Fraupaul + Hendricks The Hatmaker
Kofmehl – Solothurn
Donnerstag, 7. März 2024
Text: David Spring
Spannend ist es, wenn ab und zu zwei Welten aufeinanderprallen: im grossen Kofmehl-Saal spielten vergangenen Donnerstag die US-Rocker von Dirty Honey auf. Schwitzige Kerle mit welligen Haaren und tiefhängenden Gitarren. Davor hunderte begeisterte Fans, so wie es sein soll. Im kleinen Raum daneben wiederum fand sich zwar nicht mal ein Bruchteil all dieser Leute ein, dafür gab es hier endlich mal wieder eine wahrlich grossartige Band zu Entdecken. Da nämlich spielten an diesem Abend die wundervollen Fraupaul aus Hamburg und ja, heute geht es verdientermassen um sie.
Den Auftakt machten die vorzüglichen Hendricks The Hatmaker aus Luzern. Das sympathische Folk-Punk Trio betrat die Bühne zu den Klängen von Monty Python, bevor sie mit «All My Friends» lautstark loslegten – zumindest fast. Denn Sänger und Gitarrist Nicolas merkte schnell, dass er noch so in die Saiten hauen kann, doch wenn der Verstärker auf null steht, kommt nichts raus. Zum Glück dauerte es nicht lange, bis der Fauxpas mit verschmitztem Grinsen behoben wurde und von da an war es ein Fest. Die Band ging hervorragend ab und es fiel kaum auf, dass die kleine Raumbar wirklich nur spärlich gefüllt war. Das Publikum wusste den einzigartigen Sound und den charmanten Humor der Drei zu goutieren – nicht umsonst wurden Hendricks The Hatmaker an anderer Stelle bereits als «Charmantgardepunks» betitelt.
Das knapp 40-minütige Set enthielt tolle Songs wie «Violet», bei welchem Bassistin Ramona viel vom Gesang übernahm, das rasante «From The Cities», welches für Bewegung vor der Bühne sorgte, oder das monströse «Metamorphosis», bei welchem alle drei eindrücklich unter Beweis stellten, was für erstklassige Musiker:innen sie sind. Irgendwann bat uns Nicolas, unsere Handytaschenlampen einzuschalten und ihn damit zu beleuchten. «Und jetzt dreht ihr euch bitte alle um und zündet da hinten an die Wand, denn da seht ihr unseren Merchandise-Stand!» meinte er darauf, sehr zum Gelächter aller. Eben, Charmepunks halt. Irgendwann war leider wieder Schluss, was der bockigen Gitarre scheinbar gelegen kam, denn diese verabschiedete sich beim letzten, selbstbetitelten Song gleich komplett, so dass sich der Kreis wieder schloss. Hendricks The Hatmaker überzeugten auf ganzer Linie und machten einen Heidenspass – was für eine Band.
Damit war es an der Zeit für die fabulösen Fraupaul. Mit «Plenum im Kopf» und «Die guten Geister» legten die drei Hamburgerinnen gutgelaunt und fulminant los. Der Sound war von Beginn an prächtig und die melodiösen Punkkracher schmetterten glorreich aus den Boxen. Schnell zeigte sich, dass wenig Menschen durchaus ordentlich Lärm machen können, es wurde gejubelt und gar mitgesungen und die Stimmung war wundervoll. Gitarristin Lisa begrüsste uns frohgemut und liess uns wissen, dass sie heute zum allerersten Mal in der Schweiz spielen, entsprechend nervös seien sie. Davon war freilich nicht viel zu spüren, denn die Drei rockten, als gäbe es kein Morgen. Fraupaul hatten uns bestens im Griff. «Hinter den Gardinen» brachte uns vorzügliche Kapitalismuskritik im Post-Hardcore-Gewand, in der unverschämt eingängigen Abhandlung mit der Bahn namens «Owoho» wiederum forderte uns Bassistin Mary mit komplizierten Mitklatschspielen heraus.
Etwas, was es auch nicht alle Tage zu erleben gibt: eine Wall of Love. Es war ein Moment für die Götter, als die Handvoll Leute munter aufeinander loslief, um sich freudig zu umarmen. Da sag nochmals jemand, Punkrock sei nur wütend und aggressiv. Danach folgte mit «Italien» von der aktuellen EP «Was, wenn wir dann durchdrehen…?!» das Highlight des Abends. Was für ein grandios genialer Song. Die Band konnte kaum fassen, dass wir vom in die Knie gehen bis zu stetig weiter ausufernden Mitklatsch-Challenges alles mitmachten. Fraupaul waren an Sympathie und Amüsement kaum zu überbieten. Es folgten viele weitere grossartige Songs, doch irgendwann bahnte sich das Ende an. Zuvor gab es aber noch die freudige Ankündigung, dass die Band im November zum diesjährigen «There Are Worse Bands»-Festival zurück in die Schweiz kommen würde. Mit dem Kracher «Kein Wort» war beinahe Ende Gelände, doch natürlich belohnten Fraupaul unseren Jubel noch mit «Kein Song für dich» und dem fulminanten «Es tut mir leid» als Zugaben.
Was für ein wundervolles Konzert. Fraupaul kamen, sahen und rockten und es war eine Ehre, bei ihrem allerersten Schweiz-Gig dabei sein zu dürfen. So sollen Konzerte sein, ein vorzüglicher Abend mit zwei grossartigen Bands, die es beide mehr als verdient haben, bald hoffentlich vor noch viel mehr Menschen spielen zu können. Hendricks The Hatmaker sind eine der aufregendsten heimischen Gruppen, die es derzeit gibt, und Fraupaul räumten ab, wie selten eine Band zuvor. Danke an Mary, Lisa, Linda und Crew, habt ihr den Weg zu uns auf euch genommen, bis zum nächsten Mal!
Setlist Hendricks The Hatmaker [Quelle: Setlist.fm]
- All My Friends
- Jimmy
- Violet
- All We’ve Got
- From The Cities
- Why So Serious?
- Metamorphosis
- Hendricks The Hatmaker
Setlist Fraupaul [Quelle: Setlist.fm]
- Plenum im Kopf
- Die guten Geister
- Vergiss mich nicht
- Hinter den Gardinen
- Selten
- Owoho
- Italien
- Hilf mir nicht
- Unverstellt
- Nicht das gleiche
- Kein Wort
Zugaben
- Kein Song für dich
- Es tut mir leid