auftritt äusserst interessant und abwechslungsreich machten. Der energetische und komplett durchgeschwitzte Sänger Michael Marco Fitzthum steckte sich für einen etwas ruhigeren Song gegen Ende hin dann eine wohlverdiente Zigarette an, bevor zum abschliessenden «1, 2, 3, 4» nochmals das ganze Zeppelinfeld zum Mithüpfen und -singen animiert wurde. Einmal mehr ein toller Auftritt einer tollen Band an diesem Festival.
Mit Kraftklub stand dann gleich noch eine herausragende Band und von vielen der Anwesenden wohl das heimliche Highlight des Tages auf dem Programm. «Songs für Liam» eröffnete die Show gleich gigantisch. Die ganz in schwarz und weiss gekleidete Band bewies wie immer, dass sie es wie kaum eine andere Band verstehen, das Publikum zum Durchdrehen zu bringen. Von der ersten Minute an waren die Leute voll in der Hand von Felix und Co. Leider jedoch musste ich bereits nach wenigen Songs weiterziehen, denn die nächste Band auf der Mandora-Stage konnte ich nicht verpassen. Niemand Geringeres als die Groove Metal Legenden von Machine Head standen da nun nämlich in den Startlöchern. Mit «Imperium» ging es gleich mächtig los. Auch sie waren laut eigener Aussage seit bereits elf Jahren nicht mehr hier, entsprechend hungrig auf all die bombastischen Riffs, glorreichen Solos und grenzdebilen Ansagen von Hauptmann Robb Flynn waren die Leute. Mit «Ten Ton Hammer» folgte dann ein alter Banger, der ordentlich Laune aufkommen und Staub aufwirbeln liess. Mit «Choke On The Ashes Of Your Hate» gab es auch einen neueren Track im Programm, doch der Fokus lag viel mehr auf den alten Hits wie «Locust» oder «Old». Dazu gab es eine gewaltige Pyro-Show und für Festival-Verhältnisse erstaunlich druckvollen, ausgeglichenen Sound. Ich weiss nicht wieso, denn obwohl ich das konstante Auffordern zu Circle Pits oder den steten und völlig unangebrachten «Motherfucker»-Rufen des Frontmanns normalerweise mehr als mühsam finde, aber Machine Head machen einfach Spass. Mit dem genialen «Halo», dem vielleicht besten Song der Band, war dann viel zu schnell schon das Ende erreicht. Doch was für eine Nummer das doch war. Glorreich!
Und damit war es dann auch schon Zeit für den heutigen Headliner: Måneskin! Die sexy Band aus Italien, die seit ein paar Jahren unaufhaltsam an die Spitze des Rock-Olymps zu klettern scheint, lieferte eine vorzügliche Show ab und zogen die Leute in ihren Bann. Die Zeiten des grenzenlosen Sex, Drugs & Rock’n’roll sind ja langsam aber sicher vorbei, doch wenn jemand sämtliche Klischees noch so richtig zelebriert, dann diese Band. Der spindeldürre Sänger Damiano David stolzierte wie ein Pfau über die Bühne, während sich Gitarrist Thomas Raggi und Bassistin Victoria De Angelis, beide eher leicht bekleidet, laszive Duelle und Tanzeinlagen lieferten. Es war eine vorzügliche Performance. Vor allem überraschte mich, dass Måneskin doch durchaus härter zu Gange gehen, als man es aus Funk und Fernsehen kennt. Da waren ein paar ordentliche Bretter im Set, und natürlich durften auch die grossen Hits wie «Begging» und «Zitti e buoni» nicht fehlen. Vor allem das vorzügliche «I Wanna Be Your Slave» liess nichts zu wünschen übrig und zementierte den Fakt, dass diese eigentlich noch relativ junge Band den Status als Headliner durchaus verdient haben. Das Publikum feierte bedingungslos mit und so ging der zweite Tag des Rock im Park 2024 langsam aber sicher dem Ende entgegen.
Wie schon am Vortag standen auch heute noch weitere fantastische Bands auf dem Programm, etwa die mächtigen Parkway Drive oder die Legende schlechthin, Ice-T und Body Count. Doch ich muss gestehen, dass ich nach dem Headliner amtlich durch war und mich für den Nachhauseweg entschied. Aber auch so war es ein wundervoller Festival-Tag. Fantastische Bands, überall glückliche Menschen und fröhliche Gesichter und hervorragendes Wetter – was will man mehr? Zum Glück ist morgen auch noch ein Tag, der bestimmt nicht weniger aufregend und kräftezerrend wird. Ich freue mich!